Haus des Glücks
aufgeschrieben. Wenn du so viel Wert darauf legst, kann ich …«
»Schon gut. Ich wollte es nur wissen.«
Die Stimmung zwischen ihnen war gereizt. Daran änderte auch diese atemberaubende Kulisse nichts.
Ihr Fahrer hatte nicht zu viel versprochen, nach vierzig Minuten erreichten sie das Hotel, ein Dorf aus exotisch aussehenden Bungalows direkt am palmengesäumten Strand. Es war ein Traum. Oder es hätte einer sein können.
Julia versuchte sich vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn sie hier ihre Flitterwochen verbracht hätten. Stattdessen waren sie mit ihrem Auto – einem in die Jahre gekommenen VW -Golf, an die Mosel gefahren und hatten dort in kleinen Pensionen und auf Campingplätzen übernachtet. Das Geld war knapp gewesen – Marco hatte noch studiert, und sie selbst hatte sich bei ihrer Ausbildung zur Krankenschwester auch nicht gerade eine goldene Nase verdient. Trotzdem waren das Erinnerungen, die sie nicht hätte missen wollen. Es war schön. Damals.
Sie traten an die Rezeption. Eigentlich hätte Julia das
Aggie Grey’s
bevorzugt, aber dort hatten sie kein Zimmer mehr bekommen. Das berühmteste Hotel von Apia stammte noch aus einer Zeit, dass auch Victoria es gekannt haben musste. Vielleicht war sie sogar dort gewesen. Aber diese Gedanken waren müßig. Und beim Anblick des blauen Pools, des weißen Strandes und der Palmen, die sich sanft in der leichten Brise wiegten, war Julia alles egal. Das hier war so schön, dass ihr beinahe die Tränen kamen.
Marco reichte der freundlichen Frau ihre Reisepässe.
»Talefa. Willkommen im
Coconuts Beach Club Resort,
Mr. und Mrs. Sievers«, sagte die Dame. Auch sie trug ein dezentes helles Kostüm, das ihre braune Haut und die schwarzen Haare wunderbar zur Geltung brachte. Sie schob einige Prospekte über den Tresen. »Wir haben ein paar Informationen für Sie vorbereitet – zu unserem Haus, einen Stadtplan von Apia, einen Inselplan sowie ein paar Angaben über die Sehenswürdigkeiten, Öffnungszeiten und Busfahrpläne. Jeff wird Ihnen jetzt Ihre Unterkunft zeigen. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gerne jederzeit an Jeff, Mary oder die Rezeption, sie ist Tag und Nacht besetzt. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.«
Sie winkte dem jungen Mann und gab ihm ihre Zimmerschlüssel, während sich ein Page um die Koffer kümmerte. Sie folgten Jeff durch das wunderschön angelegte Gelände, vorbei an Palmen, Hibiskussträuchern und Bäumen, deren Namen Julia nicht kannte, zu einem der strohgedeckten Bungalows. Neugierig und aufgeregt betrat sie ihr farbenfroh eingerichtetes Appartement. Jeff erklärte ihnen kurz die Benutzung des Telefons und den Ventilator und zeigte ihnen, wo der mit Wasserflaschen gefüllte Kühlschrank stand, dann waren sie allein.
Julia öffnete die Terrassentür und sah hinaus. Höchstens fünfzig Meter entfernt lag der Pool. Das Wasser lockte, der Badeanzug befand sich im Koffer. Ganz obenauf.
»Was machen wir jetzt?«, fragte sie und drehte sich um. »Wollen wir schwimmen gehen?«
»Geh, wenn du möchtest, ich bin viel zu erledigt.« Marco lag rücklings ausgestreckt auf dem Bett, den Unterarm über das Gesicht gelegt. »Ich werde erst einmal versuchen zu schlafen. Zu Hause ist es jetzt …« Er warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist Viertel vor drei. Mitten in der Nacht. Kein Wunder, dass ich die Augen kaum noch aufhalten kann.«
»Aber das Wasser sieht so schön aus …«
»Geh ruhig eine Runde schwimmen. Mich stört es nicht. Weck mich, wenn es Abendessen gibt …«
Und im nächsten Moment hörte sie anhand seiner tiefen gleichmäßigen Atemzüge, dass er bereits eingeschlafen war.
Unschlüssig sah sie hinaus. Natürlich war sie auch müde. Andererseits hatten sie nur etwas mehr als eine Woche. So wenig Zeit. Viel zu wenig, um sie mit Schlafen und anderen Nebensächlichkeiten zu verschwenden.
Sie öffnete ihren Koffer, holte Badetuch, Badeanzug und Sonnencreme hervor und schlich auf Zehenspitzen ins Bad, um sich umzuziehen.
Julia tauchte unter, ließ sich langsam durch das warme Wasser gleiten und konnte ihr Glück kaum fassen. Obwohl eine Handvoll der Liegen belegt war, war sie allein. Es war wie in einem Traum. Der ganze Pool gehörte ihr. Sie konnte schwimmen und tauchen, wohin und wie sie wollte, und wenn sie aufblickte, sah sie Palmen, exotische Blumen und Bananenstauden. Für dieses Gefühl gäbe es nur noch eine Steigerung – in dem klaren Wasser einer Lagune schwimmen,
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