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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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und Heimlichtuerei. In ihren Chef verliebt. Sie war wirklich bemitleidenswert.
    Aber nein!
    Ihre Verbindung mit Darren war ein Zeichen der Stärke. Sie bewies einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst – und keineswegs Feigheit.
    Als Jack eine Stunde später endlich aus seinem Büro kam, wirkte er vollkommen normal. Er war ein Politiker von zurückhaltender und angenehmer Art, ganz und gar kein polternder Ideologe. Er gehörte nicht zu den Aufrührern, die bei den Leuten Zweifel weckten und den Eindruck, er allein könne ihnen diese Unsicherheit nehmen. Der frühe Tod seiner Frau und seines Sohnes hatten seine Ausstrahlung und Attraktivität eher noch verstärkt. Er war der letzte Senator in Washington, den irgendjemand für ein Opfer von Erpressung halten könnte.
    Er trat an Barbaras Schreibtisch. Ihr Herz machte einen Sprung.
    Aber sie sah keine Anzeichen von Angst oder auch nur Beunruhigung, als er zu ihr sprach. „Barbara, ich habe mich entschlossen, die Kongressferien im August mit Lucy und den Kindern in Vermont zu verbringen.“
    „Nicht zu Hause?“
    „Ein Abstecher nach Rhode Island dürfte kein Problem sein. Das werde ich schon hinkriegen.“
    Jetzt erst merkte Barbara, dass er ein wenig nervös und mit seinen Gedanken woanders war. Das war ja schließlich kein Wunder. Als starker Mann nahm er sich so lange wie möglich zusammen, ehe er sich jemandem anvertraute, sie eingeschlossen. Aber Vermont! Das war kein gutes Zeichen. Darren musste irgendetwas gesagt haben, das bei Jack den dringenden Wunsch ausgelöst hatte, seine Enkelkinder zu besuchen.
    „J. T. will mir schon seit langem seine bevorzugten Angelplätze zeigen. Und Madison …“ Er holte tief Luft und nickte. „Ja, August in Vermont. Das werde ich tun. Macht es Ihnen etwas aus, Barbara?“
    „Wie bitte?“ Sie fragte sich, ob sie eine Bemerkung von ihm verpasst hatte, oder ob Jack nach dem Treffen mit Darren ein wenig verwirrt war.
    Er fuhr sich mit der Hand durch sein graues Haar. Ein unmissverständlicher Hinweis auf seine Nervosität. Aber das konnte nur jemand erkennen, der ihn schon so lange kannte wie sie. „Ich möchte ein Haus in Vermont mieten, in Lucys Nähe. Können Sie das für mich erledigen?“
    Sie lächelte trotz ihrer Gewissensbisse. Denn es lief überhaupt nicht so, wie sie erwartet hatte. „Selbstverständlich.“
    „Aber sagen Sie Lucy noch nichts. Das ist nämlich eine ganz spontane Idee von mir. Ich möchte sie und die Kinder nicht enttäuschen, wenn es aus irgendeinem Grund doch nicht klappen sollte.“
    Aus welchem Grund? Erpressung vielleicht? Rasch griff Barbara nach einem Stapel Papiere, als ob sie noch Hunderte von Dingen zu tun und Jack ihr nur ein paar Anweisungen gegeben hätte, die sie ohne weiteres erledigen konnte. „Ich verstehe. Ich werde sofort ein paar Agenturen anrufen.“
    „Ich glaube, es ist besser, wenn Sie selbst nach Vermont fahren“, sagte er.
    „Wie bitte?“ Sie fühlte sich so benommen, dass sie seine Gedanken nicht nachvollziehen konnte. Warum bloß hatte er sie nicht in sein Büro gebeten und gefragt, wie er sich gegen Darren Mowerys Erpressung zur Wehre setzen könnte?
    „Es dauert nicht mehr lange bis zu den Kongressferien. Sie haben also nicht mehr viel Zeit, um ein Haus zu mieten und alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit es bewohnbar ist.“ Er lächelte. Jetzt wirkte er nicht mehr so verwirrt. „Das ist doch eine gute Gelegenheit für Sie, dem schwülen Washington für ein paar weitere Tage zu entkommen?“
    Sie bemühte sich um ein Lachen. „Aber gerne. Ich werde nur noch ein paar Dinge zu Ende bringen, und dann bin ich weg. Wenn ich mich nicht täusche, werden in unmittelbarer Nachbarschaft von Lucy einige Ferienhäuser angeboten. Ich werde mich mal erkundigen, ob eines davon noch frei ist.“
    Jack schien sich zu entspannen. „Danke, Barbara. Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann.“
    Wirklich? Sie fragte sich, ob das ein Anfang war. Aber vielleicht war es auch nur eine Gelegenheit, sie loszuwerden, während er versuchte, die Sache mit der Erpressung zu erledigen. Warum sollte er sie in seiner Nähe haben wollen – und damit einen weiteren Stressfaktor? Vielleicht war das Ganze ja wirklich nur ein Vorwand, um sie loszuwerden.
    Barbara spürte eine leichte Übelkeit. Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen und ihm ihr Herz ausgeschüttet. Jetzt taten beide so, als sei nichts geschehen, doch er wusste genauso gut wie sie, dass es nicht so war.

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