Haus der bösen Lust (German Edition)
Kleider einzusammeln.« Lottie und mehrere der Frauen, die dem Tod nicht ganz so nah waren, wurden von weiteren Soldaten mit Bajonetten durch das Tor des Zauns gescheucht.
Im Inneren der Anlage verstand sie nicht, was sie sah. Der Sockel des Hochofens musste um die dreißig Meter breit sein, und schwarze Männer schaufelten Kohlen in die verschiedenen Öffnungen. In den offenen Bereichen der Anlage jedoch lagen Dutzende und Aberdutzende Schwarze stöhnend auf dem Boden, während ihnen die Kleider und Stiefel von anderen Sklaven ausgezogen wurden. Die Hitze war so höllisch, dass Lottie beinahe das Bewusstsein verloren hätte.
Lottie und den anderen wurden Körbe in die Hände gedrückt. »Sammelt alles ein und stapelt es neben dem Tor«, wurde ihnen befohlen.
Der Boden der Anlage glich einem Feld von Sterbenden – allesamt schwarze Sklaven. Lottie konnte sehen, dass sie erschossen worden waren, und an der gegenüberliegenden Mauer standen mehrere Dutzend Weiße mit langen Gewehren. Allerdings handelte es sich nicht um Soldaten. Vielmehr sahen sie wie Bahnarbeiter aus.
Lottie stapfte zwischen den gefallenen Sklaven umher und sammelte deren Kleider ein. Irgendwann bemerkte sie einen fein gekleideten Mann mit Frack, der das Geschehen zusammen mit den Bahnarbeitern beobachtete. Die Augen all der Männer wirkten irgendwie gelblich.
Dann brüllte jemand: »Da flieht einer! Lasst ihn nicht entkommen!« Mehrere Soldaten rannten zu einem Fenster. Lottie erhaschte einen flüchtigen Blick nach draußen, als sie mit dem Korb vorbeiging. Sie sah einen Schwarzen, der in der Ferne wegrannte. Ein Knall ertönte. Ein berittener Soldat hatte ihn mit einem Pistolenschuss zu Fall gebracht.
Als alle Kleider eingesammelt waren, half Lottie dabei, alles nach draußen zu schaffen, wo ein anderer Wagen wartete.
An der Stelle hörte sie die Schreie.
Sie klangen nicht menschlich, eher wie die von wilden Tieren.
Lottie und einige der jüngeren Frauen wurden erneut von weiteren Soldaten vergewaltigt. Mittlerweile wünschte sie sich, sterben zu können, doch sie spürte, dass da etwas war – etwas, das in der Luft lag –, das dies nicht zulassen würde.
Dann packte sie ein Soldat von hinten. »Da hast du ein wenig Rache für Fort Donelson«, sagte er und begann, sie anal zu schänden. Lottie fiel in Ohnmacht.
Als sie einen Hauch von Bewusstsein zurückerlangte, befand sie sich wieder innerhalb der Anlage. Ihr fiel auf, dass die getöteten Sklaven verschwunden waren. Ein Kreischen und Kichern umflatterte sie wie Vögel. Dann fiel ihr Kopf zur Seite. Ihre Augen weiteten sich, und sie dachte: Ich bin in der Hölle ...
Mit Heugabeln und Bajonettgewehren beförderten Soldaten die anderen nackten Gefangenen in den Hochofen. Einem jungen, schwangeren Mädchen wurde eine Heugabel in den Bauch gerammt, dann wurde sie daran hochgehoben und anschließend mit dem Rücken voraus in eine der lodernden Öffnungen geschleudert. Mehrere andere Soldaten schlachteten blutige Babys mit ihren Bajonetten ab, bevor sie die kleinen Leichen in den Ofen warfen. Als taube Finger ihren Bauch berührten ... war er nicht mehr da. Da bemerkte Lottie, dass ihr der Bauch aufgeschlitzt, der Fötus herausgerissen und ebenfalls verbrannt worden war.
»Da kommt die nächste Ladung«, rief eine Stimme. »Vergesst die da nicht.«
Dampf, sengende Hitze und ein Geruch, der an Schweinebraten erinnerte, hingen wie Nebel über der Anlage. Zwei Finger stießen in Lotties Augäpfel, hakten sich in die nun leeren Höhlen und schleiften sie auf den Ofen zu ...
Da erwachte sie in ihrem Bett, zitternd und schweißüberströmt. Hatte sie beim Verlassen des Albtraums gebrüllt? Sie glaubte, auch aus Jiffs Zimmer einen Schrei vernommen zu haben.
Ja, hin und wieder hatte sie Albträume, die abgrundtief schrecklich waren. Sie kannte die Geschichte der Ortschaft und Harwood Gasts Legende, und sie hatte auch eine Vorstellung davon, was die Kraft der Suggestion vermochte. »Jeder hat mal schlechte Träume«, hatte ihre Mutter schon öfter zu ihr gesagt. Doch der Traum, den Lottie in der vergangenen Nacht durchlitten hatte, war eindeutig der schlimmste von allen.
Sie fühlte sich, als wäre ihr gesamter Körper von etwas Abscheulichem verschlungen worden; sogar ihr Schweiß fühlte sich böse an. Verzweifelt duschte sie, schrubbte sich die Haut wund ...
»Was zum Geier is’ los mit dir?«, fragte Jiff sie später. Sie saß niedergeschlagen auf ihrem Bett und zitterte immer noch ein
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