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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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neutralisiert Blut. Wenn man es diesen Wesen ins Gesicht bläst, dann … dann … Ich weiß eigentlich nicht, was dann geschieht. Ein ehemaliger Freund von mir, ein Alchemist, hat es mir empfohlen und schwört auf seine Wirkung. Irgendetwas passiert, wenn du das Pulver benutzt, aber ich weiß nicht genau, was.« Er stellte die Dose auf die Treppe, lächelte schief, dann ging er weiter.
    Julia, die von allem nur die Hälfte verstanden hatte,
schlich ihm nach. Unterwegs nahm sie das Döschen auf und ließ es in ihrem Gewand verschwinden. Wen hatte der Maler mit »ihm« gemeint? Den Kaiser? Wohl kaum.
    Die Wendeltreppe endete in einem Vorraum, an den sich ein weiterer Raum und dazu der Vladislav-Saal anschlossen. Julia versteckte sich in einer Nische des Vorraums, sodass sie von der Wache vor dem großen Saal nicht gesehen werden konnte.
    Die Stimme, die jetzt wie zerbrochen aus dem riesigen Raum heraustönte, machte ihr deutlich, mit wem sie es zu tun hatte. Sie brauchte ihn nicht mehr zu sehen, um ihn zu erkennen. Die Begegnung vor dem Haus Messer Arcimboldos hatte ihr die Stimme ins Gedächtnis eingeätzt: Sie gehörte Contrario, dem Adlatus des Malers.
    Was um alles in der Welt tat er hier? Julia sah sich um, ob sie nicht näher herankommen konnte, doch es gab von dieser Seite her keinen anderen Zugang. Da kam ihr der Zufall zu Hilfe. Hinter ihr wurden Schritte laut. Julia blieb einfach so stehen, als würde sie Befehle erwarten. An Hauspersonal hatte es dem Kaiserhof nie gemangelt.
    Tatsächlich tauchte im Wendelgang ein junges Mädchen mit hochrotem Kopf auf. Sie trug einen Krug in der einen Hand und balancierte auf der anderen Hand vier Becher.
    Geistesgegenwärtig drehte sich Julia zu dem Mädchen um. »Das Getränk für die Gäste des Kaisers?«, fragte sie höflich und doch so, dass kein Zweifel daran blieb, wer ab jetzt das Sagen hatte. Die Kleine nickte unschlüssig und tatsächlich etwas eingeschüchtert.
    »Gib her! Ich bin hier, um die Getränke weiterzureichen.«
    Das Mädchen lächelte sie erleichtert an, weil es offenbar Angst gehabt hatte, vor den Kaiser selbst treten zu müssen. Julia konnte das gut verstehen. Das Mädchen war hübsch und
jung, und die Männer um den Kaiser standen im Rufe, sich zu nehmen, was ihnen gefiel. Das Mädchen reichte ihr Becher und Krug weiter, knickste und sprang, so schnell sie nur konnte, zurück in den Wendelturm und die Stufen hinunter.
    Jetzt musste Julia handeln. Sie fasste ihren ganzen Mut, hob den Kopf und marschierte los. Die beiden Wachen musterten sie und die Getränke kurz, dann gaben sie den Weg frei. Julia triumphierte. Ihr spontaner Plan war geglückt. Sie stand im Saal. Unschlüssig schaute sie umher. Doch der Saal war leer. Wo war Messer Arcimboldo hingegangen? Wo waren der Kaiser und die andere, diese schrille Stimme abgeblieben? Julia lauschte angestrengt. Aus einem der Räume am Ende des Saals drangen Stimmen. Männerstimmen. Die Männer stritten miteinander.
     
    »Ihr habt jetzt zum zweiten Mal versucht, mir zu schaden, Messer Mont«, zischte Jan. »Ich bin, wie soll ich es sagen, verärgert.« Obwohl Jan versuchte, ernst zu bleiben, gelang es ihm nur mit Mühe.
    Der Bildhauer kniete vor ihm. Auf sein feistes Gesicht hatte die Angst die ohnehin vorhandenen roten Flecken größer gemalt. Die Blutspur aus seiner Nase war dunkel eingetrocknet. Das einzelne Auge hatte er aufgerissen, als wolle er die Welt als Ganzes in es einlassen, und sein Mund klappte auf und zu.
    »Warum zögerst du?«, drängte Jakub der Zwilling. »Ungeziefer muss man zertreten.«
    Jan hob den Kopf, als müsse er ernsthaft darüber nachdenken. Er zog den Uschebti aus seiner Hosentasche und ließ ihn von einer Hand in die andere gleiten. Das einzelne Auge des Künstlers folgte seinen Bewegungen.
    »Er … darf leben … wenn er mir sagt, woher er wusste, dass ich komme.«

    Die Mundöffnung des Bildhauers schnappte auf und zu, als wäre er ein Fisch, den man an Land gezogen hatte. Jakub klirrte hinter ihm mit der Kette – und plötzlich brachen Tränen aus dem übrig gebliebenen Auge und liefen die Wange hinunter. Selbst das tote Auge weinte. Die Flüssigkeit sammelte sich in der Höhle und schwappte mit einem Schwall über die Wange.
    »Der Adlatus. Der Quacksalber. Er brauchte Geld und ich habe es ihm gegeben!«, stotterte Meister Mont. »Er hat gesagt, du würdest kommen. Zusammen mit Messer Arcimboldo. Wegen … wegen des Vorfalls heute Nacht. Er wusste offenbar bereits, was

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