Haus des Schreckens
dem Kamin kniete. Mit seinem Arm hatte er nach oben in den Abzug gefasst, offenbar um ihn zu untersuchen. Doch jetzt zerrte irgendetwas an dem Arm, zog Kittle immer weiter in den Schacht, obwohl sich der Mann panisch schreiend dagegen wehrte.
»Am besten, wir untersuchen zunächst die vier Hauptkorridore, die von hier aus abgehen«, schlug Bob vor. »Wenn wir da nichts finden, nehmen wir uns die Nebengänge vor.« Der dritte Detektiv stand in der Eingangshalle und wies in die vier Richtungen.
»In Ordnung«, stimmte Parsley zu, während sich seine Frau ängstlich nach allen Seiten umblickte.
Im Haus herrschte Totenstille. Anfangs hörte Bob über sich noch eine Diele knarren und gedämpfte Rufe nach Mr Scavenger, aber nachdem sich Peters Gruppe weit genug entfernt hatte, verstummten auch diese Geräusche. Nur der Regen prasselte nach wie vor auf das Dach, und ein schwacher Luftzug wehte durch das Erdgeschoss. Irgendwo musste ein Fenster geöffnet sein.
Die Parsleys blieben hinter ihm und sagten kein Wort. Bob hätte sich in dieser beklemmenden Atmosphäre gerne ein wenig unterhalten, aber andererseits mussten sie so leise wie möglich sein. Kein Laut durfte ihnen entgehen.
»Sehen wir uns das Empfangszimmer an.« Sie standen in dem Korridor, der hinter der Haupttreppe ins Haus führte. Der dritte Detektiv öffnete die erste Tür zu seiner Linken. »Dort pflegte Mrs Marriott immer ihre Gäste willkommen zu heißen. Allerdings hatte sie fast nie Besuch. Einmal hat sie sogar Präsident Roosevelt wieder nach Hause geschickt. Denn niemand sollte den Geistern erzählen können, wie sie aussieht.«
Bob wusste sofort, dass er diese Geschichte besser für sich behalten hätte. Für Mrs Parsley war sie nur Wasser auf ihre Spukmühlen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass ihr Gesicht noch etwas bleicher geworden war.
Im Empfangszimmer schien nichts ungewöhnlich. Es dauerte lange, bis sie sämtliche Wände und Nischen, die Decke und den Boden abgesucht hatten, doch in diesem Zimmer verbarg sich allem Anschein nach kein Geheimnis. Scavenger war nicht hier, und sie fanden auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass er sich hier aufgehalten haben könnte. Ähnlich verhielt es sich in den nächsten beiden Zimmern. Kein Geheimgang, und auch kein Scavenger.
Bob war auch nicht ganz bei der Sache. Das Gedicht ging ihm immer noch durch den Kopf. Irgendetwas daran ließ ihm keine Ruhe, aber sosehr er auch überlegte, es wollte ihm nicht einfallen, was es war.
Kurz vor der verabredeten Zeit betraten sie das fünfte Zimmer. Es war der so genannte grüne Salon, ein Raum, in dem Mrs Marriott ihre mitternächtlichen Séancen abzuhalten pflegte. Dicke, grüne Samtvorhänge bauschten sich vor den Fenstern, zwei dunkelgrüne Sofas standen an den Wänden, die ab Hüfthöhe ebenfalls grün tapeziert waren. Die untere Hälfte war mit Holz verkleidet. In der Mitte des Zimmers lag ein grüner, runder Teppich, und auf ihm stand ein großer runder Tisch, unter den 13 Stühle geschoben waren.
»Hier gibt es nicht viele Möbel«, sagte Bob, »vielleicht schaffen wir das Zimmer noch, bis wir wieder raufmüssen.«
Sie wollten sich gerade an die Arbeit machen, als sie alle drei wie versteinert stehen blieben. Links von ihnen, hinter den Holzpaneelen, röchelte jemand – oder etwas.
Der Groschen fällt
Bob stürzte zu der Stelle. »Hallo? Mr Scavenger? Sind Sie das? Hallo?«
Das Röcheln hatte aufgehört. Mrs Parsley stand zitternd im Raum und barg ihr Gesicht an der Schulter ihres Mannes.
»Mr Scavenger? Hören Sie mich?« Bob klopfte gegen die Wand. Sie klang hohl.
»So ein Mist!« Der dritte Detektiv zog sein Walkie-Talkie aus dem Gürtel und drückte auf den Sprechknopf: »Erster? Peter? Ich bin’s, Bob. Ich hab hier was gehört! Kommt schnell!«
»Bob?«, drang es knackend aus dem Lautsprecher.
»Ja. Hier, im grünen Salon. In der Wand muss ein Gemeingang, äh, ein –« Bob brach abrupt ab. »Das ist es!« Plötzlich wusste er, warum das Gedicht die ganze Zeit an ihm genagt hatte. »Oh mein Gott!«
»Bob?« Diesmal war es Peter.
»Kommt runter! Sofort!« Bob ließ sich vollends zu Boden gleiten. Entgeistert starrte er vor sich hin. »Petra Scessage«, murmelte er, »natürlich. Petra Scessage!«
Drei Minuten später stürmte Peters Gruppe in den Salon, kurz darauf trafen Justus, Kittle und Nolan ein. Bob kniete mittlerweile an einer anderen Stelle der Holzvertäfelung und überprüfte die Bretter.
»Was hast du, Dritter? Hast du
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