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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Winkler
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Familie Bülau gut bekannt. Direkt vor ihm standen die beiden mit Myrte geschmückten Brautstühle, und daneben, blass und zitternd vor Nervosität, John, der Bräutigam, der zukünftige Mann seiner Tochter, sein Schwiegersohn.
    Gotthard führte Victoria bis zu ihm hin. Für einen kurzen Moment hielt er noch ihre schmale Hand in der seinen, bevor er sie an John übergab. Er sah dem jungen Mann ins Gesicht, sah das Leuchten, die Wärme und die Liebe in seinen braunen Augen und wusste, dass er seine Tochter dem Richtigen anvertraute.
     
    Ein helles Läuten erklang. Ein Löffel schlug mehrfach gegen Kristall.
    »Darf ich einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit bitten!«
    Herren in Anzügen und Damen in Abendkleidern unterbrachen ihre Gespräche, das Streichquartett auf der Terrasse hörte auf zu spielen. Alle wandten sich dem weißhaarigen Mann zu, der von seinem Platz aufgestanden war und ein Monokel und ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Brusttasche seines Fracks zog.
    Er entfaltete sorgfältig den Bogen und räusperte sich. »Meine verehrten Damen, meine verehrten Herren, teure Klara, geschätzter Gotthard. Wir haben uns heute Abend hier in diesem wunderschönen Haus versammelt, um die Verbindung zweier junger Menschen zu feiern. Es sind zwei ganz besondere junge Menschen. Und Ihr zahlreiches Erscheinen ist ein Indiz dafür, dass nicht allein ich so denke, weil mein Sohn John zu meiner großen Freude der Bräutigam ist. Deshalb lassen Sie mich ein paar Worte zu Beginn der Feier sagen. Und ich bitte Sie bereits jetzt um Vergebung, sollte mich zwischendurch die Rührung übermannen. Ich habe nicht so oft die Gelegenheit, eine Rede auf der Hochzeit meines Sohnes zu halten.«
    Gelächter war die Antwort.
    Victoria saß neben John an dem Tisch auf der Ehrentribüne, die auf der Veranda errichtet worden war, und schaute auf die Gäste hinunter, von denen sie viele nur vom Sehen kannte. Links von ihr saß ihr Vater. Seine rechte Hand steckte in der Hosentasche. Sie wusste, dass er dort mit seiner Taschenuhr spielte, wie er es immer tat, wenn er nervös oder verlegen war. Mit der Linken hielt er die Hand seiner Frau. Mutter sah wunderschön aus in ihrem hellblauen Seidenkleid und strahlte über das ganze Gesicht.
    Herr Andrew Seymour,
Schwiegervater,
räusperte sich erneut. »John, mein lieber Sohn«, begann er und sah ihn an. »Als du vor dreiundzwanzig Jahren geboren wurdest, stand nicht alles zum Besten. Es gab Komplikationen, und nur weil der Nachbar Besuch von einem bekannten Arzt hatte, konnte dein Leben gerettet werden. Deshalb gaben deine Mutter und ich dir den Beinamen Felix – der Glückliche. Dieses Glück hat dich seither stets begleitet. So auch an jenem Tag, als du diesem außergewöhnlich bezaubernden Fräulein begegnetest, das seit heute deine Gemahlin ist. Mit diesem Tag bist du endgültig erwachsen, mein Sohn. Fortan wirst du selbst sorgen müssen für dich, für deine Frau und die hoffentlich bald wachsende Familie. Aber, sofern du uns brauchst, werden wir da sein. So Gott will, wirst du eines Tages bei einem Anlass wie diesem stehen und, von Rührung, Sentimentalität und Freude übermannt, um die rechten Worte ringen. Ich wünsche es dir aus tiefster Seele, dass dir diese Ehre vergönnt sein möge.« Andrew Seymour machte eine Pause. »Meine liebe Victoria. Dein Liebreiz, deine Klugheit, deine Fröhlichkeit und Freundlichkeit machten es uns leicht, dich von ganzem Herzen in den Kreis unserer Familie aufzunehmen. Und als ihr uns euren Entschluss mitgeteilt habt, den Lebensweg gemeinsam zu gehen, habt ihr uns damit zu den glücklichsten Eltern gemacht. Wir freuen uns mit euch und wünschen euch für die Zukunft Gottes reichen Segen. Und viele gesunde Kinder!«
    Die Gäste klatschten Beifall, Johns Vater hob das Glas, und alle tranken auf das Wohl des Brautpaares. Gotthard Bülau holte seine vorbereitete Rede aus der Rocktasche, doch John gab ihm ein Zeichen, und er blieb sitzen. Stattdessen stand John auf, und es wurde still. Alle sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Schwiegervater, verzeihen Sie bitte, dass ich mich vordränge, doch bevor wir endlich zum Essen schreiten, möchte auch ich noch einige Worte sagen. Sie alle haben in der Kirche gehört, wie ich am Altar vor Gott und allen Versammelten geschworen habe, Victoria, meine Frau, zu lieben, zu ehren und zu achten, in guten wie in schlechten Tagen. Doch ich hatte noch keine Gelegenheit, zu danken.« Er machte eine kurze Pause. »Ich möchte

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