Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
spüren, die 400 Meter von meinem Felsen entfernt gewirkt wurde, die fast grenzenlose Kraft, die hier nutzbar gemacht wurde. Vor wenigen Minuten hatte mir Akaku'akanene gesagt, die Tänzer seien weit mit ihrem Ritual gekommen. Jetzt brauchte ich keine Schamanin mehr, um zu erkennen, daß sich das Ritual seinem Höhepunkt näherte.
    Ich mußte etwas tun, und zwar sofort ! Was hatten mir noch Wanzen-Bubi und Akaku'akanene gesagt? Daß ich in diese ach so wichtige Struktur eingewoben war, von der sie immer schwafelten? Und daß ich Einfluß hatte und sich die Ereignisse um meine Person entwickelten (oder ähnlichen Drek)? Tja, der Zeitpunkt war gekommen herauszufinden, ob sie die Wahrheit gesagt oder mir kanike erzählt hatten.
    Ich hockte mich mit dem Rücken gegen den feuerversengten und eisüberschütteten Felsen, nahm das Sturmgewehr in die linke Hand und stemmte den Kolben gegen die Rippen unter dem Arm. In die rechte Hand nahm ich die Granatwerfer-Pistole, die ich von meinem toten Wohltäter an Bord der Merlin requiriert hatte. (Daisho, dachte ich, als mir plötzlich mein Freund Ar-gent einfiel. Er hätte meiner Waffen-Verteilung zugestimmt. Die automatische Waffe - die eine ganze Gegend im Nu völlig verwüsten kann - in die ungeübte Hand, mit der man nicht so treffsicher ist. Soll die größere Kraft des Cyberarms mit dem Rückschlag fertigwerden. Die Einzelschußwaffe in die Hand, mit der ich normalerweise schieße.)
    Ich verdrängte diese Gedanken. Sie waren nur Versuche meines Hirns, den Moment aufzuschieben, in dem es in seine Atome zerlegt werden mochte. Ich vergewisserte mich, daß beide Waffen durchgeladen und entsichert waren. Und ich sprang hinter meiner Deckung hervor wie eine Tontaube auf einem Schießstand.
    Der Kahuna erwartete mich. Kaum tauchte ich hinter dem Felsen auf, begann er mit einem schlurfenden Tanz, und ich sah, wie sich ein Nimbus der Kraft um ihn bildete. Mit derselben übernatürlichen Klarheit des Blicks, in deren Genuß ich schon zuvor gekommen war, sah ich ihn in einem häßlichen Lächeln die Zähne blecken.
    Nun, sollte er sich damit vergnügen. Aus der Hüfte schoß ich eine Granate aus dem Werfer ab. Der Rückschlag war grotesk, und das Ding, das im Flugzeug in meiner Schulter geknirscht hatte, machte sich deutlich bemerkbar. Trotz des gewaltigen Rückschlags flog die Minigranate so langsam, daß ich ihre Flugbahn verfolgen und sehen konnte, wie sie unter dem Einfluß der Schwerkraft einen sanften Bogen beschrieb. Der Schuß war zu kurz, aber die Explosion und die Splitter mochten dem Schamanen dennoch so sehr zu denken geben, daß er vorübergehend vergaß, mich zu geeken.
    Der Schuß war tatsächlich zu kurz. Oder zumindest wäre er zu kurz gewesen, wenn die Granate nicht zuvor gegen eine unsichtbare Barriere zwischen mir und dem Schamanen geprallt wäre, etwa fünf Meter vor meinem lendenbetuchten Gegenspieler. Die Granate explodierte und hüllte das ganze Gelände in eine Wolke dichten, schweren Rauchs. Ach, Drek... In meiner unendlichen Enttäuschung hätte ich den Werfer beinahe weggeschleudert. Ich hatte mir eine Waffe ausgesucht, die mit einem vollen Magazin verdammter Rauchgranatm geladen war! Wäre ich der Ansicht gewesen, meine Lebenserwartimg betrage mehr als ein paar Sekunden, hätte ich mich wahrscheinlich für meine Dummheit geschämt. Ich hatte nicht einmal die verdammte Munition überprüft!
    Wie ging der uralte Witz noch? Tod ist besser als Versagen, weil man mit dem Versagen leben muß. Die Chancen standen gut, daß sich dieses Problem für mich nicht stellen würde. Ich gab einen kurzen Feuerstoß mit dem Sturmgewehr ab, während ich vorwärtslief, obwohl ich wußte, daß die Kugeln von derselben unsichtbaren Barriere abprallen würden, die auch die Granate aufgehalten hatte. Aber welche andere Wahl hatte ich? Sollte ich einfach stehen bleiben und darauf warten, daß der Zauber des Schamanen durch die dichte Rauchwolke fuhr und mich geekte?
    Augenblick mal... Durch die dichte Rauchwolke?
    Und da kam mir die Erkenntnis. Ich konnte den Schamanen wegen des Rauchs nicht sehen. Und wenn ich ihn nicht sehen konnte, konnte er mich auch nicht sehen. Und -letzter Schritt in der logischen Kette, die vielleicht meinen traurigen Hintern rettete - Magie funktioniert nur bei direkter Sichtverbindung. Man kann nicht geeken, was man nicht sieht...
    Ich glaube, ich jubelte in einer Art schrecklicher Freude, als ich die Granatpistole wieder hochriß und Granate um Granate

Weitere Kostenlose Bücher