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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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nicht daran denken. Also, es bleibt unter uns, hm ?« Ihre Schultern erschlafften. Jennifer schien in sich zusammenzusinken. »Ja, John, es bleibt unter uns.«
    Als ich endlich wieder zu mir kam, saß ich unten im Wohnzimmer am Fenster. Durch den Regen zeigte sich das erste schwache Licht des Morgens, doch meine Augen nahmen es kaum auf. Das verstärkte Prasseln des Regens an den Fensterscheiben war es, das mich aus meiner Gedankenverlorenheit riß, und es wunderte mich nicht festzustellen, daß ich schon eine ganze Weile so gesessen haben mußte. Düster erinnerte ich mich, nach unten gegangen und völlig erschöpft auf diesen Stuhl gesunken zu sein. Ich blickte mich um. Nichts Warmes oder Behagliches war jetzt in diesem Zimmer. Es war kalt und grau wie der regnerische Morgen draußen, und ich fühlte mich eins mit ihm. In meiner Seele war kein Licht, nur kalte, graue Asche. Diese Nacht war zu schlimm gewesen. Nicht nur hatte ich das ganze Unglück mitansehen und hören müssen, ich hatte es auch noch fühlen müssen. Alle Gefühle meiner toten Vorfahren, gleich, welcher Natur, schienen sich ohne Abschwächung auf mich zu übertragen. Ich war nicht mehr als ein hilfloses Opfer, Leidenschaften preisgegeben, die längst
    erloschen waren und doch im Rahmen dieser unerklärlichen Zeitsprünge weiterbrannten. Wie kam es, fragte ich mich, daß ich mich vor der Annäherung der Lebenden sehr wohl abschirmen konnte, daß die Toten jedoch ohne Mühe in mein Innerstes vordringen konnten? Was alles sollte ich noch leiden, ehe ich frei davon wurde ? Wenn ich überhaupt je frei davon werden sollte. Und wollte ich denn überhaupt frei sein ?
    Todmüde stand ich auf und schleppte mich zum Kamin hinüber. Großmutter würde bald herunterkommen und sich wieder aufregen, wenn sie sah, daß der Gasofen nicht ging.
    Ich stellte ihn an, schaltete ihn auf die niedrigste Stufe und tappte zum Sofa hinüber.
    Wollte ich denn überhaupt dieses Haus jemals verlassen und wieder in mein früheres Leben zurückkehren, fragte ich mich. Würde ich es fertigbringen, Jennifers aufopfernder Liebe, der Erregung von Victors Nähe den Rücken zu kehren ? Selbst Johns ausweglose Verzweiflung und Harriets Angst und Kummer hatten mich lebendig gemacht, so daß ich mich, zeitweise wenigstens, ganz gefühlt hatte. Bestand darin ihre zauberische Kraft, in ihrer Fähigkeit, mich zum Leben zu erwecken, Gefühle in mir zutage zu fördern, die ich niemals zuvor gekannt hatte ? Ich fieberte jetzt den kurzen Episoden aus der Vergangenheit entgegen wie ein Drogensüchtiger seiner Spritze. Solange ich in der Zeit meiner Vorfahren lebte, war ich, was auch immer für Qualen ausgesetzt, wahrhaft lebendig. In den Perioden dazwischen, die mir endlos erschienen, war ich hingegen wie abgestorben. Die Stunden krochen dahin. Ich sah immer wieder auf die Uhr und konnte es nicht glauben, daß mir fünf Minuten so lang wie eine Stunde schienen. Großmutter kam nicht herunter. Als sie um acht Uhr noch immer nicht erschienen war und ich von oben keinerlei Geräusche hörte, beschloß ich, hinaufzugehen und nach ihr zu sehen.
    Ich bewegte mich träge und schwerfällig. Ich sah, daß meine Fingernägel blau unterlaufen waren. Es mußte eiskalt sein in diesem
    Haus, doch ich fühlte es nicht. Am oberen Ende der Treppe blieb ich stehen und lauschte. Aus dem Zimmer meiner Großmutter war kein Laut zu hören.
    Jetzt wurde ich unruhig. Von Besorgnis aus meinem Zustand völliger Gleichgültigkeit gerissen, erinnerte ich mich endlich daran, wer ich war und wo, und mir fiel ein, daß Großmutter am vergangenen Tag schlecht ausgesehen hatte. Ich klopfte bei ihr. Nichts rührte sich. »Großmutter?« Keine Antwort.
    Ich öffnete die Tür und schaute ins Zimmer. Es war ganz dunkel. Ich blieb einen Moment lauschend stehen und hörte immer noch nichts. Mit wachsender Besorgnis lief ich durch das Zimmer, schlug mich dabei an diversen Möbelstücken an und erreichte schließlich das Fenster. Mit einem Ruck zog ich die Vorhänge auf.
    Das Bett war leer. »Was ist denn, Kind?« Ich fuhr zurück. »Großmutter!«
    »Ich war im Bad, Andrea, hast du mich nicht gehört?« Ihr plötzliches Erscheinen hatte mich erschreckt. »Nein«, sagte ich. »Ich habe dich nicht gehört. Ich habe dich auch nicht aufstehen hören.«
    »Ja, ich war aber auch ganz leise. Ich dachte, du schläfst vielleicht noch, und wollte dich nicht wecken. Wie fühlst du dich denn ? Ich sehe, du bist schon angezogen.«
    »Ja... Ich -

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