Haus der Sonne
Anflugvektoren, Windrichtungen und anderen Pilotendrek ersetzt. Ich nahm es ihm jedoch nicht übel. Bei genauerem Hinsehen war mir lieber, er wußte, was los war, als ich.
Neben mir zog Akaku'akanene immer noch ihren Ba-lance-Akt ab. Sie hielt das Gleichgewicht besser als ich, obwohl sie sich nirgendwo festhielt. Ihre Augen waren immer noch geschlossen, und im Licht der Instrumententafeln konnte ich eine Schweißperle sehen, die ihr die Schläfe herunterlief. Gott, plötzlich wünschte ich mir, ich wüßte, was sie tat... natürlich auch, um zu begreifen, aber in erster Linie, um ihr zu helfen. Den Bewegungen der Merlin nach zu urteilen, hatte sie zumindest einige der Gewittergeister - oder worum es sich handelte -davon überzeugt, daß wir keine Gefahr für das ›Gefüge‹ oder die ›Struktur‹ darstellten. Wenn meine zusätzliche Konzentration dabei hätte helfen können, auch die übrigen zu überzeugen - oder diejenigen, die sie bereits überzeugt hatte, davon abzuhalten, ihre Meinung wieder zu ändern -, hätte ich sie ihr mit Freuden zur Verfügung gestellt.
Außerhalb der Kanzel, auf die der Regen immer noch unvermindert niederging, war die Schwärze ungebrochen. Wir befanden uns immer noch inmitten der Gewitterwolken, die sich vor ein paar Stunden zusammengeballt hatten. Im stillen dankte ich allen Göttern, die es geben mochte, daß es keine Blitze gab.
Ich hätte mich fast auf den Hintern gesetzt, als die Nase der Merlin steil aufwärts ruckte. Das Kreischen der Triebwerke hinter mir und zu beiden Seiten veränderte sich. Eine schematische Computerdarstellung auf der Steuerkonsole bestätigte, was ich mir bereits gedacht hatte: Die Flügel drehten sich wieder, und das Flugzeug wechselte von Vorwärtsflug auf Start/Lande-Modus. Wir befanden uns im Landeanflug. Ich holte Luft, um den Soldaten eine entsprechende Nachricht zuzurufen ...
Und hätte fast meine Zunge verschluckt. Ohne Warnung durchstieß die Merlin die Decke aus wallenden schwarzen Wolken. Zum erstenmal konnte ich den Gipfel und die Krater des Haleakala mit eigenen Augen und ohne die Hilfe dazwischengeschalteter Infrarot-Kameras sehen.
Erster Eindruck: Ihr Geister, was für ein gottverlassenes Höllenloch von einer Einöde. Nichts wuchs. Nichts lebte - nichts schien je hier gelebt zu haben. Nur kahle Felsen - zerklüftete, steile Hänge. Schlacke-Kegel. Erhebungen aus verfestigtem Magma. Abschüssige Hänge, senkrechte Klippen... Kilometer um Kilometer Mondlandschaft. Einen Augenblick lang wußte ich nicht, warum ich an die Mondoberfläche gedacht hatte, aber dann fiel es mir wieder ein. Vor fast einem Jahrhundert, als die NASA ihr Mondauto testete, hatte sie sich den Haleakala-Krater als Testgelände ausgesucht, weil er der zerklüfteten Einöde des Mondes auf diesem Planeten am nächsten kam.
Zweiter Eindruck: Heiliger Drek, ich konnte Kilometer um Kilometer dieser Mondlandschaft sehen... und dazu hätte ich nicht in der Lage sein dürfen. Wir befanden uns auf dem Gipfel eines verdammten Berges in dreitausend Metern Höhe, und die Wolkendecke war so dicht, daß kein einziges Photon des Mondlichts eine Chance hatte, hierher durchzukommen. Und doch war die ganze verfluchte Gegend erleuchtet - nicht so hell wie der lichte Tag, aber ungefähr so wie bei Dämmerung.
Außerdem war die Beleuchtung ziemlich sonderbar: kalt, wesenlos, flackernd, abnehmend und zunehmend. Ich konnte den Ursprung des Lichts vor uns ausmachen - ein Gebiet, das wie das absolute Chaos aussah. Licht wogte und wallte in den Tiefen des Kraters, als sei es eine Flüssigkeit. Das Licht erstreckte sich in einer ätherischen Fächergestalt in den Himmel, und die Luft selbst schien in einem perlmuttartigen Glanz zu leuchten. Dies mußte die optische Entsprechung zu der Hitzeblume sein, die mir das Infrarot gezeigt hatte.
Inmitten des wallenden, wogenden Lichts befanden sich strahlend leuchtende Flecken, die sich nicht bewegten und viel heller waren als das wabernde Licht, das sie umgab... aber irgendwie auch steril, ja tot wirkten. Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, daß es sich bei diesen Flecken um künstliche Lichtquellen handelte, Bogenlampen, die von den Kahunas des Projekts ›Sonnen-feuer‹ aufgestellt worden waren, damit sie den Vorgang inszenieren konnten, der jetzt einen ziemlich fortgeschrittenen Eindruck machte.
Irgend etwas blitzte auf und raste mit unglaublicher Geschwindigkeit an der Kanzel der Merlin vorbei. Es schien sich um eine Masse aus
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