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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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wirklich lieber bleiben.«
    »Na gut. Aber wenn du's dir anders überlegst, dann brauchst du es uns nur zu sagen.
    Du bist jederzeit willkommen. Und wenn der Regen bis heute abend nachläßt, kommen wir vorbei und nehmen dich mit ins Krankenhaus. In Ordnung?«
    »Ja, danke.«
    Als Ed die Tür öffnete und der regennasse Wind ins Haus fuhr, sagte Elsie hastig: »Ob wir morgen zu Albert fahren, müssen wir noch sehen. Bis dann.«
    Ich hatte Mühe, die Tür hinter ihnen zu schließen. Sobald ich sie abgesperrt hatte, schob ich die Polsterrolle wieder an ihren Platz und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    Einige Zeit später, ich war in meinem Sessel eingeschlafen, hatte ich den ersten erotischen Traum.

    12

    Der Traum war schon seiner Natur nach sehr aufwühlend. Die einzelnen Szenen folgten keiner festen Ordnung und erzählten keine Geschichte. Ihr ganzer Sinn lag in ihrer sexuellen Symbolik. Ich spürte Victors Wärme, die Zärtlichkeit seines Mundes, ich nahm seinen Geruch wahr und erlebte die Verschmelzung mit seinem Körper. Einmal kam er aus einer Wolke zu mir, die Arme ausgestreckt, um mich zu umschlingen; oder er winkte mir vom Ende einer langen dunklen Straße. Manchmal streckten wir sehnend die Arme nacheinander aus, und unsere Fingerspitzen berührten sich, oder wir lagen in einer Wiese im hohen Gras und liebten uns unter blauem Himmel und warmem Sonnenschein. Nichts ergab einen Sinn.
    Ich versuchte vergebens, ihn zu fragen, was das alles zu bedeuten hatte - er sprach kein Wort.
    Wir kamen zusammen, und wir trennten uns wieder, wir spürten, und wir fühlten, aber zu einem Verstehen kam es nicht. Die Bilder flogen an mir vorüber wie von einem Wirbelwind getrieben, und sie waren voller Lust und Begierde. Es war, als wäre meine Seele ein im Käfig eingesperrter Vogel, der in dem verzweifelten Bemühen, die Freiheit zu gewinnen, wie rasend herumflatterte. Mein Schlaf brachte mir keine Ruhe und keinen Frieden, sondern lieferte mich einzig dem ungestümen Freiheitsdrang meiner angeketteten Leidenschaften aus.
    Ich war schweißgebadet, als ich erwachte. Solche Begierde hatte ich nie gekannt, hatte nie erlebt, daß ein Mann solche Macht über mich hatte. Das brennende Verlangen, mich Victor Townsend hinzugeben, raubte mir alle Selbstkontrolle, raubte mir die Identität.
    Ich stöhnte und erschrak. Mit einem raschen Blick auf meine Großmutter, die zum Glück noch fest schlief, stand ich unsicher auf und ging schwankend zum Fenster. Der Regen draußen war noch stärker geworden. Er kam in wahren Sturzbächen herab und erfüllte die Luft mit seinem Tosen. Ich drückte die Stirn an die kalte Fensterscheibe und versuchte, zu mir zu kommen. Wieso fühlte ich plötzlich auf eine Weise, wie ich nie gefühlt hatte? Was für einen Zauber übte Victor Townsend über mich aus?

    »Ist er weg?« sagte jemand hinter mir. Ich fuhr herum.
    Harriet trat gerade ins Zimmer und schloß leise die Tür. John, der gespannt am Kamin stand, fragte noch einmal: »Ist er weg?«
    »Ja, er ist weg.«
    »Du hast ihm nicht gesagt, daß ich hier bin?«
    »Nein, John.«
    Harriet ging durch das Zimmer zu ihrem Bruder, und ich sah mit Bestürzung, wie sehr sie sich verändert hatte. Der Schmelz der Jugend und die Kindlichkeit, die ihrem reizlosen Gesicht eine gewisse Ausstrahlung verliehen hatten, waren wie ausgelöscht. Geblieben waren die plumpen Gesichtszüge in ihrer ganzen Nacktheit. Sie wirkte gedämpft und bedrückt, und die unsichtbare Last, die sie trug, schien sie stumpf und teilnahmslos gemacht zu haben. Und doch schien kaum Zeit vergangen zu sein, seit ich sie zuletzt gesehen hatte; sie trug die gleiche Kleidung wie damals. John hatte sich nicht verändert, er war derselbe geblieben - ein etwas wäßriger Abklatsch Victors, mit hellerem Haar und helleren Augen und Gesichtszügen, die weicher und weniger scharf umrissen waren. Er schien mir sehr erregt. »Wann kommt Vater nach Hause?«
    »Frühestens in einer Stunde.«
    »Gut, gut.« In Gedanken versunken rieb er sich die Hände. »John ? Was hat das alles zu bedeuten ? Wer war dieser Mann ?«
    »Hm ? Wie ? Oh -« John wedelte wegwerfend mit der Hand. »Ach, niemand. Ein Mann eben.«
    »Aber er war schon einmal hier. Als du nicht zu Hause warst. Wer ist er? Er gefällt mir nicht.«
    »Das geht dich gar nichts an«, fuhr John sie plötzlich an, so daß sie erschrocken zurückfuhr. Augenblicklich zerknirscht, zwang sich John zu einem Lächeln und sagte beschwichtigend: »Sagen wir einfach,

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