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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Neggers
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Polizei.“ Sein prüfender Blick ruhte auf ihr. Sie fühlte sich unbehaglich. „Er ist gefährlich. Ich kann das nicht oft genug sagen.“
    „Ich verstehe. Vielen Dank für die Warnung.“
    Lucy, Madison und J. T. hatten die Stoffstücke nach Farben sortiert und dreihundert kleine Sechsecke auf dem Esszimmertisch aufgestapelt. Die Farben waren verblichen, und der Stoff war fadenscheinig. „Wenn wir damit fertig sind, wird es wie ein antiker Quilt aussehen“, sagte Madison zufrieden.
    „Nennen wir sie ‚Großmutters Gartensteppdecke‘. Sie wird bestimmt schön aussehen.“
    „Sie wird
perfekt
sein.“
    Lucy befühlte den blau-weiß gestreiften Wollstoff und stellte sich vor, wie Daisy die Hemden ihres toten Mannes vorsichtig in sechseckige Stücke zerschnitt. Ob ihr die Arbeit geholfen hatte, ihren Frieden mit seinem Tod zu machen? Oder verarbeitete die sparsame Daisy Wheaton nur die Dinge, die sie noch hatte? „Joshua ist seit sechzig Jahren tot. Der Stoff ist ziemlich alt.“
    J. T., der nach dem Sortieren der ersten hundert Stücke keine Lust mehr hatte, ging mit einigen seiner
Star Wars
-Utensilien auf die Veranda vor dem Haus. Er machte „Peng!“ und „Krach!“ und „Ieeeeooopfum“ und versank vollkommen in seiner zwölf Jahre alten Welt.
    „Mom“, rief er plötzlich aufgeregt. „Jemand hat Blumen gebracht!“
    Madison ließ einen Stapel Sechsecke auf den Tisch fallen. „Blumen? Oh, cool. Wer hat denn wohl …“
    Lucy unterbrach sie mitten im Satz und packte sie am Arm. „Bleib hier.“
    „Aber warum denn? Mom, du solltest dein Gesicht sehen. Du bist ja leichenblass. Wegen ein paar Blumen?“
    „Bitte bleib sitzen!“
    Lucy lief zur Vordertür und stieß sie auf. Sie ergriff J. T.s Arm, ehe er den Blumenstrauß aufheben konnte. Die Butterblumen und Gänseblumen waren schlaff und verwelkt. Hätte sie sie als Erste gesehen, dann hätte sie angenommen, J. T. oder Georgie hätten sie hierhin gelegt. „Geh ins Haus zu deiner Schwester.“
    „Mom, was ist denn los? Du machst mir Angst.“
    „Es ist alles in Ordnung, J. T. Geh einfach nur hinein.“
    Er begann zu weinen, aber er tat, was sie von ihm verlangte. Lucy spürte, wie ihre Knie weich wurden. Sie musste sich beruhigen. Sie machte ihren Kindern Angst und sich selbst verrückt. Vielleicht irrte sie sich ja nur. Vielleicht stammten die Blumen ja tatsächlich von Georgie, auch wenn er den ganzen Tag nicht in der Nähe gewesen war. Vielleicht war er vorbeigekommen, während sie drinnen Sechsecke sortierten, und wollte sie überraschen.
    Die Blumen waren mit einem Faden zusammengebunden. In der Mitte steckte ein Zettel. Lucy zog ihn vorsichtig heraus und faltete ihn auseinander.
    Für Lucy
,
    ich liebe Dich von ganzem Herzen.
    Auf ewig.
    Dein Colin.
    Sie hatte das Gefühl, dass die Wörter auf dem Papier nach ihrer Kehle griffen und sie würgten. Sie konnte nicht mehr atmen und nichts mehr sehen. Sie stolperte über ihre eigenen Füße, stolperte ein paar Stufen hinunter und stürzte kopfüber zu Boden.
    „Lucy.“ Das war Sebastians Stimme. Seine Arme umfassten sie. „Lucy, was ist passiert?“
    Sie schnappte nach Luft. „Dieser Mistkerl. Dieser verdammte Mistkerl!“ Alle Muskeln ihres Körpers verkrampften sich. Sie schaute zu ihm hoch.
    „Ist es Barbara? Ist sie es? Wenn sie es ist, dann gehe ich jetzt sofort zu ihr und … und …“ Ihre Stimme versagte. „Verdammt noch mal!“
    Halb schob und halb zog Sebastian sie zur Verandatreppe. „Atme nicht so hektisch. Wenn du nicht sofort aufhörst, muss ich dir eine Papiertüte über den Mund halten.“
    Hektisches Atmen. Zu viel Sauerstoff im Blut. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie schloss ihren Mund, zählte bis drei, atmete durch die Nase ein und durch den Mund langsam wieder aus.
    „Noch mal“, forderte Sebastian sie auf.
    „Madison und J. T….“
    „Noch einmal, Lucy. Wenn du tot bist, nützt du ihnen nichts mehr.“
    Sie wusste, dass er Recht hatte. Eine Minute später wurde sie wieder ruhiger und atmete regelmäßig. Er hob den Zettel auf und las die Nachricht.
    Seine Kinnlade verkrampfte sich ein wenig. Das war seine einzige Reaktion.
    „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte sie. „Ich wusste, dass etwas kommen würde, aber nicht so etwas. Welcher kranke Mensch kann so etwas tun?“
    Sie stand auf und hielt sich an seinem Arm fest, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Gut, er hatte weder Strom noch fließendes Wasser, er wollte nichts mehr mit Gewalt zu tun haben,

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