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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Winkler
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Schachtel. Sündhaft teuer, aber himmlisch!«
    Aha,
dachte Victoria.
Habe ich es mir doch gedacht. Das Anziehende an Peter ist das Vermögen der Familie!
Für einen Augenblick tat ihr der junge Mann leid.
    »Jetzt muss ich aber los«, sagte Wilhelmine und sah plötzlich aus, als hätte sie Angst davor, weitere Fragen beantworten zu müssen. »Ich wollte noch unbedingt zu Pauline. Sie weiß noch nichts von der frohen Botschaft!« Sie drückte Victoria kurz an sich. »Ich bin so glücklich! Bestimmt wirst du auch bald jemanden finden und heiraten.«
    »Gewiss.« Victoria lächelte. Woher sollte Wilhelmine auch von dem geheimen Pakt wissen, den sie mit ihrer besten Freundin Franziska geschlossen hatte? Sie wollten nicht das eintönige Leben ihrer Mütter führen und nur für Ehemann, Haushalt und Kinder sorgen. Deshalb hatten sie sich geschworen, nie zu heiraten. Stattdessen hatten sie einander gelobt, gemeinsam das Lehrerinnenseminar zu besuchen, anschließend in der Schweiz zu studieren und sich daraufhin einen Namen zu machen, der eines Tages in der ganzen Welt berühmt wäre. Franziska als Wissenschaftlerin und sie als Ärztin. »Warte, ich begleite dich noch zur Tür. Hilde hat heute ihren freien Tag.«
    Sie führte Wilhelmine durch die Halle zur Tür, Johanna folgte ihnen in gebührendem Abstand.
    »Glaubst du, sie wird herumerzählen, dass du in Vaters Bibliothek gewesen bist?«, fragte Johanna, nachdem der Besuch gegangen war.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Victoria. »Allerdings ist sie meist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich um andere Dinge zu kümmern. Und gerade jetzt, wo sie Verlobung feiern will, hat sie bestimmt nichts im Kopf als das bevorstehende Fest und das Schnittmuster für das Brautkleid.«
    Ja, das hoffte sie.
Aber sicher konnte sie nicht sein. Nicht bei Wilhelmine. Und wenn ihre Eltern erfuhren, dass sie sich heimlich zum Lesen in die Bibliothek geschlichen hatte, würde es lange Gespräche geben, die bestenfalls mit Hausarrest endeten, schlimmstenfalls bei Tante Luise in Reinbek, wie es ihr schon oft angedroht worden war. Reinbek lag am anderen Ende der Welt. In dem kleinen Dorf gab es nichts außer einer Kirche, einer Dorfschule und einem Kaufmann, ihrem Onkel. Onkel und Tante waren beide im Geschäft eingebunden. Sie benötigten Unterstützung für ihren Haushalt und die fünf Kinder im Alter von vier bis elf Jahren. Bereits mehrfach hatten sie in Briefen nachgefragt, ob Victoria nach Beendigung ihrer Schulausbildung kommen könnte, um ihnen zur Hand zu gehen und sich dabei in der Hauswirtschaft weiterzubilden.
Ausgerechnet sie!
Sie hatte keine Lust, Betten aufzuschütteln, Staub zu wischen und die Sprösslinge zu baden. Sie wollte mehr über Anatomie, Chirurgie und Frauenheilkunde erfahren, lernen, lesen. Die einzigen Bücher, die Tante Luise besaß, waren Bücher über Hauswirtschaft, Pflanzen und das Gesangbuch. Ihr größtes Vergnügen bestand darin, abends Kinderkleider zu nähen oder Deckchen zu häkeln. Sie aber verabscheute Handarbeiten. Reinbek, das bedeutete Verbannung. Und das Aus für ihre geheimen Pläne. Victoria seufzte und wünschte sich, in der Schweiz geboren zu sein. Bestimmt wäre vieles dort einfacher.
    Die große Standuhr in der Halle schlug fünf. Bald würde Vater aus dem Krankenhaus heimkehren. Es war also an der Zeit, sich um den ordnungsgemäßen Zustand des
Ärzteblatts
zu kümmern.
    Sie kehrte in die Bibliothek zurück, kontrollierte jede Seite und strich sie sorgfältig glatt. Sie hatte das schon so oft getan, dass sie mittlerweile Übung hatte. Die Kunst bestand vor allem darin, die Druckerfarbe nicht zu verwischen oder sich selbst damit zu beschmutzen. Sie hinterließ nämlich hartnäckige Spuren an den Händen. Am besten ließ sich das mit dem Rücken des langen Lineals auf dem Schreibtisch bewerkstelligen. »Warum hast du Wilhelmine eigentlich nicht an der Tür abgewimmelt?«
    »Weil es unmöglich war. Ich hatte die Tür kaum geöffnet, als sie auch schon im Salon stand. Steht da etwas Spannendes drin?«, fragte Johanna und beugte sich über Victorias Schulter.
    »Nichts Besonderes«, antwortete sie und stieß unwillkürlich einen tiefen Seufzer aus. »Nur ein Artikel von Doktor Tiburtius, Frau Doktor Tiburtius«, verbesserte sich Victoria. »Sie ist Ärztin.«
    »Wie soll das denn gehen?«
    »Frau Doktor Tiburtius hat in der Schweiz studiert, nachdem sie das Lehrerinnenseminar besucht hat.«
    »Wie umständlich!«
    »Wieso?«
    »Sie wird doch

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