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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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berühren, für immer die Lichter ausgehen. Ich finde ein Foto von Jessica Cole, das kurz vor ihrem Tod aufgenommen wurde, dieses hübsche kleine Mädchen, das mich an meine eigene Tochter erinnert. Jessica wurde das Opfer einer vorsätzlichen Tat; meine eigene Tochter, Emily, wurde das Opfer einer Dummheit. Der eine Mann war böse, der andere betrunken, das Ergebnis war dasselbe. Aber vielleicht sind die Dinge auch nicht so schwarz-weiß. Der eine Mann war krank, der andere süchtig, keiner der beiden Männer war ganz Herr seiner Sinne. Macht es das leichter, damit zurechtzukommen? Nein. Eher noch schwerer. Denn das bedeutet, man hätte einschreiten können,
was aber niemand getan hat. Ärzte, Seelenklempner, Angehörige oder Freunde  – wo zum Henker waren sie, als es darum ging, Whitby die medizinische Behandlung zukommen zu lassen, die er brauchte, oder Quentin James  – den Mann, der meine Tochter getötet hat  – vom Trinken abzuhalten?
    In gewisser Weise hat Schroder recht. Ich kann mit Cole mitfühlen. Ich verstehe sein Bedürfnis nach Rache  – aber er hat es auf die falschen Leute abgesehen. Vor fünfzehn Jahren hat er sich um James Whitby gekümmert, und danach hätte Schluss sein sollen. Ich habe mich auch um Quentin James gekümmert, aber das war’s dann. Obwohl ich der Gesellschaft die Schuld daran gebe, dass man ihn wieder hinters Steuer eines Autos gelassen hat, und den Gerichten, dass sie ihn nach seinen zahllosen Verurteilungen wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss nicht hinter Gitter gesteckt haben, reichte das nicht aus, um seinen Verteidiger zu töten, oder den Richter, der es versäumt hatte, ihn wegzusperren, oder den Barkeeper, der ihm seinen letzten Drink verkaufte. Wenn Cole sich darauf beschränkt hätte, James Whitby zu töten, dann hätte ich ihm zwar keine Medaille verliehen, aber ich hätte Verständnis für seinen Schmerz gehabt.
    Ich lege das Foto von Jessica Cole wieder zurück. In dem Pappkarton mit den Beweisstücken liegt auch die Mordwaffe. Sie ist schwer, und das Blut daran ist rotbraun und verkrustet. Die ganze Klinge und der Griff sind damit beschmiert. Ich weiß noch, dass Whitby es in Jessicas Körper hat stecken lassen, als er fertig war.

    Der Polizeizeichner betritt das Zimmer, ein groß gewachsener Mann mit kräftigen Unterarmen; vielleicht kriegt man solche Arme vom Zeichnen mit schweren Bleistiften. Wir verziehen uns in eine Ecke, er setzt sich mir gegenüber und richtet seinen Block auf, als würde er mich malen und überlegen, was einen guten Hintergrund abgeben könnte. Vor ihm liegt ein Foto von Cole, das er als Grundlage benutzt, und ich gebe ihm ein eher dürftiges Update. Er fügt die Narben hinzu, die gebrochene Nase und fünfzehn Jahre. Auf dem einen Bild ist Cole jung und auf dem neuen vom Leben gebeutelt; sein Gesicht ist eine Karte der Zeit, die er im Knast verbracht hat.
    Als wir fertig sind, klingelt Schroders Handy. Er hebt ab, und ich lausche seiner Hälfte des Gesprächs. Es geht irgendwie um Pizza. Mein Magen fängt an zu knurren, und ich hätte nichts dagegen, wenn er eine Pizza bestellen würde, der Zeichner offenbar schon, denn er verlässt das Zimmer, um das neue Bild einzuscannen und an die Medien rauszugeben. Einen Moment später zeigt sich jedoch, dass Schroder keineswegs etwas zum Abendessen bestellt hat.
    »Habt ihr im Restaurant angerufen?«, fragt er und lauscht der Antwort. Völlig reglos nimmt er die Informationen entgegen, nur sein Gesicht verzieht sich langsam zu einer finsteren Miene. Er starrt aus dem Fenster auf einen Punkt irgendwo in der Ferne. »Und die Telefonnummer?«
    Er hört weiter zu, dann legt er auf und wendet sich mir zu.

    »Irgendjemand hat mit einem Prepaidhandy einen Pizzadienst angerufen«, sagt er. »Vor fünf Minuten wurden mehrere Pizzas an Richter Lathams Adresse ausgeliefert.«
    »Ein Test, um zu sehen, ob wir ihn observieren?«
    »Ja. Und es hat funktioniert  – unsere Leute haben den Pizzaboten hochgenommen, als er sich dem Haus näherte. Das heißt, der Täter weiß jetzt, dass wir seine Pläne kennen. Verdammt«, sagt Schroder und bricht einen Bleistift durch, »die Beamten vor Ort hätten es besser wissen müssen. Ich hätte es besser wissen müssen und selbst hinfahren sollen. Das werde ich beim nächsten Mal auch tun. Es gibt ja immer noch das Haus der Mutter.«
    Ich schüttle den Kopf. »Er wird es jetzt bei keinem der anderen Häuser mehr versuchen. Ihm ist klar, dass es eine Falle sein

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