Haus der Sünde
zumindest mehr oder weniger, bis meine natürliche Haarfarbe wieder durchkommt. Ich brauche jemanden, der mir hilft, es überall gleichmäßig zu verteilen.« Sie sah Claudia mit einem freundlichen Lächeln an, wobei ihre grauen Augen ganz groß wurden.
»Ich helfe dir natürlich gern«, sagte Claudia. Der Gedanke
daran hatte etwas seltsam Erregendes. »Aber am besten fangen wir dann so bald wie möglich an, sodass es vor dem Schlafengehen noch trocknet.« Zu ihrem großen Entsetzen merkte sie, wie sie errötete. Allein der Gedanke an ein Bett schien den Raum, in dem sie alle drei saßen, in Schwingungen zu versetzen.
Paul erhob sich und auch die beiden Frauen standen auf. »Während ihr euch um die Verwandlung kümmert, könnte ich doch vielleicht ein kleines Abendessen für uns zubereiten«, schlug er vor.
Claudia drehte sich ein wenig überrascht zu ihm hin. »Weißt du denn, wie man das macht?« Sie sah ihn aufmerksam an und versuchte herauszufinden, ob er sich durch seinen Vorschlag wohl verraten hatte. Doch dann fühlte sie sich sogleich wieder schuldig, da sie den Zweifel, den sie hegte, einfach nicht abzuschütteln vermochte. »Kannst du dich daran erinnern, wie du früher gekocht hast?«
Paul grinste und schien sich keine großen Gedanken zu machen. »Nein, eigentlich nicht, aber es würde mir Spaß machen, es auszuprobieren.«
Claudia wurde sich bewusst, dass ihre Miene eine gewisse Besorgnis widerspiegelte.
»Mach dir keine Sorgen!«, erklärte er und lachte. »Ich mag vielleicht momentan nicht ganz auf der Höhe sein, aber ich bin mir sicher, dass ich es schaffen werde, etwas Tiefgefrorenes aus der Truhe zu holen und die feinen Nuancen eines Mikrowellenherds zu meistern … Natürlich nur, wenn ihr nichts gegen ein einfaches, schnelles Gericht habt?«
»Ich habe verdammt großen Hunger«, erklärte Melody fröhlich. »Ich esse alles – sogar einen Teller mit Toast, wenn alles andere zu kompliziert ist. Solange ich es nur schaffe, diese blonden Haare loszuwerden!« Voller Verachtung zeigte sie erneut auf ihre Lockenpracht.
Claudia sah Paul fragend an. Würde er es wirklich schaffen, ihnen ein Essen zuzubereiten? Sie war neugierig geworden und fand die Vorstellung irgendwie auch sexy. »Dann lass dich nicht aufhalten«, sagte sie und nickte ihm zu. »Wer weiß, vielleicht bist du in Wirklichkeit sogar ein Küchenchef.«
Er dachte kurz darüber nach. »Die Vorstellung würde mir gefallen, ehrlich gesagt«, meinte er nachdenklich, als sie alle zusammen in die Eingangshalle hinaustraten und er sich auf den Weg in die Küche machte.
Claudia hielt auf dem oberen Treppenabsatz noch einmal inne, lehnte sich über das Geländer und rief nach unten: »Falls du in eine Bredouille gerätst, hängt ein Feuerlöscher direkt unter der Spüle, links neben dem Herd!«
Sie hörte, wie Paul laut lachte und »Frech!« murmelte.
Melody und Claudia standen einander kurz darauf im Badezimmer gegenüber. Claudia fühlte sich wie ein schüchternes Mädchen an seinem ersten Schultag, wobei Melody ohne ihr Make-up und die sonst üblichen teuren Designerklamotten beinahe wie eines aussah.
»Was müssen wir als Erstes tun?«, fragte Claudia, sah ihre Freundin an und spürte, wie sich Verwirrung und Verlangen miteinander vermischten. Paul hatte den Verlauf der Dinge, wie er sich im Wohnzimmer angelassen hatte, unabsichtlich unterbrochen, auch wenn sie annahm, dass er das bestimmt nicht gewollt hatte. Ihr sexuelles Selbstbewusstsein war dadurch ein wenig ins Wanken gekommen. Sie wusste, dass Melody noch auf einen Orgasmus wartete, doch es kam ihr allzu berechnend vor, nun auf der Stelle wieder mit ihrem Spiel anzufangen.
»Keine Ahnung«, erwiderte Melody. Claudia vermutete, dass die Miene der jungen Frau ihre eigene widerspiegelte. Melody fühlte sich offensichtlich genauso durcheinander.
Du musst handeln, dachte Claudia. Schließlich bist du die
Ältere. Nimm es in die Hand. »Vielleicht sollten wir als Erstes einmal deine Haare frisieren«, sagte sie und lächelte Melody ermutigend an. »Und dann können wir sehen, wie wir uns fühlen.«
Melody erwiderte das Lächeln. Ihre Augen spiegelten sowohl Erleichterung als auch eine Zuneigung wider, die atemberaubend war.
Ich hoffe nur, dass ich dich glücklich machen kann, Mel, dachte Claudia, als sie mit dem Tönen der Haare begannen. Doch ihre Besorgnis über ihre Freundschaft wich schon bald der Frage, ob Melodys radikale Änderung ihrer Haarfarbe tatsächlich das
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