Haus der Lügen - 8
Schatzmeister der Kirche vorbrachte, diese ungeheuerlichen Forderungen seien durchaus vernünftig und auch zu bewältigen, hatte Clyntahn jeglicher Argumentationsgrundlage beraubt. Die Laune gänzlich verhagelt hatte dem Großinquisitor, dass Maigwair in ungewöhnlich hartnäckiger Art und Weise darauf beharrt hatte, Thirsk sei mit den neuen Flottentaktiken am besten vertraut. Duchairn und Maigwair sahen Thirsks Leistung in der Harchong-Meerenge als Beweis dafür, dass der Admiral Recht hatte. Clyntahn dagegen vertrat die Ansicht (die ihm, so vermutete Duchairn, Herzog Thorast eingeredet hatte), Thirsk habe einfach nur Glück gehabt. Glück mit dem Wetter, Glück, weil er den Charisianern in so großer Zahl überlegen war, und auch Glück, weil die Charisianer sich von der Klaueninsel zurückgezogen hatten, bevor Thirsk sie dort hatte angreifen können. Denn bei diesem Angriff hätte sich Thirsk sicher eine blutige Nase geholt – wieder einmal.
Nur die Tatsache, dass sowohl Herzog Fern als auch Bischof Staiphan Maik, Clyntahns Intendant bei der Flotte, Thirsk so deutlich Rückhalt gaben, hielt den Zorn des Großinquisitors im Zaum. Na gut, dazu kam noch, dass Thirsks Sieg der Einzige war, den bislang irgendein Geschwader der Kirche vorzuweisen hatte.
Und soweit ich das beurteilen kann, ist Clyntahn auch noch stinksauer darüber, dass Thirsk den Charisianern gestattet hat, ehrenvoll zu kapitulieren . Duchairn musste sich sehr zusammennehmen, um nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. Für Zhaspahr ist nur ein toter Charisianer ein guter Charisianer. Er sieht überhaupt nicht ein, warum Thirsk sie hat kapitulieren lassen. Selbst Allayn versteht das Prinzip, das dahinter steht: Wenn unsere Admiräle den Charisianern nicht gestatten zu kapitulieren, dann werden deren Admiräle nicht gestatten, dass unsere Mannschaften kapitulieren. Aber ich glaube, das ist Zhaspahr eigentlich egal. Ja, ich frage mich, ob es ihm nicht sogar lieber wäre, wenn die Gegenseite kein Pardon gäbe. Wahrscheinlich hält er das für die beste Möglichkeit, Truppen dazu zu motivieren, immer bis zum bitteren Ende weiterzukämpfen ... und damit genau das zu tun, was Thirsk in der Klippenstraße eben nicht getan hat.
»Ja, richtig, Dohlar liegt weit von Charis und Tarot entfernt«, sagte der Schatzmeister jetzt. »Andererseits sind, wie Allayn schon gesagt hat, unsere Schiffe über die gesamte Passage verstreut ... und nichts von dem, was die Charisianer haben, ist nahe genug, um die Passage in irgendeiner Weise zu bedrohen. Wir könnten die Schiffe bis zur Gorath Bay hinunterschicken, ohne uns Sorgen machen zu müssen, sie könnten abgefangen werden. Und von Dohlar aus ist es viel näher nach Chisholm – und auch nach Corisande –, wenn man Kurs nach Westen nimmt.«
»Natürlich, natürlich!« Ungeduldig wedelte Clyntahn mit der Hand. »Und die Charisianer, die sich von der Klaueninsel zurückgezogen haben, sind geradewegs nach Chisholm gefahren, um die Schiffe zu unterstützen, die ohnehin schon dort stehen. Das ist sogar noch ein weiterer Grund, unsere Schiffe nach Desnairia zu schicken!«
Fragend blickte Duchairn ihn an, und Clyntahn stieß ein Schnauben aus.
»Sie haben ihre Kräfte aufteilen müssen, um Chisholm und Corisande zu sichern, Rhobair!« Der Großinquisitor klang schon wieder wie ein Erwachsener, der einem störrischen Kind etwas erklärte. Duchairn war daran mittlerweile so sehr gewöhnt, dass er sich davon nicht mehr provozieren ließ. Außerdem war er sich nicht einmal sicher, ob Clyntahn das wirklich mit Absicht tat. »Unserer Schätzung nach hat Rock Point zwanzig bis fünfundzwanzig Galeonen in der Thol Bay, Lock Island hat weitere fünfunddreißig bis vierzig unter seinem Kommando. Lock Islands Schiffe starten ihre Operationen von der Rock Shoal Bay aus. Insgesamt kommen wir damit auf etwa fünfundsechzig Schiffe. Der Rest der charisianischen Galeonen hat sich verteilt, um Chisholm und Corisande zu sichern. Ich schlage vor, wir nutzen das aus, um mit unseren Schiffen bis nach Desnairia vorzustoßen. Bis die Charisianer ihre Schiffe von völlig abgelegenen Posten dorthin verlegen können, haben wir unsere im Golf von Mathyas zusammengezogen, und Charis kann nicht das Geringste dagegen tun.«
Trynair wirkte nachdenklich, und selbst Duchairn musste Clyntahns Argumenten eine gewisse Logik zugestehen. Trotzdem – vom Scheitern des ersten Angriffs auf Charis war Duchairn besonders eines im Gedächtnis geblieben: Es war
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