Haus der roten Dämonen
Bildhauer. Einer davon war tatsächlich der Bildhauer Hans Mont . Bereits 1580 verlor er ein Auge und musste seinen Beruf aufgeben. Es heißt, er hätte das Auge beim Tennisspielen eingebüßt. Da aber in damaliger Zeit das Tennisspielen mit hohen Wetteinsätzen einherging, konnte es ebenso gut sein, dass er es bei einem Duell mit einem Verlierer oder gar mit einem Gewinner durch Mogelei verloren hat. Hans Mont büßte dadurch sein räumliches Sehen ein, verlegte sich daher
auf die Architektur und ging mit dem Kaiser von Wien nach Prag. Er verließ die Stadt schon ein Jahr später und wurde in Ulm zum obersten Baumeister ernannt. Über sein Aussehen ist weiter nichts bekannt, weshalb ich mir die Freiheit nahm, ihn als sehr korpulent darzustellen.
Auch Giuseppe Arcimboldo gehörte zum Kreis der Künstler um Rudolf II. Er war um einiges älter als der Kaiser und 1527 in Mailand geboren. Letzteres ist der Grund, warum er im Roman immer mit »Messer« angeredet wird. »Messer« ist italienisch oder – mit einem altertümlichen Ausdruck – welsch und heißt einfach »Herr«. Bis zum 17. Jahrhundert war es die Anrede für Männer gehobenen Standes, später wurde diese Anrede auch auf Künstler und Handwerker übertragen.
Bereits seit 1575 war Messer Arcimboldo Hofmaler Rudolfs II. Seine Aufgabe als »Hauskonterfetter«, also als Porträtmaler, war es nicht nur, den Hofstaat und den Kaiser zu malen. Er musste unter anderem auch die Festumzüge zu Fasching gestalten. Dafür erfand er ungewöhnliche und abenteuerliche Figuren, Gewänder und Tiere, wie zum Beispiel einen dreiköpfigen Höllenhund, den Leu meines Romans. Davon gibt es noch heute eine Rötelstiftzeichnung von seiner Hand. Vor allem sein außergewöhnlicher Einfallsreichtum war bei Hochzeiten, Krönungsfeierlichkeiten und Umzügen gefragt. Daneben betätigte Arcimboldo sich als Bühnenbildner und malte Kulissen für Theateraufführungen, arbeitete als Architekt, erdachte als Ingenieur ungewöhnliche Maschinerien und inszenierte kostspielige Feste, auf denen lebende Tiere und Tierattrappen auftraten. Er ließ also im wahren Sinne des Wortes seine Bilder lebendig werden. Sogar mit hydraulischen Maschinen experimentierte er, die Musik in Farbwerte umsetzen sollten.
Zudem malte Arcimboldo völlig verrückte Bilder: Getreidesorten, Fische und Muscheln, Blumen oder Bücher, Gemüse und brennende Kerzen setzte er zu Köpfen zusammen und formte daraus Porträts, seine sogenannten Kompositköpfe . Der berühmteste ist das Bildnis Rudolfs II. als »Gemüsekopf«, der aus verschiedenen Gemüsesorten zusammengesetzt ist. Es wird »Vertumnus« betitelt und hängt heute im Skokloster in Schweden. Der Kaiser war ganz versessen auf solche Porträts, sodass Arcimboldo, der 1587 nach Mailand zurückgehen durfte, um dort seinen Lebensabend zu beschließen, weiter solche Bilder zu liefern hatte.
Prag selbst war Ende des 16. Jahrhunderts eine Stadt voller Geheimnisse. So lebte in der mit Mauern umschlossenen Josefstadt in Prag eine große jüdische Bevölkerung. Sie hatte unter den Beschränkungen der damaligen Zeit sehr zu leiden. Alle Mühsal, die ich im Roman beschreibe, ist zeitgenössischen Berichten entnommen, so etwa die Verordnung, dass Juden, die außerhalb ihrer Mauern einem kleinen Kind begegneten, ihm ein Geschenk zu überreichen hatten. Hatten sie keines parat, mussten sie ihre Kippa als Pfand bei ihm hinterlassen und später gegen ein Geschenk einlösen.
Auch lebte damals tatsächlich Rabbi Judah Löw in der Josefstadt nahe der Altneusynagoge, dem Gotteshaus der jüdischen Gemeinde. Es gibt sie noch heute und sie ist die älteste Synagoge Europas. Der Legende nach sollen sich auf dem Dachboden der Altneusynagoge die Überreste der berühmtesten Prager Sagengestalt befinden, des Golem . Er gilt als roher Geselle mit übermenschlichen Körperkräften. Rabbi Löw soll ihn im Jahr 5340 jüdischer Zeitrechnung, also im Jahr 1580 n. Chr., zum Schutz der Josefstadt aus Lehm erschaffen haben.
Der Rabbi galt nämlich nicht nur als frommer Mann, der
mit seinem diplomatischen Geschick den Juden in Prag als Gemeindevorsteher diente, sondern auch als Zauberkünstler, der sich immer wieder heimlich mit Rudolf II. getroffen hat. Rabbi Löw ist auf dem Alten Friedhof in Prag beigesetzt. Zu seinem Grabstein pilgern noch heute die Gläubigen.
Der Rabbi besitzt in meinem Roman das geheimnisumwitterte »Necronomicon« , das Buch des Abdul Al’hazred. Dieses Buch gibt es nur in
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