Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
Vom Netzwerk:
auf den Vorplatz hinaus und wandte sich dann nach rechts den Hügel hinauf zum Haus Arcimboldos.
    Die Frage des Malers hallte jedoch in seinem Kopf nach: »Wie hatte Messer Arcimboldo das gemacht?« Er schwor sich, die Augen aufzuhalten, um hinter dieses Geheimnis seines Meisters zu kommen.

8
    Bei Judah Löw
    N ebel lag über der Moldau und drängte sich gegen die fermauern, ohne sie zu übersteigen. Es war, als wären alle Gebäude und die Brücke selbst ins Nichts gebaut und schwebten über der Welt. Von der Karlsbrücke aus konnte Julia am Beginn des Moldauknies die Mauer und zwei ihrer sieben Tore erkennen, mit der die Judensiedlung umfriedet und von der Stadt getrennt war. Die Häuser ragten darüber hinaus, vor allem die treppenförmigen Giebel der Altneusynagoge.
    Julia war gar nicht wohl bei dem Gedanken an die Josefstadt. Sie würde den Weg am Ufer entlang gehen müssen. Das Mädchen hatte einen Korb dabei, in den Marga das Huhn und einen Krug Wein gelegt hatte. Der Krug machte den Korb schwer. Er zerrte am Arm und wollte abgesetzt werden. Doch Julia getraute sich nicht. Gerade am Ufer entlang sammelte sich das Gesindel der Stadt.
    Prag, das waren nicht nur der Hof und seine Bediensteten, nicht nur die Mitglieder des Hofstaats, die Diplomaten und Gesandten, nicht nur reiche Bürger und Handwerker, sondern auch ein ganzes Heer von Bettlern. Ihr Vater hatte schon gespottet, wenn Kaiser Rudolf einstmals ein Heer nötig hätte, sollte er den Bettlern und Almosenempfängern der Stadt nur eine Wurst und ein Stück Land seiner Gegner versprechen, und schon könnte er mit den so rekrutierten Heerscharen alle Feinde des Abendlandes hinwegfegen.
    Julia drückte den schweren Korb an sich und versuchte, so schnell es ihre Beine zuließen, in die Judenstadt zu gelangen. Dort wäre sie vor Übergriffen und Anfeindungen sicher,
das wusste sie. Die dort ansässigen Bewohner waren freundlich und auf Vorsicht bedacht. Zwar hatten sie unter der Herrschaft des Kaisers nicht zu leiden und lebten in Prag ein angenehmes und sicheres Leben, doch gab es so manche Schikane. Außerhalb der Mauern würde sie keinem Juden begegnen, hatte Marga erzählt, da alle Davidgeborenen, die außerhalb ihrer Mauern einem kleinen Kind begegneten, ihm ein Geschenk überreichen müssten. Hätten sie keines parat, müssten sie ihre Kippa als Pfand bei ihm hinterlassen, damit es diese gegen ein Geschenk einlösen könnte.
    Julia hatte so etwas noch nicht erlebt und glaubte auch nicht an solche Märchen. Sie wollte einfach nur zur Altneusynagoge und dort nach Rabbi Löw fragen. Nachdem sie das Eingangstor zur Karlsbrücke durchschritten und die Brücke überquert hatte und schließlich wieder durch den Torturm geschlüpft war, wandte sie sich nach Norden und beschleunigte ihre Schritte.
    Zwischen der Brücke und dem ersten Tor der Judenstadt führte der Weg direkt am Moldauufer entlang. Der Nebel, der zuerst nur ihre Fesseln umspielt hatte, stieg höher und bald war sie völlig von ihm umhüllt. Einerseits half ihr das, denn die Feuchtigkeit verschluckte den Klang ihrer Schritte beinahe ganz und sie war kaum zu sehen. Andererseits konnte auch sie selbst in dieser wabernden Milchsuppe kaum etwas erkennen. Bevor sich die Mauer der Judenstadt ihrem Blick entzogen hatte, hatte sie die Entfernung abgeschätzt. Jetzt lief sie und zählte ihre Schritte und glaubte schon, nahe der Mauer zu sein, als sie aus dem wabernden Dunst eine Stimme anredete.
    »Wohin so eilig bei diesem Wetter?«
    Julia zuckte zusammen. Die Stimme klang, als würde man auf dem Stein der Karlsbrücke ein Stück Glas reiben.

    Irritiert sah sie um sich, weil sie wegen des undurchdringlichen Nebels nicht sagen konnte, woher die Stimme kam. Julia drückte ihren Korb enger an sich und blieb einfach stehen. Sie getraute sich nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Aus dem Dunst vor ihr löste sich ein Schemen und versperrte ihr den Weg. Er trat näher und Julia erkannte einen Bettler. Er stützte sich auf einen starken Ast mit einer Gabelung, in die er die Achsel gelegt hatte. Ihm fehlte ein Bein und die Haut auf den Armen war rot und schorfig. Über den Kopf hatte er sich einen Lumpen gelegt, sodass man sein Gesicht nicht recht erkennen konnte.
    »Bist du stumm, Kind?« Der Fremde humpelte erneut zwei Schritte näher. Mit der Nähe kam auch der Gestank. Der Kerl roch nach Verwesung, als würde er bei lebendigem Leib verfaulen.
    Julia wollte sich nicht die Nase zuhalten, um den Bettler nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher