Haus des Todes
schlecht – es fühlt sich an, als würde die Welt unter mir wegsacken –, aber alles in allem geht es mir recht gut. Ich lehne mich gegen die Wand, um mein Bein zu entlasten. Sollte der nächste Auftrag von mir verlangen, mich in eine Volkstanztruppe einzuschleusen, bin ich meinen Job vermutlich los. Die Fahrstuhltüren öffnen sich und geben den Blick auf mehrere Detectives frei, die alle dabei sind, Informationen zu sammeln; sie telefonieren, sitzen vor dem Computer oder wälzen Akten. Schroder kommt von der Kaffeemaschine herüber und mustert mich.
»Musste es doch nicht amputiert werden?«, fragt er.
»Du siehst beschissen aus«, sage ich.
»Witzig, dasselbe wollte ich gerade zu dir sagen.«
»Wo ist das Mädchen?«
»In Kents Büro«, sagt er. »Wir müssen sie befragen, aber zunächst sollten wir was klären. Wir fahnden nach Ariel Chancellor. Wir wissen immer noch nicht, wo sie steckt, aber wenn ich es richtig mitbekommen habe, stand bei deinem Eintreffen die Tür offen, und du hast Drogen auf dem Tisch gesehen, darum bist du in die Wohnung eingedrungen. Hat es sich so abgespielt?«, fragt er mich, aber das ist keine echte Frage, er entwirft für mich das Szenario.
»Genau.«
»Dacht ich’s mir doch. Gehen wir die Sache kurz mal durch.«
Wir marschieren in sein Büro, und das Schwindelgefühl
aus dem Fahrstuhl ist verflogen. Ich gehe die Sache mit ihm durch, ändere ein paar Einzelheiten und erzähle, dass ich nicht eingebrochen, sondern durch die offene Tür marschiert bin und Hallo gerufen habe.
»Niemand aus der Gegend hat was gesehen«, sagt er, »aber wir haben eine Beschwerde von einem der Nachbarn vorliegen. Die Leute behaupten, du hättest ihrem Hund gegen den Kopf getreten.«
Ich beiße die Zähne zusammen und unterdrücke die Wut, die plötzlich in mir aufsteigt. »Die haben ihren Hund auf mich losgelassen. Die haben diesem verdammten Viech befohlen, mich anzugreifen!«
»Also, sie wollen Anzeige erstatten. Sie werden die Sache vorantreiben, um Schadensersatz zu kriegen, ganz klar. Sie behaupten, du hättest widerrechtlich ihr Grundstück betreten, sie beleidigt und ihr Haustier angegriffen.«
Meine Hand krümmt sich zur Faust, ich schaue zur Wand und würde am liebsten dagegenschlagen; dort befinden sich bereits einige faustgroße Löcher. Unter den meisten stehen Unterschrift und Datum, neben einige sind Smileys gezeichnet – eine Art Wall of Fame. Ich entspanne meine Faust wieder. »Verarschst du mich?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich wünschte, es wäre so. Ich lasse einen Zeichner hochkommen, er soll mit dir reden – damit wir ein aktuelleres Bild von Cole bekommen.«
»Unfassbar«, sage ich.
»Vergiss es, Tate, es gibt jetzt wichtigere Dinge, um die wir uns kümmern müssen.«
»Wie, das Mädchen zu befragen.«
»Genau«, sagt er. »Erinnerst du dich noch an Benson Barlow?«, fragt er.
Barlow ist ein Psychiater, den ich vor sechs Wochen draußen in Grover Hills getroffen habe, die leer stehende psychiatrische Klinik, wo sich einer der ehemaligen Patienten mit einer Sammlung toter Körper und einer noch größeren Sammlung schlechter Ideen versteckt hatte.
»Was ist mit ihm?«
»Er ist hierher unterwegs, um mit dem Mädchen zu reden. Schätze, das kann nicht schaden. Sie ist ziemlich traumatisiert. Sie spricht nicht viel, dafür zittert und weint sie umso mehr. Es ist eine Beamtin bei ihr, die versucht, sie zu trösten – mit mäßigem Erfolg. Als wir die Ärmste gefunden haben, war sie mit Kunstblut beschmiert. Wahrscheinlich stammt es aus demselben Laden wie das Theatermesser.«
»Ein Theatermesser?«
»Ja, eines dieser Messer, bei denen die Klinge im Griff verschwindet.«
»Er hat so getan, als würde er sie töten?«
»Sieht so aus«, sagt Schroder. »Und das einzige Verständliche, was sie gesagt hat, immer wieder gesagt hat: Sie sei diejenige, die man ausgewählt habe.«
»Ausgewählt?«
Schroder zuckt die Achseln. »Vielleicht findet Barlow heraus, was genau es damit auf sich hat, aber ich vermute, man hat sie ausgewählt, um sie zu töten. Oder zum Schein zu töten, wie sich ja herausgestellt hat.«
»Um den Arzt zu bestrafen?«
»Warum sonst?«, fragt er. »Wie gesagt, das ist das Einzige, was sie von sich gegeben hat, denn sie ist völlig verängstigt. Ich schätze, er hat sie vorher betäubt. Ich meine, es hat wenig Sinn, so zu tun, als würde man auf sie einstechen, wenn sie auf dem Boden liegt und sich bewegt, als wäre nichts
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