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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Beides beruhigte ihn. Aber nur bis zum Tor. Er sah den Lehmmenschen schon von Weitem dort stehen, mit verschränkten Armen, mit zum Himmel gerichteten Augen, mit zum Lauschen leicht geneigtem Kopf.
    Offenbar kannten die Kreaturen Contrarios die Gefahr aus dem Judenviertel, denn keines der Flugwesen oder sonst ein Geschöpf des Adlatus ließ sich diesseits der Mauer blicken. Der Golem würdigte ihn keines Blickes, als er unter das Tor trat, obwohl Jan das Gefühl nicht loswurde, dass er ihn durchaus bemerkt und auf seine Gefährlichkeit hin überprüft hatte.
    »D’ b’st du ja’ndl’ch!«, wurde er aus dem Dunkeln des Tores begrüßt.
    »Zeigt Euch!«, rief Jan, dem der Schreck in die Glieder gefahren war und der sofort einen Schritt zurück machte. Er schielte nach dem Golem, doch der stand da wie zuvor und rührte sich nicht.
    »N’n m’ch m’l h’lblang, Sö’nch’n!«, kam es zurück – und jetzt erst dämmerte Jan, wer ihn da angeredet hatte. Denn so sprach nur einer.

    »Meister Gremlin?«, stieß er hervor.
    »Wer sonst, mein Söhnchen, wer sonst!« Meister Gremlin trat nur ein wenig aus dem Schatten des Tores, doch sofort stand der Golem neben ihm. Dessen glühende Augen und das nach oben gereckte Kinn machten unmissverständlich klar, was er mitteilen wollte.
    »Der Kerl hier lässt uns nicht durch, obwohl wir es mit Rabbi Löw besprochen hatten«, rief Meister Gremlin. »Aber er hat halt nur eine Lehmbirne. Wenn er Glück hat, dann ist das Oberstübchen wenigstens porös und zieht Wasser. Dann kommt ein wenig Flüssigkeit unters Schädeldach. Ansonsten wäre ja alles nur hohl und strohig. Brrr!« Der Uralte schüttelte sich.
    Jan freute sich riesig über das unverhoffte Wiedersehen. Langsam begriff er, wen der Rabbi mit Mitstreiter gemeint hatte. Doch zugleich stutzte er. »Habt Ihr nicht eben ›uns‹ gesagt? Wer steht noch dort draußen?«
    Wieder kehrte das Misstrauen zurück. Wenn der Alchemist nun doch mit den Geschöpfen Contrario-Buntfingers gemeinsame Sache machte?
    »Nun, begrüß ihn selber, Sö’nch’n.«
    Aus dem Dunkel des Torbogens schälte sich eine riesige Gestalt: Jakub.
    Er humpelte etwas, doch er lief passabel. »Ich bin zwar nicht so schnell wie dieses Wiesel hier«, er deutete mit dem Daumen auf den Alchemisten, »aber ich nehme es leicht mit jeder Schnirkelschnecke auf.« Er grinste und streckte Jan die Hand hin. »Der Alte hat mich zusammengeflickt. Ein Wunder von einem Arzt, sag ich dir.«
    »Wie seid ihr herausgekommen? Was ist mit Messer Mont passiert? Kniet er immer noch dort im Kerker?«
    Beide lachten. »Nein, Söhnchen, wir haben seine Sänftenträger angewiesen, ihn zu holen. Vielleicht ist er ja mittlerweile
bereits im Magen eines der Untiere verschwunden, die durch die Stadt streifen.«
    In Jan stürmten die Gefühle bergauf. Beinahe hätte er angefangen zu heulen. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Na, dann sag nichts, Söhnchen«, bemerkte der Alchemist. »Oder besser, sag uns, was wir jetzt unternehmen. Rabbi Löw hat uns eben noch informiert, dass wir dich treffen.«
    Jan stutzte erneut. »Wie? Eben?«
    »Kurz bevor du deinen Alabasterkörper hier die Straße heruntergeschleppt hast«, rief Meister Gremlin und lachte.
    »Aber das ist unmöglich. Ich bin gerade eben von ihm weggegangen und habe zuvor die ganze Zeit mit ihm gesprochen.«
    Der Alchemist atmete tief durch. »Es ist so schwer, euch Kurzlebigen etwas von den Möglichkeiten des menschlichen Geistes zu erklären. Natürlich hast du mit ihm gesprochen, wie wir mit ihm gesprochen haben. Natürlich zur selben Zeit. Man nennt das Bilokation, das Vermögen, an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Für den Rabbi eine der leichtesten Übungen, Söhnchen. Vermutlich kann er sogar an drei oder vier Orten gleichzeitig sein, wenn er will.« Er lachte, als müsse er husten.
    »Wir müssen unbedingt die Bilder finden!« stieß Jan hervor. »Sie sind im Rathaus, wenn Julia recht hat. Ansonsten weiß ich keinen Ort, wo wir nach ihnen suchen könnten.«
    »Mhm«, machte der Alchemist. »Dann suchen wir eben Bilder. Los. Wir haben nur wenig Zeit.«
    Jan nickte. »Stimmt. Julia wurde entführt – und ich befürchte das Schlimmste für sie, wenn wir sie nicht bald finden.«
    Überrascht sah Meister Gremlin auf. »Das habe ich nicht damit sagen wollen. Es ist nur … diese Nacht werden wir
erstmals Vollmond haben. Und dieser Vollmond wird unseren Spielzeugen eine Kraft verleihen, die sie unbesiegbar machen

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