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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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mit Kopfschmerzen. Sie lag auf der Pritsche des Studenten. Seine Stimme hörte sie irgendwo hinter sich. Vermutlich saß er am Schreibpult.
    »Wo bin ich hier?«, fragte sie, obwohl sie genau wusste, wo sie war.
    »Ihr seid ohnmächtig geworden. Gott sei Dank konnte ich Euch auffangen. Und weil Euer Vater zu tun hatte, habe
ich Euch … zu mir in die Kammer genommen. Ich …« Ein wenig verlegen kratzte Jaroslav mit dem Fuß auf den Dielen herum. »… ich konnte Euch ja schließlich nicht in Euer Zimmer tragen.«
    Julia dachte kurz nach und nickte. Das war tatsächlich unmöglich. Nicht dass ihr Jungmädchenzimmer mit weiblichen Geheimnissen vollgestellt gewesen wäre. Aber er hätte Julia durch das Schlafgemach der Eltern tragen müssen. Das wäre im höchsten Maße unschicklich gewesen. Wobei es ebenso unschicklich war, im Zimmer dieses Junggesellen zu liegen. Dazu in dessen Bett.
    Sie rappelte sich auf und strich ihr Kleid glatt, das vom Fallen und Tragen zerknittert und verrutscht war. Sie bemerkte die Feuchtigkeit auf ihrem Gesicht und drehte sich verlegen von Jaroslav weg, bis sie sich trocken gewischt hatte. Doch der starrte, als sie sich wieder zu ihm umdrehte, nur in seine Bücher und interessierte sich nicht für ihre Tränen.
    »Wie lange …«, fragte sie zögernd.
    »Vielleicht eine Viertelstunde. Der … Tod hat Euch wohl sehr zugesetzt?«, sagte der Scholar, ohne vom Pult aufzusehen.
    »Irgendwann hat es so kommen müssen. Großvater hat immer gesagt, dass niemand ewig lebt und dass es gut so ist. Sonst gäbe es keinen Wandel auf dieser Welt. Das Junge muss das Alte ablösen. Nicht nur ablösen, sondern das Alte muss verschwinden, damit für das Neue Platz ist.« Julia stockte, als sie sich selbst so reden hörte. Doch ihren letzten Satz, den Großvater selbst immer ans Ende solcher Gedanken gestellt hatte, wiederholte sie nur flüsternd. »Er war schon alt.«
    »Ein paar Jahre hätte er womöglich noch bei seiner Enkelin verbringen können«, stieß Jaroslav zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sein Finger pochte mehrmals
auf eine Stelle in dem Buch, das er gerade studierte. »Dieser Mistkerl, dieser Quacksalber … er ist ein Nekromant!« Sein Fingernagel bohrte sich in den vor ihm liegenden Text, als wolle er ihn aufspießen.
    Julia beobachtete den Scholaren genau. »Was ist ein Nekromant?« Sie hatte den Begriff schon einmal gehört, doch sie konnte nichts mit ihm anfangen.
    »Ach was«, sagte der Student leichthin und wischte mit einer Handbewegung die düsteren Wolken vor seinen Augen weg. »Euch geht es gut. Und Euer Großvater war wirklich alt.«
    Julia bemerkte sehr wohl, dass Jaroslav nicht meinte, was er sagte.
    »Ihr seid mir eine Antwort schuldig, Jaroslav!« Julia stand auf und stützte die Hände in die Hüften. Sie schwankte noch etwas, fand jedoch rasch ihre Sicherheit wieder.
    Der Student hob endlich den Kopf und musterte sie lange. Schließlich spielte ein Lächeln um seine Lippen. Doch dann wurden seine Augen glasig, und er blickte in die Ferne, als suche er in der Ewigkeit einen Horizont. »Ihr müsst mir etwas versprechen, Julia.«
    Der plötzliche Ernst in der Stimme des Scholaren verursachte bei Julia ein stoßweises Lachen. Sie wollte es nicht, konnte es aber nicht verhindern.
    »Lacht mich nicht aus. Ich meine es ernst«, flüsterte der Student und beugte sich wieder über die Schrift vor ihm. Sein Kopf senkte sich noch tiefer.
    »Warum sollte ich Euch etwas versprechen? Wie käme ich dazu?« Sie wollte spöttisch klingen, was ihr nicht recht gelang. Jaroslavs Ton klang, als wäre er ihr Vater, der Braumeister und Zunftobere – und das war er nun gewiss nicht.
    »Geht diesem … diesem merkwürdigen Bader … Heilkünstler … Arzt oder wie Ihr ihn nennen mögt aus dem
Weg. Vermeidet es, mit ihm zusammenzutreffen. Hütet Euch vor seinem Blick und … vor allem … vor seiner Hand …« Jaroslav musste husten und sein Blick kehrte in die Gegenwart zurück. »Was …«, er fuhr sich mit einer Hand über die Augen und verscheuchte die Bilder, die dort wohl noch umhergeisterten.
    »Was habt Ihr gesagt?«, fragte sie erstaunt.
    »Ich … ich kann mich nicht erinnern«, gestand der Student sichtlich verwirrt.
    Julia fröstelte. Was sie eben erlebt hatte, war etwas gewesen, von dem der Großvater ihr erzählt hatte: Der Scholar war von einer Vision heimgesucht worden. Nur wenigen Menschen war diese Gabe gegeben.
    Jaroslav ließ seinen Blick hilflos durchs Zimmer gleiten, bis

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