Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
gegen die unsichtbare Barriere vor dem Kahuna jagte, bis das Magazin leer war. Der Schamane begriff sehr rasch, was ich tat. Aus dem Nichts wehte plötzlich ein Hexenwind und peitschte über die zerklüfteten Felsen. Aber Rauchgranaten explodieren nicht einfach in einer Rauchwolke, und das war's. Nein, sie rauchen und qualmen noch für ein paar Sekunden nach der Explosion weiter. Der zahme Wind des Schamanen mochte den Rauch wegblasen, der bereits entstanden war, aber auf dem Boden zwischen ihm und mir lag mittlerweile ein halbes Dutzend Granaten, aus denen immer noch dichte Rauchwolken quollen.
    Während ich die Granatwerfer-Pistole leerschoß, rannte ich über das offene Gelände, so schnell mich meine langen Beine trugen. Ich konzentrierte mich in erster Linie auf die Rauchwolke - und indirekt auch auf den zweifellos genervten Kahuna dahinter aber ich kam nicht umhin, zur Kenntnis zu nehmen, was sonst noch um mich herum vorging.
    Was für meinen ungeschulten Verstand eine ziemlich nahe Annäherung an die Hölle war, die sich darauf vor- bereitete, mit Pauken und Trompeten loszubrechen. Das Tempo des Tanzes hatte zugenommen, etwa von einem Menuett zu einem Chiphead, der zu Shag-Rock ausflippte und gleichzeitig an Schüttelfrost litt. Die Tänzer bewegten sich in einem zwanzig Meter durchmessenden Kreis gegen den Uhrzeigersinn. Um sie herum schimmerte die Luft vor Macht, als brenne jedes Molekül in seinem eigenen schwachen Hexenlicht.
    Im Laufen fiel mir zum erstenmal auf, daß sich die pyrotechnischen Effekte nicht um den Kreis der Tänzer zentrierten, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Nein, ganz und gar nicht. Der Feuerfächer - die Blume aus Licht und Hitze, die ich zuerst auf der Infrarotanzeige der Merlin gesehen hatte - hatte ihren Ursprung an einer Stelle, die gut fünfzig Meter vom Zentrum des Tanzes entfernt war. Dort lag das wirkliche Zentrum der Macht. Die Tänzer befanden sich am Rande seines Nimbus, aber der eigentliche Mittelpunkt lag außerhalb des Kreises.
    Dort - in diesem Mittelpunkt - fanden die wirklich verrückten Sachen statt. Dort leuchtete die Luft mit solcher Intensität - nicht Helligkeit als solcher, sondern Intensität ... und das ist ein Unterschied -, daß sie einen festen Eindruck machte: Gase, die so weit gekühlt wurden, daß sie kristalline Form annahmen, und dann leuchteten die Kristalle von innen. Über diesem Mittelpunkt wölbte sich die wogende, wirbelnde Wolkendecke nach unten, als sei das Zentrum des Leuchtens ein teilweises Vakuum, das Luft und Wolken aufsog. Elektrische Entladungen blitzten innerhalb der Wolkendecke und aus den Wolken herab zum Boden. Sie blitzten durch und inmitten der Dutzenden von Hütergeistern, die immer noch in ihrem Annäherungs-Ausweich-Schema um den Tanz und um den Mittelpunkt wirbelten. Meine Ohren waren vom Heulen und Kreischen jener Geister erfüllt. Hinzu kamen die titanischen Peitschenschläge der elektrischen Entladungen und das tiefe, fundamentale Pulsieren, das sich sowohl durch die Felsen als auch durch die Luft fortpflanzte.
    Das Licht war zwar hell, aber die elektrischen Entladungen waren unendlich viel heller. Jedesmal wenn sie aufblitzten, ließen sie die Bewegungen im Krater erstarren wie das Blitzlicht eines Fotografen. Sie ließen meine Glieder erstarren, sie ließen die dahintreibenden Rauchwolken erstarren, sie ließen die Bewegungen der Tänzer erstarren...
    Und sie ließen die Bewegungen der Felsen um mich erstarren. Denn die Felsen bewegten sich tatsächlich - langsam, unbeholfen. Ich konnte ihnen keine Aufmerksamkeit widmen, aber aus dem Augenwinkel nahm ich doch einige Einzelheiten wahr. Es waren Felsbrocken gewesen, das wußte ich. Aber - und das war eine Einzelheit - sie sahen nicht mehr wie unbelebte Felsbrocken aus. Nein, sie sahen wie große Tiere, wie titanische Hunde aus, die man im Zuge irgendeines gräßlichen Züchtungsexperiments mit dem Gestein der Erde gekreuzt hatte. Manchmal spürte ich ihre Blicke auf mir ruhen und die Intensität ihres Hasses. Aber ich spürte auch, daß sich dieser Haß nicht gegen mich richtete. Ich war unwichtig für sie, das wußte ich, nur ein weiteres Merkmal ihrer Umgebung wie die abgestürzte Merlin oder die Wolken am Himmel. Ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich ausschließlich auf den Tanz und auf die Kristallfeuer-Luft am Mittelpunkt. Sie bewegten sich langsam, aber unaufhaltsam. Irgendwann würden sie ihr Ziel erreichen - in meinem tiefsten Innern wußte ich das. Was

Weitere Kostenlose Bücher