Haus der Lügen - 8
man darf diese Berichte wirklich enttäuschend nennen, Mein Lord«, sagte er trocken.
»Nun, ich habe eine Neuigkeit für Euch, die ermutigend ist, wie ich denke«, erklärte ihm der Graf. »Es hat aber leider nichts mit dem zu tun, was sich derzeit unten im Süden abspielt. Aber Zebediah hat jetzt damit aufgehört herumzulavieren.«
»Tatsächlich?« Shylairs Rücken wurde noch ein Stück gerader, und mit einem Mal war er hellwach. Craggy Hill lächelte. Aber es entging dem Prälaten nicht, dass seine Mimik nicht sonderlich freundlich wirkte.
»Oh ja, Eure Eminenz. Ich denke sogar, sein Herumlavieren könnte noch deutlich endgültiger zu einem Ende gekommen sein, als er selbst glaubt.«
»Inwiefern?«
»Er hat sehr sorgfältig darauf geachtet, sich ausschließlich auf mündliche Kommunikation zu beschränken – mithilfe von Repräsentanten, denen er vollends vertraut«, erklärte Craggy Hill. »Na ja, ich befand mich natürlich in Korrespondenz mit ihm. Aber in keinem unserer Briefe findet sich irgendetwas, das uns belasten könnte. Wir hatten beide schließlich äußerst gute Gründe, das zu vermeiden.«
Der Graf verzog das Gesicht, und Shylair stieß ein Schnauben aus. Für Tohmys Symmyns, den Großherzog von Zebediah, war Verrat ebenso natürlich wie Atmen. Wäre Craggy Hill so unvorsichtig gewesen, in einem Schreiben an Zebediah offen einen Verrat anzusprechen, hätte der Großherzog besagtes Schreiben sofort an Cayleb und Sharleyan verkauft – sobald er sich davon einen Vorteil versprochen hätte.
»Aber«, fuhr der Graf fort, »er hat sich nun doch noch auf einen endgültigen Termin festgelegt, wann er uns mit den neuen Musketen ausstattet – Musketen mit gezogenen Läufen, heißt das. Und das haben wir sogar schriftlich.«
»Sie belieben zu scherzen!«
»Oh nein!« Craggy Hills Lächeln war noch schmaler geworden. »Natürlich hat er nicht gewusst, dass er sich damit mir gegenüber festlegt. Seine Korrespondenz mit mir stellt immer noch einen Ausbund an Diskretion dar. Aber in den Anweisungen, die er seinen Gesandten erteilt, war er ein wenig ... offenherziger. Das weiß ich schon seit einiger Zeit. Und siehe da, sein derzeitiger Gesandter wurde gestern Abend brutal überfallen und ausgeraubt.«
Der Graf faltete die Hände und blickte einen Augenblick lang fromm zum Himmel auf.
»Selbstverständlich lasse ich diesen Vorfall bereits untersuchen, auch wenn der Gesandte nur oberflächliche Verletzungen davongetragen hat. Allerdings hat er auch sämtlichen Schmuck und sein gesamtes Geld verloren. Und besagter Gesandter ist jetzt hin und her gerissen, ob er erwähnen soll, dass sich in dem Geldgürtel auch seine jüngsten Anweisungen befanden, oder ob er zu Shan wei beten soll, dass wir die Verantwortlichen niemals zu fassen bekommen.«
»Glauben Sie denn wirklich, er hat noch nicht begriffen, dass sich dieser Geldgürtel längst in Ihrer Hand befindet – und dem ist doch so, oder etwa nicht, Mein Lord?«, fragte Shylair nach und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.
»Oh, zumindest die Möglichkeit muss er in Erwägung ziehen, Eure Eminenz, natürlich! Aber es war ein wirklich sehr überzeugender Überfall, wenn ich das so sagen darf. Die Diebe hatten es ganz offensichtlich darauf abgesehen, ihm die Kehle durchzuschneiden – Zeugen beseitigen eben. Aber dann ist ihm die ›Flucht‹ gelungen. Genau das wird den Gesandten daran zweifeln lassen, ich wäre der Drahtzieher des Ganzen. Er weiß, dass mir eines klar sein muss: Würde ich einen Gesandten umbringen lassen, röche Zebediah sofort Lunte und zöge sich zurück. Allerdings weiß der Gesandte wenig. Zum Beispiel weiß er nicht, dass ich wusste, er würde die Papiere bei sich tragen. Nein, ich glaube, auf mich als Hintermann kommt er nicht. Aber meine Agenten hatten längst herausgefunden, wer hier in Vahlainah Zebediahs Schreiben hin und her befördert. Daher, und das weiß der Gesandte auch nicht, haben die ›Diebe‹ ihn schon verfolgt, seit er die letzte Depesche abgeholt hat. Wahrscheinlich hat der Gesandte noch nicht einmal die Zeit gehabt, das Schreiben zu lesen. Allerdings gibt einiges von dem, was er gesagt hat, der Vermutung Raum, er habe zumindest einen groben Überblick über den Inhalt der Depesche. Trotz aller Verdachtsmomente gegen mich wird er daher vermutlich darauf hoffen, dass es wirklich echte Diebe waren, denen es nur um Geld und Schmuck ging. Echte Diebe würden das Schreiben gewiss achtlos fortwerfen. Vielleicht
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