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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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belästigte, benötigte er höchstwahrscheinlich nur ein schnell wirkendes Insektenspray.

5. KAPITEL
    M it dem Fernglas in der Hand lief Lucy durch den Garten hinter ihrem Haus, kletterte über die Steinmauer und eilte über das Feld. Sie trug ein T-Shirt, Shorts und Turnschuhe. Die Luft war, ganz untypisch für den Süden Vermonts, heiß und feucht.
    Zwei weitere Tage ohne irgendwelche Vorkommnisse. Ihre Stimmung war ausgezeichnet. Sie hatte sich schon früh am Morgen in die Arbeit gestürzt, die ihr so flink von der Hand ging, dass sie rechtzeitig fertig war, um eine Familie, die in einem Gasthof am Ort wohnte, bei einer Paddeltour auf dem Battenkill zu begleiten. Madison und J. T. waren mit ihr gekommen, und sie hatten einen sehr angenehmen Tag miteinander verbracht. Sie fühlte sich ganz und gar …
normal.
    Jetzt war Madison nach Manchester gefahren, um mit ein paar Freundinnen ins Kino zu gehen, und J. T. war bei den Kileys, wo er mit Georgie Nintendo spielte und die Nacht verbringen wollte.
    Lucy hatte den Abend ganz für sich allein.
    Das Gras war kniehoch, und Wildblumen setzten bunte Tupfer. Vom Westen her zogen einige Gewitterwolken auf, so dass sie nicht allzu tief in den Wald hineinlaufen konnte. Der Sturm würde bestimmt die Hitze und die Feuchtigkeit vertreiben, die sich während des Tages aufgestaut hatten.
    Jenseits einer weiteren alten Steinmauer am äußeren Rand des Feldes erhob sich ein Wald aus Eichen, Ahornbäumen und Buchen.
    Lucy kletterte über die Mauer und blieb im Schatten eines riesigen Ahornbaumes stehen. Das Fernglas hatte sie um den Hals gehängt. Der Baum war ideal zum Erklimmen. Von oben aus dem Geäst war die Aussicht bestimmt fantastisch. Dort oben könnte sie sich einen Platz suchen, die Vögel beobachten und die Einsamkeit genießen.
    Warum eigentlich nicht, dachte sie. Sie streckte die Arme nach dem niedrigsten Ast aus. Schon als Kind – damals lebte sie noch im ländlichen Virginia – war sie gerne auf Bäume geklettert.
    Während ihrer Jahre in Washington hatte sie für ein Museum in der Hauptstadt Spezialreisen organisiert. Auf diese Weise hatte sie ihr Studium der Anthropologie mit ihrer Vorliebe, sich im Freien zu bewegen, verbinden können – eine ideale Kombination. Sie entdeckte ihre Leidenschaft und ihr Talent, die Wünsche der Leute zu erkunden und ihnen entsprechende Reisen anzubieten, die ihnen unaufhörlich in den Köpfen herumspuken würden, sobald sie darüber in einem ihrer Prospekte gelesen hatten. Diese Begabung kam ihr sehr zustatten, als sie sich entschlossen hatte, ein eigenes Unternehmen zu eröffnen. Viele der Kunden, die sie in Washington betreute, waren später zu ihrer Agentur gekommen, um ihre Reisen zu buchen.
    Sie schwang sich auf einen der unteren Äste und kletterte höher. Die raue Rinde des Ahornbaums schürfte ihre Hände auf. Als sie zwölf war, hatte ihr das nie etwas ausgemacht. Sie bewegte sich vorsichtig, um nicht hinunterzustürzen. Schließlich wollte sie sich nicht ihren freien Abend verderben.
    Sie erspähte einen Ast, der ideal als Sitzplatz geeignet war. Ihre Füße baumelten in der Luft. Auch ohne Fernglas war die Aussicht atemberaubend – Wälder, Felder, Steinmauern, ein Bach, ihr gelbes Farmhaus, das auf einem schmalen Streifen ziemlich flachen Landes errichtet war. Nicht weit entfernt von hier lag das Grab von Calvin Coolidge, dem dreißigsten Präsidenten der Vereinigten Staaten. Den Friedhof hatte man in den Hügeln angelegt, um den Farmern nicht das wertvolle Flachland wegzunehmen.
    Sie nahm das Fernglas zur Hand, während sie sich mit der anderen am Baumstamm festhielt. Vielleicht konnte sie einen Habicht über den diesigen Himmel fliegen sehen.
    Als sie das Fernglas an die Augen setzte, hörte sie ein Geräusch, das aus dem Wald kam. Die Richtung konnte sie nicht erkennen. Regungslos blieb sie sitzen. Es hatte sich nicht nach einem kleinen Tier wie einem Eichhörnchen oder Backenhörnchen angehört, nicht einmal nach einem Reh. Vielleicht ein Elch? Blitzartig fielen ihr die Geschehnisse vor ihrer Reise nach Wyoming ein, und sie fragte sich, wie sie normalerweise darauf reagiert hätte. Ein Geräusch im Wald? Na wenn schon!
    Lautlos und vorsichtig bewegte sie sich in den Ästen, um nachzusehen, was hinter oder unter ihr war. Sie sah nur Gebüsch. Und noch mehr Bäume.
    Und Sebastian Redwing.
    Ihr stockte der Atem. Sie war so erschrocken, dass sie das Gleichgewicht verlor. Das Fernglas glitt ihr aus der Hand, als sie

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