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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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sind, aber Gott ist ein cooler Typ, der nachsichtig mit uns ist, wenn wir es verdienen. Er weiß, dass wir alle verkorkst sind, aber er liebt uns trotzdem! Er will nicht, dass sich im Himmel nur langweilige Pilger und Mönche mit steinernen Mienen rumtreiben, die in ihrem ganzen Leben keinen einzigen Witz gerissen haben!« Collier fand, der Himmel wäre wohl wirklich ein öder Ort, wenn er ausschließlich von einem solchen Menschenschlag bevölkert würde.
    Dominique hielt den gesamten Gottesdienst hindurch seine Hand, abgesehen von Unterbrechungen während der Lieder. Wie beinahe alle anderen lauschte sie dem Geistlichen mit derselben Aufmerksamkeit, die Collier Werbespots mit erotischem Touch schenkte – gebannt und ehrfürchtig. Vielleicht war das der Unterschied.
    Der Geistliche zeigte mit dem Finger wie ein Ankläger auf die Gemeinde, dann richtete er ihn langsam auf sich selbst. »Meine Freunde, es gibt wirklich sieben Todsünden: Zorn, Wolllust, Hochmut, Habgier, Neid, Trägheit und – mein persönlicher Favorit – Völlerei ...« Er trat vom Pult zurück und präsentierte einen beachtlichen Wanst unter seinen Roben, womit er Gelächter von den Kirchbänken hervorrief.
    »Aber unlängst kam mir der Gedanke, dass Gott die Woche vielleicht deshalb mit sieben Tagen versehen hat – ein Tag für jede Sünde. Warum reservieren wir uns nicht jeden Tag, um Buße für eine bestimmte Sünde zu tun, und bleiben dabei? Der Montag könnte für Hochmut sein, der Dienstag für Neid, der Mittwoch für Trägheit und so weiter. Und heute? Sonntag? Lasst uns dem Sonntag die Habgier zuweisen und den Tag des Herrn dafür verwenden, uns von dieser Sünde reinzuwaschen. Erinnern wir uns an Jesu Geschichte vom Opfer der Witwe – eine bettelarme Frau legte ihre zwei letzten Scherflein in den Gotteskasten ein, nur den Bruchteil eines Cents. Das ist nicht viel Geld, aber für Christus war das selbstlose Opfer der Frau mehr wert als ein Berg von Gold.«
    Collier wurde misstrauisch. Jetzt kommt’s. Öffnet die Herzen und die Brieftaschen ...
    »Erinnern wir uns daran, dass wir jeden Dollar, den wir geben, geistig hundertfach zurückbekommen. Besinnen wir uns der Worte des Jakobus: ›Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab.‹ Und der Worte des Matthäus: ›Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch.‹ Gehet hin und gebt – lasst uns heute das tun, statt fernzusehen oder das Auto zu waschen ...«
    Jetzt geht gleich die Kollekte rum, dachte Collier.
    »... und für die Schlaumeier unter euch, die glauben, ich bereite euch bloß auf die Kollekte vor: Ich fordere euch auf, dieser Kirche heute keinen Cent zu geben. Gebt stattdessen jemand anderem ...«
    Collier runzelte die Stirn.
    »Und wenn ihr kein Geld habt, dann gebt eure Zeit. Oder vielleicht können wir guten Beispielen folgen.« Er deutete auf jemanden auf einer der Kirchbänke. »Wie dem von Mr. Portafoy, der jeden Freitagabend Zeit im Hospiz verbringt, um Patienten im Endstadium zu helfen. Oder dem von Janice Wilcox, die unsere örtliche Altkleidersammlung leitet. Oder dem von Dominique Cusher, die jeden Sonntag, bevor ihr Restaurant öffnet, einhundert Mahlzeiten zubereitet und sie nach Chattanooga ins Obdachlosenasyl bringt ...«
    Collier sah Dominique an ... und überlegte unwillkürlich, ob er selbst je etwas aus rein wohltätigen Motiven getan hatte ...
    »Lasst uns wie diese wunderbaren Menschen sein und an die Worte der Korinther denken: ›Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.‹«
    Der Geistliche entfernte sich erneut vom Pult und präsentierte seinen Wanst. Er schien Collier direkt anzusehen, als er sagte: »Und für die Skeptiker unter euch, die sich fragen, was ich geben werde: Ich werde heute nichts essen und stattdessen hundert Dollar für Pizzen ausgeben, die ich zur Volksküche in Fayetteville bringe. Die Jungs bei Dominos Pizza werden ausflippen vor Freude ... und ich werde nicht ein einziges Stück für mich selbst abzweigen. Versprochen!«
    Weiteres Kichern von der Gemeinde.
    »Geht ins Krankenhaus und spendet Blut! Geht zur Unterführung und verteilt ein paar Burger an die Obdachlosen! Geht online und bemüht eure Mastercard für das Rote Kreuz oder füllt ein Organspenderformular aus und werft es in den Briefkasten. Ihr braucht eure Leber schließlich nicht mehr, wenn ihr tot seid, oder? Geht hin und tut es!« Sein Finger wanderte über die Kirchbankreihen, und er rief wie der Moderator einer Gameshow: »Und bis nächste

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