Haus der bösen Lust (German Edition)
möchten?«, fragte Sute.
»Ja. Ich würde es nicht verkraften. Außerdem reise ich ohnehin bald ab.«
Sute erhob sich, um das Manuskript zu verstauen, dann gab er Collier die Schecks zurück. »Tut mir leid, das zu hören. Ich hoffe, es ist nicht die schaurige Geschichte der Stadt, die sie vertreibt.«
Collier log. »Nein, nein, ich muss zurück nach Los Angeles.« Ein ungewisses Unbehagen nagte an ihm. Was spielte es für eine Rolle, was Sute sagen mochte, nachdem er gegangen war? Gar keine , wurde ihm klar. Dennoch wollte er nicht, dass etwas zu Dominique durchdränge, auch wenn er wusste, dass er sie nach diesem Abend wahrscheinlich nie wiedersehen würde.
»Mr. Sute? Bitte sagen Sie niemandem, was ich Ihnen heute erzählt habe ... von den Albträumen und so.«
Sute stand mittlerweile halb in Schatten, ein Fleischberg in einer Smokingjacke. »Das ist alles vertraulich, Mr. Collier. Wie ich schon sagte, Sie sind ein intuitiver Mensch. Sie möchten nicht, dass ich wiederhole, was Sie mir erzählt haben. Und wie bei jeder Vereinbarung zwischen ehrenwerten Menschen vertraue ich darauf, dass Sie umgekehrt mein Geheimnis bewahren.«
Da fiel Collier zum ersten Mal das gerahmte Foto von Jiff auf dem Nachttisch auf. Also habe ich in dieser Hinsicht richtig geraten ...
»Ich verstehe. Es war schön, Sie kennenzulernen ...« Sie schüttelten einander die Hände. »Danke, dass Sie meine Neugier befriedigt haben. Diese neugierige Katze hat sich daran definitiv die Tatzen verbrannt.«
»Es ist nur eine Geschichte, Mr. Collier.« Sute versuchte, sich unbeschwert anzuhören.
»Allerdings eine, von der wir beide wissen, dass sie wahr ist ...«
Lächelnd zuckte Sute mit den Schultern.
Als Collier sich zum Gehen wandte, fühlte sich seine Psyche wie ein kaputtes Uhrwerk an. Ich bin nicht wie der Hirtenjunge, der ›Wolf‹ gerufen hat, ich bin der Junge, der zu viele Fragen gestellt hat. So viel stand fest: Er hatte mehr gehört, als er ertragen konnte, und nun würde er sich mit eingezogenem Schwanz nach Hause trollen ...
»Warten Sie!« Sute stand an einem Regal und holte daraus einige schwere Ordner hervor. »Die wollten Sie ja noch sehen.«
»Was ... ist das?«
»Die Daguerreotypien.«
Eine Starre befiel Collier.
»Mr. Collier, mir ist bewusst, dass Sie mehr als genug über die örtliche Folklore gehört haben ... aber können Sie nach allem, was Sie wissen, wirklich abreisen, ohne je die einzigen existierenden Fotografien von Penelope Gast gesehen zu haben?«
Du Mistkerl, dachte Collier. Einige Momente lang reagierte er nicht, dann sagte er: »Na schön. Zeigen Sie her.«
Behutsam zog Sute einige Metallfolien aus verschiedenen Schutzhüllen. »Achten Sie darauf, nur die Ränder zu berühren«, forderte der Mann ihn auf.
Collier stellte fest, dass ein düster-schwarzer Rahmen die erste steife Folie umgab; das Bild selbst schien darin zu schweben. Worauf sich sein Blick heftete, lies sich am besten als gespenstisch beschreiben: Penelope Gast in einer zerknitterten Turnüre französischen Stils samt Unterrock, das Gesicht seitwärts gerichtet. Das bestickte Korsett hing aufgeschnürt an der Vorderseite nach unten und entblößte einen üppigen weißen Busen mit großen steifen Brustwarzen. Collier schluckte. Trotz der körnigen Qualität der Fotografie wirkte die Frau darauf unendlich viel schöner als auf dem züchtigen Ölgemälde in der Pension.
»Echte Daguerreotypien waren schwer zu beschaffen und für Privatpersonen unerhört teuer«, erklärte Sute.
Collier dachte an Hollywood-Produzenten, die von professionellen Bildhauern Kunstwerke der nackten Körper ihrer Ehefrauen anfertigen ließen, um sie sich an die Wand zu hängen. Dies war das Pendant für reiche Leute aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Ein Denkmal für ihre Ehefrauen.
»Ferrotypien waren während und nach dem Bürgerkrieg verbreiteter, nur war die Bildqualität schlechter, und mit der Zeit gingen Details verloren. Gast hat keine Kosten gescheut, um das Bild seiner Frau für die Ewigkeit festzuhalten.«
Und sie anschließend von mehreren Männern vergewaltigen zu lassen, bevor er ihr eine Axt zwischen die Beine schlug ... Collier betrachtete das nächste, noch gewagtere Bild. Mrs. Gast stand darauf mit einem Kleidungsstück, das einer Toga ähnelte und sich über einen Schenkel, zwischen die Beine und schließlich um ihren Hals schlängelte. Ihre Beine muteten perfekt wie die eines Models an. Die Toga bedeckte die eine Brust, ihre
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