Haus der Lügen - 8
anzuschließen, die Seele von Mutter Kirche aus dem Griff jener korrupten Männer zu befreien, die sie schon so lange besudeln. Dass wir euch als unsere Brüder und Schwestern in Gott empfangen werden. Denn wir alle sind Kinder Gottes. Und dass wir uns dieser Aufgabe bis zum Ende verschreiben, jenem Ende, zu dem wir berufen sind. Wir werden nicht zögern, wir werden nicht wanken, und wir werden niemals – niemals – aufgeben! Clyntahn und Trynair und ihre Speichellecker seien gewarnt! Wenn die Zeit reif ist, dann wird die Kirche von Charis sich auch mit ihnen befassen. Sie wird sich auf sie stürzen, wenn es darum geht, Mutter Kirche zu retten und sie aus den Klauen jener Diener der Finsternis zu befreien, die sie schon viel zu lange entweihen!«
.VII.
Das Klippenhaus, Stadt Vahlainah, Fürstentum Craggy Hill, Fürstentum Corisande
Jemand klopfte kräftig gegen die Tür. Bischof-Vollstrecker Thomys Shylair blickte von seinem Gespräch mit Mahrak Hahlynd auf. Obwohl Shylairs Verstand ihm sagte, er sei hier in seinem Arbeitszimmer im Klippenhaus völlig sicher, durchzuckte ihn Furcht. Für diesen Morgen war kein offizieller Besuch anberaumt, und für einen gesuchten Flüchtigen (vor allem für einen flüchtigen Bischof-Vollstrecker, dessen Intendant so gottlos ermordet worden war) bedeutete ›unerwartet‹ das Gleiche wie ›bedrohlich‹.
Ach, werd nicht albern, Thomys! , schalt er sich selbst. Ich bezweifle doch sehr, dass bewaffnete Schergen des Regentschaftsrats oder dieser ›Kirche von Charis‹ so tief in die Stadtvilla eines Grafen vordringen könnten, ohne dass in zumindest irgendeiner Weise Alarm geschlagen würde. Und wo wir gerade dabei sind: die derzeitige Obrigkeit würde wohl kaum so höflich sein anzuklopfen , wenn sie schon so weit gekommen ist! Zumindest bei Aidryn hat sie das nicht getan!
Angesichts dieses Gedankens verfinsterte sich seine Miene kurz. Dann räusperte er sich.
»Herein!«, rief er, und Graf Craggy Hill trat ein.
»Guten Morgen, Mein Lord.« Shylair bemerkte selbst, wie überrascht er klang. »Mit Ihnen hatte ich heute Morgen nicht gerechnet.«
Irgendetwas in Craggy Hills Auftreten, vielleicht das Funkeln in seinen braunen Augen, brachte Shylair dazu, sich kerzengerade aufzusetzen. Kurz warf er einen Blick zu Hahlynd. In dessen Gesicht stand nachdenkliche Neugier. Dann widmete Shylair seine Aufmerksamkeit wieder ganz Craggy Hill.
»Darf ich mich erkundigen, was Sie dazu bewogen hat, Ihre Pläne zu ändern, Mein Lord?«, fragte der Bischof-Vollstrecker und deutete während des Sprechens auf den bequemen Lehnsessel vor seinem Schreibtisch.
»Das dürft Ihr ganz gewiss, Eure Eminenz.«
In einem kurzen, angespannten Lächeln ließ Craggy Hill die Zähne aufblitzen. Dann ließ er sich in den ihm angewiesenen Sessel sinken. Hahlynd wollte sich schon erheben. Mit einer Handbewegung hielt der Graf ihn davon ab.
»Bitte bleiben Sie hier, Pater!«, sagte er. »Sie und Seine Eminenz werden gewiss innerhalb der nächsten Fünftage einiges an Korrespondenz vorzubereiten haben. Deswegen können Sie genauso gut jetzt gleich erfahren, was ich zu sagen habe.«
»Sehr wohl, Mein Lord«, erwiderte Hahlynd leise.
Der Sekretär lehnte sich wieder zurück, nachdem er sich mit einem Blick der Zustimmung seines Vorgesetzten versichert hatte. Craggy Hill wandte sich wieder an Shylair.
»Mir ist durchaus bewusst, dass die Berichte aus Manchyr seit Staynairs Ankunft im Fürstentum recht enttäuschend ausgefallen sind, Eure Eminenz«, sagte er dann. Das war Shylairs Meinung nach die heftigste Untertreibung, die er seit Jahren gehört hatte. Das, was ihnen von Manchyr aus über die Semaphoren übermittelt worden war, als ›recht enttäuschend‹ zu bezeichnen, war etwa das Gleiche, als würde man behaupten, der Ozean sei ›recht tief‹.
Doch so ungern der Bischof-Vollstrecker das auch eingestehen wollte, es war offenkundig, dass nicht nur die Stadt Manchyr selbst, sondern praktisch das gesamte Fürstentum verloren war. Dass Aidryn Hahskans’ Hinrichtung angeordnet hatte, wirkte sich jetzt nachteilig aus. Nein, ihre ganze Verschwörung flog ihnen deswegen regelrecht um die Ohren! Shylair war erstaunt, wie der völlig berechtigte Tod eines einzelnen abtrünnigen Priesters derartig viel Zorn und Entrüstung auslösen konnte. Als hätten sich die Bürger von Manchyr bewusst dafür entschieden, einfach nicht begreifen zu wollen , wie verderbt Hahskans’ Angriffe auf Mutter Kirche gewesen waren.
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