Haus der bösen Lust (German Edition)
nich’ so viel über die Sache. Muss jetzt los, um hinten Unkraut zu jäten ... aber haben Sie noch ’n tollen Tag«, sagte er und eilte davon.
Collier lächelte über die Reaktion, mit der er mittlerweile gerechnet hatte.
Ein gemächlicher Spaziergang führte ihn durch die Stadt, in der sich mehr Touristen denn je zu tummeln schienen. Unterwegs ging ihm viel durch den Kopf – die Träume, die Mysterien der Legende um Gast, seine unfassbaren sexuellen Fantasien ... aber die meisten seiner Gedanken kehrten unweigerlich zu Dominique zurück.
Gott ... was würde ich dafür geben ...
Sie verkörperte einen krassen Widerspruch zu seiner offensichtlichsten Motivation – die im Wesentlichen aus Lust bestand. Oder konnte es sein, dass Sutes kryptische Äußerungen eher zutrafen? Dass etliche Leute, die in der Pension übernachteten, eine gewaltige Steigerung der Libido erfuhren? Kann nicht stimmen. Das ist einfach lächerlich, dachte er. Wenige Minuten später verglich er die Adresse auf der Visitenkarte mit den Angaben auf dem Querbalken eines hübschen Reihenhauses aus der Föderiertenzeit mitten in der Number 1 Street.
»Bitte, kommen Sie rein«, begrüßte ihn der kugelförmige Mann mit einem Händeschütteln. Sute trug ausgerechnet eine rote Smokingjacke und eine weiße Hose. »Achten Sie nicht auf das Chaos. Ich bin nicht gerade für meine Ordnungsliebe bekannt.«
»Das gilt für viele Schriftsteller«, erwiderte Collier und sah sich um. »Faszinierende Wohnung.« Das Wohnzimmer präsentierte sich staubig und ein wenig unaufgeräumt, aber voller Antiquitäten, Wandteppiche und polierter Steinbüsten.
»Oben ist es etwas schöner. Dort habe ich meine Manuskripte und allerlei Sonstiges.«
Collier folgte dem Mann hinauf und fragte sich, wie viele männliche Prostituierte diesen Weg bereits beschritten hatten. Vor ihm ließ Sutes Hinterteil, das sich beinahe in derselben Höhe wie Colliers Gesicht befand, zu beiden Seiten des Treppenhauses kaum Platz übrig.
Die Räumlichkeiten oben bestanden in der Hauptsache aus dem Schlafzimmer, in dem dicke Teppiche auf dem Boden lagen und dessen Wände Bücherregale säumten. Weitere Steinbüsten auf Podesten zierten den großen Raum ebenso wie prächtige alte Ölgemälde.
»Möchten Sie etwas zu trinken?«, fragte Sute und öffnete einen Spirituosenschrank.
»Nein, danke. Dem habe ich mich in letzter Zeit etwas zu sehr hingegeben, aber lassen Sie sich nicht aufhalten.«
Sute schenkte sich etwas in ein kleines Kognakglas ein. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
Collier lachte. »Natürlich nicht – es ist ja Ihr Zuhause.« Bald bedauerte er seine Antwort, als Sute eine große Pfeife hervorholte und begann, sie zu stopfen. »Am Telefon haben Sie sich nach Gasts Töchtern erkundigt – ich vermute, ich habe verabsäumt, sie zu erwähnen, als wir zusammen gegessen haben.« Nach einigen paffenden Zügen an der Pfeife reichte er Collier einen offenen Karton voll Papier. »Das ist eines meiner unveröffentlichten Bücher, das sich mit den Kindern befasst. Wie der Großteil dieser Geschichte ist es ein höchst unangenehmes Thema, seien Sie also gewarnt. Seite 33.«
»Gibt es auch Bilder von ihnen? Fotos?«, fragte Collier, während er durch den Stoß blätterte. »Haben Sie nicht erwähnt, dass Sie einige alte Fotos haben? Ferrotypien, oder wie auch immer das heißt?«
Sute nahm auf einem übergroßen Lesestuhl Platz und paffte die Pfeife, die einen Übelkeit erregend süßlichen Geruch verströmte. »Ich fürchte, von den Töchtern sind keine Fotografien erhalten. Es gibt nur einige Daguerreotypien von Mrs. Gast.«
»Ist das nicht seltsam? Dass Gast beträchtliche Kosten auf sich genommen hat, um seine Frau fotografieren zu lassen, nicht jedoch seine Kinder?«
»Normalerweise wäre das seltsam. Allerdings mochte Gast seine Töchter nicht. Die beiden waren extrem mutterbezogen und kamen ausschließlich nach Penelope, und ich meine damit in bedauerlicher Weise.« Bevor Collier Genaueres dazu fragen konnte, fuhr Sute fort: »Und man muss hinzufügen, dass Gast den beiden äußerst argwöhnisch gegenüberstand.«
»Argwöhnisch in welcher Hinsicht?«
Sute schürzte die Lippen. »Gast hegte den Verdacht, dass keines der beiden Mädchen von ihm gezeugt worden sein könnte.«
Collier nickte. »Die Liederlichkeit seiner Frau. Das hätte ich fast vergessen.«
Paffend lehnte sich Sute zurück. »Wenn ich mir die Frage gestatten darf, warum interessieren Sie sich für Gasts
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