Haus des Glücks
bekommen, die etwas davon verstanden, waren verlockend. Ebenso der Gedanke an die lächelnden blauen Augen des Tauchlehrers.
Julia, hör auf mit dem Quatsch, du bist glücklich …
Sie seufzte.
Du bist verheiratet.
Ihre Finger glitten automatisch zum linken Ringfinger. Der Ehering fehlte. Sie hatte ihn abgenommen, als sie sich mit der Sonnencreme eingecremt hatte, und offenbar vergessen, ihn danach wieder anzustecken.
Ob dieser David sie auch mit dem Ring am Finger angesprochen hätte?
Nach dem exzellenten Abendessen schlug Marco einen Spaziergang am Strand vor. In den versteckt zwischen den Palmen verstreuten Bungalows des Beach Clubs gingen die Lampen an, auf der Küstenstraße fuhren gelegentlich Autos vorbei. Das Meer lag dunkel und schimmernd im Licht der untergehenden Sonne vor ihnen. Es roch angenehm nach Meer und dem schweren Duft exotischer Blumen. Es war ein wundervoller Abend. Und während sie barfuß den warmen Sand zwischen ihren Zehen spürte, fanden ihre Hände zueinander, als wäre es ganz selbstverständlich.
»Ist es nicht schön hier?«, fragte sie nach einer Weile.
»Du hast recht«, sagte Marco und schaute auf das Meer hinaus. »Vielleicht hat sich der ganze Aufwand doch gelohnt.«
»Du, was hältst du von einem Schnorchelausflug? Morgen Nachmittag bietet eine Tauchschule einen Ausflug in einer Bucht hier in der Nähe an.«
»Schnorcheln? Im Wasser? Zwischen Muränen und Kraken und Quallen und Haien?«
Julia lachte. »Der Tauchlehrer sagte, es sei ganz ohne Risiko.«
Marco verzog das Gesicht. »Ein Tauchlehrer. Natürlich. Und Fallschirmspringen ist auch nur ein Sport wie jeder andere. Der Mann will verdienen, Julia!«
»Das mag sein«, erwiderte sie. Dass sie zu dem Ausflug eingeladen worden war, brauchte Marco vorerst nicht zu wissen. »Er verdient aber nichts, wenn seinen Geldgebern etwas zustößt.«
»Trotzdem.« Er schüttelte den Kopf. »Mitten zwischen dem ganzen Viehzeug herumschwimmen? Nein danke, nicht mit mir. Wenn Gott gewollt hätte, dass wir uns im oder gar unter Wasser aufhalten, hätte er uns Kiemen und Schwimmhäute gegeben.«
Sie seufzte. »Ach schade. Die Riffe hier sollen sehenswert sein. Ich würde sie wirklich gern …«
»Julia«, er blieb stehen und nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Wenn es dir so viel bedeutet, fahr auf diesen Ausflug. Ich kann mich einen Nachmittag allein beschäftigen. Ich werde mir eine gemütliche Liege im Schatten einer Palme am Pool suchen, lesen und beten, dass dir kein Hai begegnet.«
Sie lächelte. »Bist du sicher? Wenn ich den Tauchlehrer richtig verstanden habe, bleiben sie noch am Strand zum Grillen.«
»Natürlich. Du sollst deinen Spaß haben. Das ist mir wichtig. Obwohl ich vor lauter Sorgen zahllose Haare verlieren werde. Vielleicht sollte ich vorsichtshalber ein paar Blutkonserven für dich bereitlegen lassen.«
»Marco, du übertreibst. Du hast zu oft den ›Weißen Hai‹ gesehen, das hat dich verdorben.«
»Möglich.«
»Ich glaube, hier gibt es keine weißen Haie.«
»Woher willst du das wissen? Australien ist nicht weit, und man hat sogar schon vor Sizilien einen gesichtet. Außerdem muss es kein großer Weißer sein. Riffhaie oder Tigerhaie tun es auch.«
»Oder Walhaie.«
»Die fressen nur Plankton, so gebildet bin ich dann doch. Aber fahr ruhig zum Schnorcheln.«
»Marco …«
»Jetzt mal ganz im Ernst. Ich weiß doch, wie viel Spaß dir diese Schwimmerei macht. Und ich weiß auch, mit welch großen Augen du bei Hagenbeck an den Scheiben der Aquarien klebst. Hier hast du die Gelegenheit, das alles in natura ohne Glas zu sehen. Du solltest sie nutzen.« Er küsste sie. »Aber von diesem Tauchlehrer verlange ich eine schriftliche Garantie, dass er dich in einem Stück zurückbringt!«
Sie lachte und erwiderte seinen Kuss.
Hand in Hand schlenderten sie zum Hotel zurück. Das Kreuz des Südens stand groß und klar über dem Meer. Es war ein wunderschöner Abend. So schön war es schon lange nicht mehr gewesen.
25
26 . September 2009
A m nächsten Morgen ging Julia allein zum Frühstück. Marco wankte zwischen Bad und Schlafzimmer hin und her, schweißgebadet und von heftiger Übelkeit und Bauchkrämpfen geplagt. Sein empfindlicher Magen war einer der Gründe, weshalb sie so selten ins Ausland fuhren. Selbst in Italien oder Spanien war er meist für mehrere Tage außer Gefecht gesetzt. Julia hatte ihm Medikamente gegen die Übelkeit und den Durchfall gegeben und hoffte, dass er beim Mittagessen
Weitere Kostenlose Bücher