Haus der Angst
großspurig und arrogant. Sie stand wieder auf und hoffte, dass sie nicht zusammenbrechen würde, sich übergeben müsste oder in Tränen ausbrach. Ihr Magen schmerzte. Sie schob ihre Haare mit beiden Händen zurück und ging hinüber zum Fenster, von dem aus man den Wald und den Fluss sehen konnte. Lucy hätte in Washington bleiben sollen. Nichts von alledem wäre geschehen, wenn sie dort geblieben wäre.
„Ich habe Lucy genug zugesetzt“, sagte sie und fügte leise hinzu: „Und ich kann auf Jack warten.“
„Ach, wirklich?“
Sie drehte sich zu ihm um. „Ich bin so müde. Ich erwähne niemandem gegenüber auch nur mit einer Silbe, was du vorhast. Kümmere dich nur um deine Angelegenheiten und lass mich da raus.“
„Das kann ich nicht.“
„Du meinst, du willst es nicht.“
„Sowohl als auch.“
Sie begann zu zittern. Er würde es als Zeichen von Schwäche interpretieren. Er hatte sie benutzt und sich für seine Zwecke zurechtgebogen. Jetzt gab es für sie keinen Weg zurück.
Es war Lucys Schuld. Alles war Lucys Schuld. Barbara spürte, wie eine neue Woge der Wut in ihr hochstieg. Sie saß in der Falle, und Lucy war schuld daran.
„Gut“, sagte sie schließlich. „Was soll ich tun?“
„Im Moment tust du genau das Richtige, wenn du einfach nur hier bist.“ Mowery trat neben sie ans Fenster und schaute über die malerische Landschaft. „Vermont ist für mich der reine Horror. Ich hasse Wälder. Bist du okay, Barbie?“
„Natürlich.“ Es hatte keinen Zweck zu lügen. Es würde ihr bei ihm nichts nützen. Aber sie beschloss, sich nicht unterkriegen zu lassen. „Ich bedaure nicht, was ich Lucy angetan habe. Sie hat es verdient.“
Er zuckte mit den Schultern. „Sicher.“
„Hast du es von Anfang an gewusst?“
„Warum, glaubst du wohl, sitzen wir im selben Boot?“
„Du musstest etwas gegen mich in der Hand haben, damit du es zum richtigen Zeitpunkt als Druckmittel gegen mich einsetzen konntest.“
„Damit ich deinen wirren Verstand zu meinem Vorteil benutzen konnte.“ Er blinzelte ihr zu. „So weit, so gut. Du hast nur vergessen, dass ich in solchen Sachen besser bin als du, Barbie.“
„Das war mein Fehler.“
„Es gibt nur einen Mann, der mich mal übers Ohr gehauen hat. Es wird nicht mehr lange dauern, bis er vor deiner Tür steht.“
„Sebastian Redwing“, sagte sie.
Darren zwinkerte ihr zu, tätschelte ihr den Hintern und verschwand.
Mit seiner Vorhersage sollte er Recht behalten: Fünfzehn Minuten später kam Redwing auf die Veranda, auf der Barbara saß und über ihre Situation nachdachte. Viele Möglichkeiten hatte sie nicht.
Und Darren wusste es. Er würde sein Ziel erreichen. Was wollte sie also?
Jack.
Oder zumindest Genugtuung. Sie wollte Lucy leiden sehen. Sie wollte, dass es ihr schlecht ging.
Sebastian stellte sich vor. Er ist atemberaubend sexy, dachte Barbara. Er trug Jeans und ein Polohemd, dessen Farbe verblichen war. Er würde überall auffallen, selbst wenn er es nicht wollte. Sie wurde sich ihrer eigenen spießigen Kleidung bewusst – eine schlichte Hose und eine Bluse, freizeitmäßig zwar, aber immer noch sehr förmlich.
„Ich wohne im Haus von Lucy und den Kindern“, sagte er. „Es hat einmal meiner Großmutter gehört. Ich habe es ihnen nach Colins Tod verkauft.“
„Ja, ich weiß.“
Sie sah die ungewöhnliche Mischung aus Grautönen in seinen Augen. Er schien mehr an ihr zu bemerken, als ihr lieb sein konnte – eine beunruhigende Eigenschaft. Aber selbst wenn er wusste, dass sie Geheimnisse hatte, so hätte er doch nie erraten können, worin sie bestanden. Genau das war es ja, was sie bei Mowery so nervös machte: Er wusste alles, aber nur, weil er nicht fähig war zu vertrauen.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich kurz mit Ihnen unterhalte?“ fragte Sebastian.
„Nein, natürlich nicht.“ Sie riss sich zusammen und rief sich ins Gedächtnis, dass sie nicht zu jenen Frauen gehörte, die ihre körperlichen Vorzüge einsetzten, um Männer zu manipulieren. Das überließ sie schwächeren, weniger intelligenten und kompetenten Frauen. Sie lächelte, setzte sich gerade hin und gab sich ganz professionell. „Ich nehme an, Madison hat Ihnen erzählt, dass ich nach Vermont gekommen bin, um ein Ferienhaus für ihren Großvater zu mieten?“
„Sie hatte nicht vor, irgendjemand irgendetwas zu erzählen. Sie wurde erwischt, als sie sich heute Morgen hier herumtrieb, und dann hat sie alles gestanden.“
Barbara nickte. „Ich habe
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