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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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im Fernsehen gezeigt?« Großmutter sah auf. »Es würde mich interessieren, was du - Andrea, was ist denn? Geht's dir nicht gut?«
    »Doch, doch... Ich hab - ich war nur eingeschlafen. Darum habe ich dich nicht gehört.«
    »Das macht doch nichts, Kind. Wir haben morgen noch Zeit genug zum Schwatzen.
    Es ist sowieso Zeit, schlafen zu gehen.« Verzweifelt sah ich zu, wie sie schwerfällig aufstand.
    Ich wollte ihr sagen, was mir geschehen war, wollte mich samt meinen Ängsten ihr anvertrauen. Aber meine Zunge gehorchte mir nicht. Ich konnte nur dasitzen und sie stumm anstarren. Sie packte ihr Strickzeug weg, hängte den Beutel über die Sessellehne und kam zu mir, um mir einen Kuß auf die Wange zu geben. »Es ist schön, daß du da bist«, sagte sie leise.
    »Gott segne dich dafür, daß du gekommen bist.«
    »Gute Nacht, Großmutter«, sagte ich schwach.
    »Gute Nacht, Kind. Du weißt, wie du das Gas höher drehen kannst, falls du frieren solltest?«
    »Ja.« Ich stand auf und ging mit ihr bis zur Tür. Als sie draußen war, schloß ich die Tür fest hinter ihr und lehnte mich erschöpft dagegen, das Gesicht an das kalte Holz gedrückt.
    Ich konnte nicht begreifen, was mir da eben geschehen war; was diesen beängstigenden Aufruhr verursacht hatte. Es war, als wäre ich in einen Zusammenprall der Zeiten geraten, als hätten sie zurückkommen wollen und wären, vielleicht durch die Anwesenheit meiner Großmutter, daran gehindert worden, so daß, wie bei einem rasch strömenden Fluß, dem sich plötzlich ein Damm entgegenstellt, ein Rückstau mit tausend Wirbeln und Strudeln entstanden war, in die ich hineingerissen worden war. Mir war immer noch übel von den rasenden Kreisbewegungen, und meine Beine waren so schwach, daß ich fürchtete, ich würde nicht einmal den Weg zum Sessel zurück schaffen. Jetzt, da die Kälte aus dem Zimmer gewichen war, war mir noch heißer als zuvor, und mein Gesicht brannte wie im Fieber. Als ich mich von der Tür abwandte, um zum Kamin zu gehen und das Gas herunterzudrehen, fand ich mich unversehens John Townsend gegenüber.
    Mit einem unterdrückten Aufschrei wich ich zur Tür zurück. Er rührte sich nicht. Mit einem Glas Brandy in der Hand stand er in der Mitte des Zimmers und sah immer wieder auf die Uhr. Er schien ungeduldig zu sein, als erwarte er jemanden. Und welches Jahr haben wir jetzt? fragte ich mich, das Gesicht glühend heiß vom prasselnden Feuer, das im Kamin brannte. Die Scheite waren hoch aufgeschichtet und leuchteten weiß und rot im Spiel der Flammen, die bis in den Abzug hinauf loderten. Im Widerschein des flackernden Feuers wirkten Johns eigentlich weiche und sanfte Gesichtszüge schroffer als sonst. Sein Haar, das nicht so dunkel war wie Victors, hatte den Glanz polierter Kastanien, und in den warmen braunen Augen schimmerte es golden.
    Ich war erstaunt, daß ich überhaupt keine Furcht verspürte, nur Neugier, was ich diesmal erleben würde. Das Zimmer sah aus wie am Abend zuvor; nichts hatte sich, soweit ich sehen konnte, inzwischen verändert. In der Vitrine standen dieselben Nippessachen, die Möbel wirkten neu, die Tapete war noch sauber und hell.
    Als John plötzlich den Kopf hob und mich direkt ansah, stockte mir der Atem.
    »Wo bist du gewesen?« fragte er ärgerlich.
    Ich drehte den Kopf zur Seite und sah zu meiner Verblüffung Harriet neben mir stehen. Wie sie hereingekommen war, war mir schleierhaft, da ich doch immer noch an der Tür lehnte. Und dennoch stand sie neben mir, ein junges Mädchen aus Fleisch und Blut, das hätte ich schwören können. Sie war ein wenig älter als das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte
    - fünfzehn, vielleicht sogar sechzehn, und der Schnitt ihres Kleides mit den Puffärmeln verriet mir, daß sich die Mode inzwischen geändert hatte. »Eben war der Postbote hier«, sagte sie, und ihre Stimme klang so klar und deutlich, als hätte sie in der Tat direkt an meiner Seite gestanden. »Victor hat geschrieben.«
    Ihr Gesicht und die Bewegungen ihrer Hände verrieten eine eigentümliche Erregung, aber ich hatte den Eindruck, daß John sie nicht bemerkte. Harriet hielt sich sehr steif und gerade, ihre Gesten wirkten abgehackt, und sie sprach, als hätte sie Mühe, ihre Stimme zu beherrschen. »Victor? Gib mir den Brief.«
    »Er ist an Vater adressiert.«
    »Ich lese ihn vorher. Komm, Harriet, gib her.« Sie ging zu ihm und reichte ihm den Brief. Mir fiel auf, daß sie gleichzeitig mit der anderen Hand eine Bewegung machte, sie

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