Haus des Todes
zerrt mich nach unten. Ich bin jetzt das Seil bei einem Tauziehen zwischen Mensch und Tier. Der Hund hängt auf halber Höhe des Zauns und lässt erst los, als er gegen das obere Ende gedrückt wird. Ich lande unsanft auf dem Boden. Caleb verpasst mir einen Tritt in den Magen, macht einen Schritt zurück, kommt wieder näher und tritt mich erneut.
»Du. Du bist der Typ von letzter Nacht«, sagt er keuchend, die Hände auf die Knie gestützt. »Bist du mir etwa gefolgt?«
Ich versuche, etwas zu sagen. Aber die Wörter kommen nicht so heraus, wie ich es möchte, doch ich packe sie und presse sie heraus, und sie klingen etwas verständlicher. Und auch die Kopfschmerzen verschwinden wieder.
»Caleb«, sage ich, »ich kann Ihnen schelfen.«
»Lass mich tun, was ich tun muss«, brüllt er, um den Hund zu übertönen, der laut bellt und mit seinen Pfoten an der anderen Seite des Zauns kratzt; der Geschmack des Blutes reicht ihm nicht. Offensichtlich hat sich mein Handy beim Sturz selbst aufgelegt, denn es klingelt jetzt.
»Sie dürfen, dürfen …«, sage ich, und ich muss eine paar Sekunden Luft holen. »Die Mädchen, Sie dürfen ihnen nichtsch tun.«
»Für was für ein Monster hältst du mich?«
Er tritt mich erneut, dann rennt er Richtung Haus und seitlich daran entlang, dann ist er verschwunden. Ich hieve mich auf die Knie, aber weiter komme ich nicht. Also rolle ich mich auf den Rücken und greife nach dem Telefon. Bevor ich drangehen kann, erscheinen die Köpfe der Bewohner aus dem Nachbarhaus über dem Zaun.
»Du hast meinen Hund getreten, du Wichser«, sagt einer von ihnen und schickt sich an, über den Zaun zu klettern. Einer seiner Kumpels folgt seinem Beispiel und sagt: »Dafür wirst du bluten.« Beide haben kahl rasierte Schädel mit Narben, die wie Ehrenzeichen wirken. Vielleicht ist das beim Spielen mit dem Messer passiert.
Ich zücke meine Marke und zeige sie ihnen. Sie schauen einander an und wissen offensichtlich nicht, was sie tun sollen – ob es die Haftstrafe wert ist, die man kriegt, wenn man einen Polizeibeamten zu Tode tritt. Vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits, wie ihre Anwälte Fotos des Hundes präsentieren und erklären, warum es meine Schuld gewesen sei, dass er mich gebissen hat, und warum diese beiden Menschenfreunde seine Ehre verteidigen mussten, und dass nur jemand ohne Herz mir nicht die Seele aus dem Leib geprügelt hätte.
»Geht wieder rein«, fordere ich sie auf, und jetzt hören sich die Wörter richtig an. »Ich habe Verstärkung dabei«, sage ich und weiß, dass ich übel dran bin, wenn sie mir nicht glauben. »Geht wieder rein und macht keine Dummheiten.«
»Schwein«, sagt der eine, und der andere spuckt mich an, doch der Typ, der mich beleidigt hat, scheint sich zu ärgern, nicht zuerst gespuckt zu haben, und spuckt mich, um es wieder wettzumachen, zweimal an. Dann klettern sie vom Zaun herunter, schnauzen den Hund an und bringen ihn zurück ins Haus.
Inzwischen hat mein Handy aufgehört zu klingeln. Ich wische die Spucke am Rasen ab. Und gehe denselben Weg zur Straße wie Cole, wobei ich mein linkes Bein so wenig wie möglich belaste. Keiner der Bewohner tritt aus dem Haus. Meine Hose ist kaputt, und als ich sie hochkremple, sehe ich eine Reihe von Löchern, aus denen Blut hervorsuppt. Erneut klingelt das Telefon. Cole ist nirgends zu entdecken. Und auch kein Streifenwagen ist in Sicht.
Ich setze mich auf die Bordsteinkante und nehme das Telefon ans Ohr. »Ja?«
»Wir sind jetzt im Schlachthof«, sagt Schroder, und ich muss mir einen Finger ins Ohr stecken, um den Hund nicht mehr zu hören. Stattdessen höre ich jetzt meinen Puls. »Cole war hier. Und Dr. Stanton. Tate, eines der Mädchen, Cole hat eines der Mädchen zurückgelassen, damit wir es finden. Es geht ihr gut, sie ist ein wenig verängstigt, aber sonst hat ihr Cole nichts weiter getan.«
Kapitel 33
Calebs Hände schmerzen. Seit er sie diesem Typen um den Hals gelegt hat, tun seine Finger so weh, dass es bestimmt erträglicher wäre, wenn er sie abhacken würde. Dazu die Rennerei – ein paar Schritte mehr, und er wäre tot umgefallen. Seine rechte Hüfte fühlt sich an, als würde sie über Glassplitter scheuern, und die Beine schmerzen, als hätte man ihm durch die Fußballen Metallstifte ins Schienbein getrieben. Er muss die Schmerzen unterdrücken, andernfalls wird es schwer werden, den Richter zu töten.
Er hat keine Ahnung, wer der Mann ist. Wenn man ihn verfolgt, dann …
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