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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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mir trotz meiner geistigen Desorientierung klar. Die Merlin verlor an Höhe, und zwar schnell. Irgendwie hatte es der Pilot geschafft, die rechte Flügelspitze wieder hochzuziehen, aber es war ihm einfach unmöglich, den angeschlagenen Vogel noch viel länger in der Luft zu halten.
    Zum letztenmal funkelte mich der Copilot mit seinen glühenden Augen an und befahl: »Zurück nach hinten und anschnallen!«
    Diesmal verspürte ich keinerlei Bedürfnis, mit ihm zu streiten. Ich rappelte mich auf und zog die federleichte Akaku'akanene mit mir. Dann taumelte ich durch die Tür in die Passagierkabine. Ich stieß die alte Frau in meinen alten Sitz neben Alana Kono. »Schnallen Sie sie an«, sagte ich zu der Messerklaue.
    Die Merlin sackte durch, und mir war klar, daß ich selbst es nicht mehr bis zu einem freien Sitz schaffen würde, nicht mehr rechtzeitig. Akaku'akanenes Sitz befand sich ein ziemliches Stück weiter hinten. So, wie der Vogel in der Luft schwankte und taumelte, hatte ich nicht die geringste Chance, an den Beinen und Ausrüstungsgegenständen vorbeizukommen, die den Weg dorthin versperrten, und mich mit dem Vierpunktgurt anzuschnallen, bevor wir aufprallten. Instinktiv drehte ich mich um. Durch die Pilotenkanzel konnte ich den zerklüfteten, felsigen Boden sehen, der auf uns zurauschte. Drek, ich hatte noch weniger Zeit, als ich gedacht hatte...
    Jemand anders erkannte es ebenfalls - einer der jungen, auf Hochglanz polierten Soldaten, der Bursche, der neben Louis Pohaku saß. Er hieb mit der Faust auf den Öffnungsmechanismus seines Vierpunktgurts und sprang auf. »Setzen!« schrie er mich an, dann verlieh er seinem Befehl Nachdruck, indem er mich auf den Sitz stieß. Meine Finger fummelten an dem Gurt herum und versuchten ihn richtig umzulegen und zu schließen. Entschlossene Hände stießen meine beiseite und bewältigten den Vorgang viel schneller, als ich dazu je in der Lage gewesen wäre. In dem matten Licht sah ich dem Soldaten ins Gesicht. Er war noch ein Junge, höchstens zwanzig. Schneidig und eifrig. Er lächelte, als ich ihm zu danken versuchte.
    Und dann schlugen wir auf.

25
    Ich weiß nicht, wie lange ich bewußtlos war. Ein paar Sekunden, vielleicht fünf. Mein Hinterkopf fühlte sich zermatscht an, wo er gegen die Wandung geknallt war, und der Vierpunktgurt übte schmerzhaften Druck auf meine verletzte Schulter aus. Trotzdem, ich lebte noch, das allein zählte. Mein Wohltäter, der milchgesichtige Soldat...
    Tja, er lebte nicht mehr. Ohne Halt war er beim Aufprall gegen die Wandung geschleudert worden. Er lag da wie eine verdrehte Puppe, den Rücken auf unmögliche Weise gebeugt und das Gesicht blutverschmiert. Ich sah weg und schluckte die Galle herunter, die in mir hochstieg.
    Pilot und Copilot war es nicht besser ergangen, sah ich. Die Nase der Merlin war gegen einen hausgroßen Felsen geprallt und durch den Aufprall zusammengequetscht worden. Die Kanzel sah wie eine Szene aus Splatterpunk VI aus, da aus der Besatzung jegliche Ähnlichkeit mit einer menschlichen Gestalt herausgequetscht worden war.
    Im hinteren Teil des Wracks schien sich einer der Soldaten unter Kontrolle zu haben. Es war ein älterer Mann, der mit der Waffe in der Hand aufgesprungen war und seinen Zug anbrüllte. (Ein Sergeant? Oder wurde im hawai'ianischen Militär ein Zug von einem anderen Dienstgrad kommandiert?) »E hele!« bellte er. »Los, los, los!«
    Um mich herum griff jetzt die militärische Ausbildung. Die jungen Soldaten mußten fast so erschüttert sein wie ich, aber wenn man von einem Vorgesetzten angebrüllt wird, bedarf es keiner intellektuellen Leistung, um zu gehorchen. Tief verwurzelte Reflexe übernehmen. Soldaten befreiten sich von ihren Gurten, sprangen auf und überprüften ihre Waffen. Pohaku und Kono ebenfalls. Die einzigen, die nicht reagierten, waren ich selbst, Akaku'akanene und der tote Soldat, der zusammengekrümmt im Gang lag. Der Sergeant brüllte erneut ...
    Und meine eigene Ausbildung meldete sich zu Wort wie ein Geist aus der Vergangenheit. Keine Militärausbildung, aber das Zweitbeste, Lone Star. Ich löste meinen Gurt, und meine Reflexe ließen mich aufspringen. Ich sah mich nach dem Ausgang um. Es gab nur die eine Tür in der Wandung, durch die wir eingestiegen waren. Das ergab nicht besonders viel Sinn, oder? Wie sollte man Kampftruppen ausladen - möglicherweise sogar unter Beschuß -, wenn einem dafür nur eine armselige kleine Ausstiegluke zur Verfügung stand?
    Eine

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