Haus des Todes
Garten schon den Zaun hinauf. Ich mache zwei Schritte, bevor sich um mich herum alles verschiebt – die Bäume, der Zaun, alle Gegenstände bewegen
sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, und ich sinke auf alle viere und übergebe mich.
Die Kopfschmerzen lassen ein wenig nach. Und das Gefühl kehrt in meine Arme zurück. Ich massiere mir die Schläfen und schaffe es, die Augen zu öffnen. Von der anderen Seite des Zauns starrt Calebs Gesicht auf mich herab, während er sich langsam herunterlässt. Dann ist er verschwunden. Ich rapple mich wieder auf. Meine Beine tragen mich drei Schritte seitwärts und einen nach vorn, zwei seitwärts und zwei nach vorn, und dann geht es mehr vorwärts als seitwärts, bis ich schließlich den Zaun erreiche. Ich halte mich daran fest, hole Luft, klettere hoch und lasse mich in den Nachbargarten fallen, wo mir der Rasen bis zu den Knöcheln reicht. Cole hat schon fast den gegenüberliegenden Zaun erreicht. Dieses Ding in meinem Kopf hämmert immer noch, um sich bemerkbar zu machen, aber wenigstens trampelt es nicht mehr herum und zündet auch keine Leuchtkerzen der Verzweiflung mehr. Es lässt mich das hier erledigen und wartet auf die nächste Gelegenheit.
Ich nehme mein Telefon und rufe Schroder an. Als ich den Zaun erreiche, hat er immer noch nicht abgehoben. Also lasse ich das Handy zurück in meine Tasche gleiten und klettere in den nächsten Nachbargarten. Während ich auf dem Boden lande, rennt Cole seitlich am Haus entlang. Erneut nehme ich das Telefon, inzwischen ist Schroders Voicemail angegangen. Ich lege auf und rufe im Revier an, um Verstärkung anzufordern, doch ich bringe kein gerades Wort heraus. Man bittet mich, das
Gesagte zu wiederholen, was ich auch tue, aber es klingt immer noch unverständlich. Inzwischen bin ich auf der Straße, und Caleb ist nach rechts gerannt. Ich folge ihm, doch er macht weiter Boden gut. Er läuft eine Gasse hinunter. Ich hole tief Luft und erkläre der Beamtin in der Telefonzentrale, wer ich bin und dass ich Caleb Cole verfolge, aber keines der Wörter kommt raus wie beabsichtigt. Trotzdem legt die Beamtin nicht auf.
»Brauchen Sie medizinische Hilfe?«, fragt sie.
Ich versuche weiter, Verstärkung anzufordern.
»Sind Sie betrunken?«
Als ich die Gasse erreiche, ist Caleb bereits an ihrem Ende angelangt. Ich kriege kaum noch Luft. Nach vier Monaten im Knast und zwei Monaten falscher Ernährung bin ich so schlecht in Form wie nie zuvor. Und die Schläge auf den Kopf waren auch nicht gerade förderlich. Ich rudere noch heftiger mit den Armen und reiße die Beine noch schneller in die Höhe, doch ohne Erfolg. Caleb scheint keine Probleme zu haben. Ich liege mindestens zehn Sekunden zurück, und mit jedem Schritt wird der Abstand größer. Er wirft einen Blick über die Schulter, und offensichtlich ist er nicht ganz so überzeugt, dass ich das Rennen verliere, denn er legt einen Zahn zu. Ich versuche, es ihm gleichzutun, aber vergeblich. Die Beine wollen nicht mehr. Dann drosselt er langsam das Tempo. Er war fünfzehn Jahre im Gefängnis und musste noch sehr viel länger den gleichen Fraß essen wie ich.
Ich verringere den Abstand. Hole eine Sekunde auf, und noch eine, komme immer näher, und dann kann ich
nicht mehr. Ich werde langsamer, mir brennt die Lunge, ich bin mit meiner Kraft am Ende. Meine Kehle brennt, mein Kopf pocht, und mein Gesicht fühlt sich so heiß an, als würde es gleich explodieren. Doch ich denke an die drei Mädchen und laufe weiter. Caleb merkt, dass ich aufgeholt habe. Am nächsten Haus biegt er ab und rennt seitlich daran entlang. Er stürzt durch ein Tor in den Garten eines Hauses, in dessen Auffahrt mehrere ramponierte Autos stehen. Während ich ihm folge, starren einige Leute aus ihren Fenstern. Andere treten vor die Tür und brüllen etwas. Caleb klettert den Zaun hoch. In diesem Moment öffnet sich die Hintertür des Hauses, ein Hund stürzt heraus und wetzt mir hinterher, und jemand ruft ihm zu, er solle »diese Wichser in Stücke reißen«. Als ich den Zaun erreiche, schnappt der Hund nach meinem Bein und gräbt sein Gebiss in meine Wade. Ich stoße einen Schrei aus und klammere mich ans obere Ende des Zauns, trete mit dem anderen Fuß hinter mich und erwische den Hund am Kopf. Aber er lässt nicht los. Also verpasse ich ihm erneut einen Tritt, mit demselben Ergebnis. Ich ziehe mich nach oben und den Hund mit mir. Auf der anderen Seite steht Caleb, direkt unter mir. Er packt mich am Hemd und
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