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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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hechelnd wie ein Hund vor unserer Tür. Und seitdem erscheint er regelmäßig jeden Sonntag. Hältst du mich für blind?«
    Jennifer antwortete nicht. Sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und weinte lautlos. Ich sah es am Beben ihrer Schultern. John streckte zaghaft einen Arm nach ihr aus, hielt dann jedoch schwankend inne. Ich sah in seinem Gesicht das Erschrecken plötzlicher Erkenntnis und gleich darauf die Bitterkeit der Gewißheit. Er hatte nur einen Verdacht geäußert, aber nun hatte er die Antwort. Und sie tat weh.
    Er zwinkerte ein paarmal mit den Augen, wie um die Alkoholnebel zu durchdringen, und ließ den Arm schlaff herabfallen. »Er wird dich nie bekommen«, murmelte er. »Ich lasse es nicht zu. Ich weiß, du hast mich nie geliebt, aber mein Bruder wird niemals -« Jennifer drehte sich mit einer heftigen Bewegung um. Ihr Gesicht war entsetzt. »John! Das ist nicht wahr! Ich habe dich geliebt, und ich liebe dich immer noch. Wie kannst du hier vor mir stehen und mich der Lüge und des Betrugs beschuldigen, wenn nichts davon wahr ist ? Harriet ist wegen deiner Wettschulden zu Victor gegangen, John, nicht ich. Und ich liebe dich immer noch.« Er dachte einen Moment über ihre Worte nach und sagte dann: »Genauso wie an dem Tag, an dem wir geheiratet haben ?« Sie zögerte zu lange.
    Abrupt machte John Townsend kehrt, stürmte zur Tür zurück und riß sie zornig auf.
    »Wir brauchen keine Almosen von meinem Bruder«, schrie er wütend. »Victor hat jetzt wirklich alles, nicht wahr? Er hat Geld, er hat einen Ruf wie ein Heiliger, und er hat meine Frau. Aber ich sage dir eines, Jennifer, weit wird er damit nicht kommen.«
    Ich spürte das Zittern der Wände, als er krachend die Tür hinter sich zuschlug. Als ich mich wieder Jennifer zuwenden wollte, war sie verschwunden.
    Ich stand wieder im schäbigen Wohnzimmer meiner Großmutter. Statt des grünen Samts lagen auf den Sesseln die geblümten Schonbezüge. Der Teppich war alt und abgenützt, im Kamin stand der Gasofen. Ich war zurück in der Gegenwart.
    Dieses episodenhafte Leben in der Vergangenheit erschöpfte mich. Das plötzliche Erscheinen und Verschwinden der Townsends war jedes Mal ein Schock. Meine Nerven waren angegriffen, meine Hände zitterten, ich hatte keinen Appetit, der Schlaf mied mich, und mein Gehirn lief ständig auf Hochtouren. Eine Frage beschäftigte und quälte mich beinahe unablässig. Wie kam es, daß Victor von seinen Nachfahren der Stempel des Bösen und Nichtswürdigen aufgedrückt worden war, wenn doch, soweit ich erlebt hatte, John derjenige mit dem schwachen, um nicht zu sagen schlechten Charakter gewesen war? Victor Townsend war ein guter und ehrenhafter Mensch gewesen, voll Mitgefühl mit den Leidenden und treu in seiner Liebe zu einer einzigen Frau. Wieso wurde er von seinen Nachfahren so verleumdet ?
    Ich fand die Hitze im Zimmer plötzlich erdrückend. Gereizt stand ich auf und schaltete den Gasofen aus. Während ich noch über das Gerät gebeugt stand, hörte ich plötzlich fern und traumhaft die Klänge eines Klaviers. Abrupt richtete ich mich auf. ›Für Elise‹ wieder, süß und schwermütig. Von allen Seiten zugleich schienen die sanften Töne durch den Raum zu schwingen. Die Uhr auf dem Kaminsims war stehengeblieben. Die Vergangenheit hatte mich wieder eingeholt.
    Langsam und gespannt bewegte ich mich durch das Zimmer und versuchte, die Quelle der Musik ausfindig zu machen. Als ich die Sessel umrundete und der Wand näherkam, die mich vom Salon trennte, hörte ich das Klavierspiel deutlicher. Versuchsweise schlich ich mich zur Tür und zog sie geräuschlos auf. Die Musik kam aus dem Salon.
    Ich ließ die Helligkeit des Wohnzimmers hinter mir und tauchte in die Finsternis des Flurs. An der Wand tastete ich mich bis zur Salontür, die angelehnt war. Von drinnen schimmerte schwacher Lichtschein heraus.
    Mit klopfendem Herzen stieß ich die Tür ein Stück weiter auf und streckte den Kopf durch den Spalt. Ein Zimmer lag vor mir, das ich nie gesehen hatte.
    Die Flammen eines prasselnden Feuers beleuchteten farbig bezogene Sessel, kleine Tischchen, ein großes Sofa, Nippes und Glaskästen, großblättrige Pflanzen in Messingtöpfen, helle Wände, die dicht mit gerahmten Fotografien behängt waren. In der Mitte der Zimmerdecke brannte zu meiner Überraschung eine Lampe mit elektrischem Licht.
    Einen Moment lang blickte ich zu ihr hinauf, während die zarten Töne von ›Für Elise‹
    mich umspielten, dann erst

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