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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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sein Meister Contrario am Ärmel packte und zum Ausgang zerrte. In Contrarios Mimik entdeckte er einen Ausdruck des Schmerzes, wie ihn geschlagene Kreaturen an sich haben, die sich gegen einen übermächtigen Gegner nicht zu wehren vermögen. In diesem Moment empfand er nichts als Mitleid für den sonst so mürrischen Zeitgenossen.
    Rasch lief er zu der Halbsäule und sammelte die Überreste
ein. Der Spannrahmen aus Holz hing noch an der Leinwand. Neugierig geworden, betrachtete er die Malfläche und entdeckte, dass die umgebende Wildnis, in die der Dämon gestellt worden war, nur flüchtig ausgeführt war. Detailreich ausgeführt war nur der Mittelteil gewesen und der war jetzt verschwunden. Contrario hatte das Zentrum des Bildes mit seinem Alkoholschwamm restlos ausgelöscht. Nur an der Vorzeichnung, die mit einem Stift in den weichen Kreidegrund eingedrückt war, ließ sich das Tier erahnen, das sich dort befunden haben musste. Diese Strichzeichnung dämpfte in Jan jeglichen Zweifel. Es war die Chimäre. Zugleich stachelte die Entdeckung in ihm die Neugier an. Und schon tauchte die Frage wieder auf, die ihm eben schon einmal durch den Kopf gegangen war: Warum war Messer Arcimboldo eben so ärgerlich geworden?
    Dann kehrten die Bilder wieder: die Kreatur, Contrario, das Zerschmettern des Gemäldes. Im selben Augenblick wusste er auch, dass er eine Antwort nur bekäme, wenn er den beiden Männern folgte. Ihm wurde auch bewusst, warum er hier die nutzlosen Trümmer zusammensammelte. Messer Arcimboldo hatte ihn loswerden wollen.
    So rasch, wie es die flatternde Leinwand und die sperrigen Rahmenteile zuließen, folgte er dem Adlatus und seinem Meister. Sie waren in einem Nebenraum verschwunden, von dem aus eine Wendeltreppe nach unten führte. Jan hastete ihnen hinterher und sprang, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. Einmal rutschte ihm eines der Holzteile aus dem Arm und hätte ihn beinahe stolpern lassen, doch er fing sich gerade noch rechtzeitig.
    Als er das Rahmenteil aufsammelte und sich bückte, hörte er nahe des Bodens Meister Arcimboldo fluchen.
    Als er sich aufrichtete, waren die Stimmen verschwunden. Zuerst glaubte Jan an eine Sinnestäuschung – nachdem
er jedoch sein Ohr in die Nähe der inneren Wendel gebracht hatte, vernahm er die Stimmen erneut. Die Säule übertrug das Gespräch.
    »Herrgott, wer hat diese Bestie noch schlimmer gemacht, als sie ohnehin schon war? Sie hätte den Ritter beinahe umgebracht. Hast du wieder deine Finger im Spiel gehabt?«
    »Herr, Ihr müsst mir glauben. Ich male nicht mehr, seid Ihr es mir verboten habt!«, hörte Jan die zaghafte Stimme Contrarios. Sofort schlug sein Mitleid in Ablehnung um. Die Behauptung des Adlatus war eine glatte Lüge. Er selbst hatte ihn gestern Nacht an der Leinwand sitzen sehen.
    Nachdem Jan hatte feststellen müssen, dass sein Meister noch immer in seiner Werkstatt im ersten Stock arbeitete, war er die Treppe wieder hinuntergestiegen. Dabei hatte er zuerst am Zimmer des Adlatus gehorcht und dann durch das Schlüsselloch hindurchgespäht. Wie ein kleines Fenster hatte es gewirkt, weil dahinter helllichter Tag gewesen war, so viele Kerzen hatten gebrannt. Der Adlatus hatte, einen Pinsel im Mund, einen zweiten und dritten in der linken Hand und die Palette in der rechten, an einer Staffelei gesessen und gemalt. Einmal sogar hatte er mit der Zungenspitze den Pinsel befeuchtet, bevor er ihn in die Farbe getaucht hatte. Jan konnte sich sehr gut daran erinnern.
    Aber jetzt waren die Stimmen plötzlich wieder verschwunden. Jan schreckte auf. Wo waren sie abgeblieben? Eine Tür schlug zu und er horchte dem dumpfen Ton nach. Dann erinnerte er sich an das Tor, das hinausführte auf einen tiefer liegenden Palasthof, der von den Wasserspeiern des Veitdoms und von einem riesigen Löwenkopf bewacht wurde. Die beiden Männer hatten den Palast verlassen.
    Jan wurde aus dem Streit und den Anschuldigungen seines Meisters nicht recht schlau. Warum sollte Contrario-Buntfinger abstreiten, dass er malte? Und das als Adlatus
eines Pinselmeisters! Das war ebenso, als würde ein Bäckergehilfe abstreiten, mit Mehl zu backen. »Da muss etwas faul sein!«, sagte er halblaut zu sich selbst und sah sofort um sich, ob ihn nicht jemand belauscht hatte. Denn eines hatte er bei Hajek gelernt: Was man aussprach, machte die Runde. Wollte man etwas verbergen, durfte man mit niemandem darüber reden, nicht einmal halblaut mit sich selbst. Doch außer ihm

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