Haus der Angst
Sie hatte das Band des Vertrauens zwischen ihnen zerschnitten, weil sie ausgesprochen hatte, was beide nur dachten. Sie hatte gehofft, dass die Erpressung seine Gefühle ihr gegenüber ändern würden.
Barbara. Es tut mir so Leid. Ich brauche Sie. Ich weiß, dass ich Sie brauche!
Und nun schickte er sie nach Vermont!
Aber sie sagte sich, dass dies nun einmal ihre Aufgabe als seine persönliche Assistentin war. Sie kümmerte sich um die Kleinigkeiten im Leben von Jack Swift, dem Senator, Großvater und Schwiegervater.
Er konnte ja nicht ahnen, dass er sie mit seinem Auftrag in die Höhle des Löwen zurückschickte.
Sie würde Lucy in Ruhe lassen. Sie musste es tun. Denn falls Darren etwas von ihren Aktionen erfuhr, würde er sie töten.
„Barbara?“
Sie lächelte. „Ich habe gerade daran gedacht, dass Lucy sich als Wohnort eine schlimmere Gegend als Vermont hätte wählen können. Es ist bestimmt sehr angenehm, ein paar Tage dort zu verbringen. Ich halte Sie auf dem Laufenden.“
Lucy setzte ein Sieb voll frisch gepflückter grüner Bohnen auf ihren Schoß und seufzte zufrieden. Zwei ganz normale Tage. Sie war im Baumarkt gewesen, um das Glas in ihrem Esszimmerfenster zu ersetzen; sie hatte das Loch in der Wand verputzt, und sie hatte Rob Kiley pflichtgemäß mitgeteilt, dass sie weder Gewehre noch Munition im Zimmer ihres Sohnes oder sonstwo im Haus oder auf dem Grundstück gefunden hatte. Er hatte ebenfalls festgestellt, dass Georgie „sauber“ war.
Nach einem arbeitsreichen Tag im Büro hatte sie dann mit Madison und J. T. Bohnen gepflückt.
„Glaubst du, dass Daisy Sebastian auch dazu überreden konnte, für sie Bohnen zu pflücken?“ fragte Madison, als sie sich zu ihr auf die Veranda setzte.
Lucy nahm eine Hand voll frischer grüner Bohnen und begann, die Spitzen abzuschneiden. „Ich bezweifle, dass es überhaupt jemandem gelungen ist, ihn zu irgendetwas zu überreden.“
„Seine Pferde sind jedenfalls wunderschön.“
Das musste auch Lucy zugeben. Wunderschöne Pferde, ungepflegte Hunde, kein Strom, kein fließendes Wasser. Sebastian Redwing war schon immer ein sehr ungewöhnlicher Mann gewesen. Glücklicherweise hatte sie nie viel mit ihm zu tun gehabt. Und jetzt lag er weit weg in Wyoming in seiner Hängematte und hustete, weil es so staubig war.
Während Madison half, die Bohnen zu schneiden, hatte J. T. sich verkrümelt. Es war ein perfekter Sommerabend in Vermont – warm und voller Düfte. Dass Sebastian meine Bitte um Hilfe abgelehnt hat, ist in gewisser Weise auch befreiend gewesen, überlegte Lucy. Sie musste sich auf ihre eigenen Fähigkeiten verlassen. Jetzt war sie wirklich auf sich selbst gestellt.
Colin hat das natürlich nicht ahnen können, dachte sie. Als er ihr das Versprechen abgenommen hatte, war Sebastian Redwing noch ein ganz anderer Mensch gewesen – alles andere als der ungehobelte, abgehalfterte Typ, den sie in Wyoming angetroffen hatte.
„Mama“, rief J. T. aus dem Haus, „Großvater ist am Telefon.“
„Bring das Telefon doch her.“
Madison warf ein halbes Dutzend gesäuberter Bohnen in das Sieb. „Darf ich mit ihm reden?“
Lucy nickte. „Natürlich.“
J. T. kam mit dem schnurlosen Telefon herausgelaufen, warf es auf ihren Schoß und sprang von der Veranda, indem er alle Stufen auf einmal nahm. Wenn die Kinder mit ihrem Großvater sprechen, sind sie immer total aufgedreht, dachte Lucy. Er würde ihnen niemals sagen, dass er mit der Entscheidung ihrer Mutter, sie von Washington fortzubringen, ganz und gar nicht einverstanden war. Aber sie selbst ließ er es unterschwellig spüren – auf seine sehr zurückhaltende, elegante Art. Sie hatte das durchaus mitbekommen. Er hätte sich wohl kaum so lange in Washington behaupten können, wenn er, trotz aller Diplomatie, nicht doch auch unmissverständlich seine Meinung kundgetan hätte.
„Guten Tag, Jack“, sagte sie ins Telefon. „Was gibt’s Neues?“
„Ich habe gerade ein bisschen Zeit und dachte, ich rufe dich mal an.“
„Oh, das freut mich aber.“
„Wie geht’s dir denn?“
„Madison und ich schneiden Bohnen auf der Veranda.“
„Das hört sich sehr idyllisch an.“
Sie lachte. Doch ihr entging nicht der leichte Unterton von Kritik. Überraschenderweise klang er auch ein wenig sehnsüchtig. „Na ja, ich weiß nicht so recht, was idyllisch ist. Wie geht’s dir denn? Was ist los in Washington?“
„Mir geht’s blendend. Und in Washington ist es heiß.“
„Na ja, wir haben
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