Haus der bösen Lust (German Edition)
wenig.
»Hm? Du siehst aus, als hätt’ jemand dein’ Hund abgeknallt, und dabei haste nich’ mal ’n Hund.«
Ihre Augen fühlten sich blutunterlaufen an, als sie ihn ansah. Schlimmer Traum , formte ihr Mund.
Jiffs gute Laune geriet ins Stocken, als er ihr die Worte von den Lippen ablas. »Tja, willkommen im Club. Ich hatt’ letzte Nacht den Schlimmsten überhaupt.«
Lottie fand nichts dabei, nackt vor ihrem Bruder zu sitzen. Warum sollte sie auch, so schwul wie er war ... solange er nicht geil war und sich keine Bilder von gut aussehenden Männern in der Nähe befanden. Das liegt am Haus, formte ihr Mund.
»Wie?«
Das Haus. Manchmal hasse ich dieses Haus!
»Ich weiß, Schwesterchen. Wie Ma schon vor Langem gesagt hat. Jeder hat hier manchmal schlimme Träume. So war’s schon immer, seit ... seit damals.« Die bedrückte Atmosphäre im Raum fühlte sich so dicht an wie die sommerliche Schwüle draußen. »Aber schau mal.« Jiff versuchte, die Stimmung zu heben. Schwungvoll zog er einen Scheck hervor. »J. G. hat mir ’n Hunderter gesteckt. War zwar die bis jetzt abgefahrenste Nummer überhaupt, aber scheiß drauf ...«
Lottie saß schlaff im Lotussitz da und zuckte mit den Schultern.
»Haste Mr. Collier heut Morgen gesehen?«
Lottie schüttelte den Kopf.
»Weiß immer noch nich’, was ich von dem halten soll. Gestern schüttet er sich mit der Hälfte meiner Kunden im Nagel zu, und jetzt sagt mir Ma, dass er sich ihren Wagen geliehen hat, um Dominique auszuführen ...«
Lottie grinste.
»Bin immer noch nich’ sicher, ob er bi, schwul oder hetero is’.« Jiff kicherte. »Aber das mit Dominique wird er sich wohl noch mal überlegen. Der arme Teufel würd’ K.-o.-Tropfen und ’n Brecheisen brauchen, um in ihr Christenhöschen zu kommen.«
Lottie wanderte wahllos mit den Fingerspitzen über das Bettlaken. Ist mein freier Tag, formten ihre Lippen. Was hast du heute vor?
»Ma hat mir aufgetragen, im ganzen verfluchten Garten hinten Unkraut zu jäten.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Wie wär’s, wenn du dein’ Bruder dabei zur Hand gehst?«
Setz dich auf ’nen Igel, formte ihr Mund.
»Unheimlich witzig. Komm schon, ich geb dir auch ... zehn Mäuse.«
Friss Scheiße, du Homohure!
Jiff schleuderte ihr einen finsteren Blick zu. »Ja, ja, schon gut – und Lottie, red nich’ so laut. Jemand könnt’ dich sonst hören.« Jiff stimmte grölendes Gelächter an, verließ den Raum und schlug die Tür hinter sich zu.
Arschloch!, dachte Lottie.
III
»Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, Mr. Sute. Ich bin in einer halben Stunde bei Ihnen«, sagte Collier und legte auf. Aus unerfindlichem Grund schwenkte sein Blick gehetzt durch das Zimmer, und ihm wurde unvermittelt kalt. Die Kälte verstärkte sich, als er das Bett ansah und sich nicht nur an die abscheulichen Albträume erinnerte, die er darauf gehabt hatte, sondern auch an die obszöne Halluzination von vergangener Nacht. Nergie, erinnerte er sich, hatte der widerliche Köter geheißen.
»Oh, hi, Mr. Collier«, grüßte Jiff in dem Moment, in dem Collier den Flur betrat. »Wie war’s mit dem Inline?«
»Inline?«, fragte Collier gereizt.
»Der Inline 235 von meiner Ma – ihr alter Chevy. Sie hat mir gesagt, dass Sie ihn sich geborgt haben. Ich wett’, die Karre hat ’ne Million Meilen aufm Tacho. Möchte mal sehen, wie die Japse das mit ein’ von ihre Toyotas schaffen.«
»Das Auto hat prima funktioniert, Jiff.«
»Irgendwas, womit ich Ihnen helfen kann?«
»Nein, danke. Ich bin gerade auf dem Weg zu Mr. Sute ...«
Jiff bedachte ihn mit einem merkwürdigen Blick.
»... um mir eines seiner Buchmanuskripte anzusehen«, beendete Collier den Satz. Er hatte Sute absichtlich erwähnt.
»Ach, Sie mein’ eins seiner Bücher über Harwood Gast.«
»Genau. Keine Ahnung, warum, aber die Legende des gesamten Ortes macht mich richtig neugierig. Ich hatte sogar ein paar Albträume darüber.«
Ein weiterer merkwürdiger Blick. »Echt wahr? Tja, so komisch, wie’s sein mag, ich hatt’ selbst schon ’n paar und meine Schwester auch. Liegt wohl hauptsächlich da dran, dass dieses Haus viel unheimlicher zu sein scheint, wenn man all die Geschichten gehört hat.«
»Da haben Sie bestimmt recht«, gab Collier zurück. »Aber ich bin immer noch regelrecht fasziniert davon. Was wissen Sie über Harwood Gasts Kinder?«
»Äh, seine Kinder? Nix.« Doch die Frage hatte Jiff unübersehbar aus dem Konzept gebracht. »Ich weiß insgesamt
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