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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Plötzlich fröstelte es sie, weil ihre Körper voneinander abließen, weil ihre Münder satt waren.
    »Ich will dich nicht verlieren«, sagte sie.
    »Ich dich auch nicht«, antwortete Jan und drückte seinen Kopf auf ihre Brust.
    Julia schauerte es. Was sie hier taten, würde Vater zornig machen, und doch wollte sie keine Berührung, kein Gran Wärme vermissen.

    »Ich pass auf dich auf, Julia!«, flüsterte Jan, den Kopf noch immer an ihrer Brust verborgen.
    Plötzlich drangen die Geräusche der Umgebung wieder zu ihnen herein: das Brüllen des Leu, das Brummen des Bärentiers, ein hässliches Bellen von außerhalb, das durch die schmale Lichtöffnung seinen Weg ins Innere des Turmaufgangs fand.
    »Wir müssen weiter«, sagte sie, obwohl sie mit Jan noch Stunden hier auf den Treppenstufen hätte stehen können.
    »Ja, müssen wir«, sagte er fest und löste sich von ihr. Er sah ihr in die Augen, gab ihr noch einen flüchtigen Kuss und scheuchte sie dann mit einer Handbewegung scherzhaft weiter nach oben.
    Völlig erschöpft kamen sie auf der Galerie oben an. Der Aufgang endete zwischen den beiden Türmen und sie traten auf die Balustrade hinaus ins Freie. Von hier aus führte jeweils ein eigener Weg in die Türme hinein und weiter hinauf. Kräftiger Regen mit schweren Tropfen empfing sie. In dichten Schleiern zog er über die Stadt.
    »Folgt uns jemand?«, fragte sie Jan, der hinter ihr aus der Tür trat, außer Atem und bleich.
    Jan sah die Galerie entlang und suchte die Zugänge zu den Türmen. Er schüttelte nur den Kopf. »Bist du dir sicher, dass Messer Arcimboldo im Nordturm sitzt?«
    Julia sah nach oben und legte eine Hand über die Augen. Sie musste sie vor den prasselnden Tropfen schützen. Wenn sie richtig beobachtet hatte und Jaroslav mit seiner Vision richtig lag, mussten hier irgendwo Spuren von Falken zu sehen sein. Zwar gab es überall an den Türmen weiße Kotflecken, doch diese verteilten sich unregelmäßig über beide Türme. Ein weiteres Indiz waren die Grasfäden und Federn, die auf den Simsen lagen. Doch von hier oben entdeckte sie Gräser und Federn in allen Schallöffnungen der Glockentürme.
Allerdings häuften sich auch hier die Anzeichen am Nordturm. »Ich bin mir ziemlich sicher. Hier hoch«, bestimmte sie und ging die Balustrade entlang in Richtung Nordturm.
    In der Sichtfront der Türme, von unten kaum zu sehen, waren Türen eingelassen, die zu einem Treppenlauf führten, der sich ohne Geländer an der Innenmauer des Turms nach oben wand. Diesmal war es Jan, der beherzt vorausging. Zwischendecken unterteilten die frei in den Raum hineinragenden Treppenstufen. Julia hielt sich ganz nah an der Wand und sah nicht nach unten. Sie war nicht völlig schwindelfrei.
    Mit jeder Stufe wurde Julias Gefühl stärker, sie hätten irgendetwas übersehen. All ihre Bemühungen, die ganze Suche nach Messer Arcimboldo erschienen ihr plötzlich wie eine Kette von absichtlichen Fügungen, machten mit zunehmender Höhe eine Wandlung durch. Als hätte jemand anders sie vorausgeplant und sie würden sie jetzt Schritt für Schritt durchlaufen, bis zu einem Ende …
    »Jan!«, schrie Julia. »Bleib stehen!« Jan, der bereits sieben, acht Stufen voraus war und für Julia nicht mehr zu sehen, hielt inne. Julia konnte aufholen, und als sie hinter ihm stand, griff sie einfach nach seinem Kittel und hielt ihn fest. »Jan, woher wissen wir, dass wir richtig sind und dass wir das Richtige tun?«
    »Wir wissen es nicht, Julia.« Jan stand höher als sie und blickte auf sie herunter. »Du warst dir doch bisher so sicher. Was hast du?«
    »Ein Bauchgefühl«, sagte sie. »Es ist bislang … alles so einfach gewesen. Zu einfach, verstehst du?«
    Jan schüttelte den Kopf. »Nein! Über die Brücke zu rennen, der Chimäre zu entkommen, den Wolfswesen aus dem Weg zu gehen und mitten in eine Regenfront zu laufen …
alles nicht gerade einfach.« Dann grinste er frech zu ihr herunter. »Sogar dich zu küssen, war schwierig.«
    Julia seufzte und verzog den Mund. »Pah«, sagte sie nur. Manchmal waren Jungs seltsam. Aber sie ließ sich im Augenblick von ihrem Bauchgefühl leiten und das hatte sie selten betrogen. Dieses Gefühl setzte ihren Verstand in Gang. Beides zusammen war unschlagbar. Statt sich auf ihre Gefühle zu verlassen und ihren Verstand daran zu schärfen, stürmten Jungs einfach drauflos und walzten nieder, was man durchaus hätte umgehen können. Jungs handelten, während Mädchen überlegten. Wenn Jungs dabei

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