Haus des Todes
einer dazugekommen.«
»Wer?«
»Niemand von Bedeutung.«
»Ich bin mir sicher, dass er jemandem etwas bedeutet hat.«
»Mir nicht«, sagt er.
»Offensichtlich hat er dir so viel bedeutet, dass du ihn getötet hast.«
Damit hat sie nicht ganz unrecht.
»Wenn du den Arzt nicht töten willst, wozu brauchst du ihn dann?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich möchte, dass sich Stanton eine Weile in mich reinversetzt. Er soll wissen, wie es sich anfühlt, wenn man seine Tochter verliert.«
»Und darum tust du seinen Kindern weh.«
»Nein.«
»Das kapier ich nicht.«
»Er soll nur glauben, dass ich es tue.«
»Er glaubt also, dass du dem Mädchen, das du im Schlachthof zurückgelassen hast, etwas angetan hast?«
»Ja.«
Sie blickt jetzt noch finsterer drein. »Er glaubt, dass sie tot ist?«
»Ja.«
»Mein Gott, Caleb! Das ist ja schrecklich. Ist das wirklich nötig, damit er sich in dich hineinversetzen kann?«
»Ja«, sagt er, »und das ist sicher tausendmal besser als das, was Jessica erleiden musste.«
»Um ihm das klarzumachen, brauchst du Katy und Octavia, aber danach willst du sie gehen lassen und ihn auch?«
»Ja.«
Sie setzt sich an den Esstisch. »Das ist krank, das weißt du, oder?«
»Es war notwendig.«
»Du hast vier Menschen getötet.«
»Schlechte Menschen.«
»Es waren rechtschaffene Menschen, weil sie getan haben, was sie für richtig hielten«, sagt sie. »Wir brauchen Leute wie sie, um die Welt wieder ins Lot zu bringen.«
»Wenn du das wirklich glauben würdest, hättest du Victoria Brown nicht ins Koma befördert.«
Sie senkt den Kopf und spricht in Richtung Tisch. »Ich habe mich geändert.«
Caleb geht auf sie zu, legt seine Handflächen auf die gegenüberliegende Seite des Tisches und beugt sich vor. »Du hilfst anderen Menschen, das ist bewundernswert. Und jetzt ist es an der Zeit, mir zu helfen.«
»Wobei?«
»Zunächst einmal könntest du dich daran erinnern, wie sehr du Mrs. Whitby gehasst hast. Ich möchte, dass du mir hilfst, an sie ranzukommen«, sagt er, auch wenn er
weiß, dass sie darauf niemals eingehen wird. Aber deswegen ist er auch nicht hergekommen, sondern weil er einen Unterschlupf braucht. Doch im Moment will er sie einfach nur auf seiner Seite haben. Und eines hat ihn das Leben gelehrt: Wenn man mehr verlangt, als man eigentlich will, kriegt man am Ende vielleicht genau das, was man will.
»Bitte was?«
»Sie wird von der Polizei bewacht. Ich komme nicht in ihre Nähe. Du schon.«
»Du willst, dass ich auf Mrs. Whitby losgehe? Dass ich sie töte? Ist es das, was du willst?«
»Ja«, sagt er, völlig im Klaren darüber, wie das klingt.
»Dafür gehe ich zehn, zwanzig Jahre in den Knast.«
»Nein, gehst du nicht. Dafür werde ich sorgen.«
»Und wie willst du das anstellen?«
»Du wirst ihnen erzählen, dass ich dich dazu gezwungen habe.«
»Und wie sollst du mich dazu gezwungen haben?«
»Ganz einfach. Du wirst ihnen erzählen, dass ich die Kinder bedroht habe.«
Sie wirft ihm einen so unerbittlichen Blick zu, dass er die Hände vom Tisch nimmt und sich aufrichtet. »Hast du … hast du gerade diese Kinder bedroht?«, fragt sie.
»Nein, natürlich nicht.«
»Ich werde dir nicht helfen, Caleb«, sagt sie.
Er nickt. »Dann möchte ich, dass du uns bei dir aufnimmst. Es dauert vielleicht ein, zwei Tage, dann werden die Ermittlungen ins Stocken geraten, und die Polizei
wird einen Teil ihrer Wachen abziehen, und dann komme ich an sie ran. Aber heute Nacht und morgen habe ich keine Chance, und ich kann nirgendwo anders hin. Bitte, Tabitha, ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Du kannst nicht hierbleiben. Außerdem kommt Wendy bald nach Hause. Was soll ich ihr dann erzählen?«
»Die Wahrheit. Erzähl ihr, dass du das tun musst, dass du mir das schuldig bist, weil ich der Polizei nicht verraten habe, dass du Victoria Brown ins Koma befördert hast.«
»Ich hätte es der Polizei selbst sagen sollen.«
»Aber das hast du nicht. Es wäre unangenehm, wenn sie davon erfahren würde.«
Tabitha sieht ihn an, versteht seine unausgesprochene Drohung, und plötzlich hat er ein schlechtes Gewissen, das gesagt zu haben. Er hebt die Hände. »Damit wollte ich nicht sagen, dass ich es ihnen erzählen werde.«
»Das gilt wohl nur, solange ich dir helfe.«
»Nein. Egal, was passiert, ich werde ihnen nichts erzählen. Du bist die einzige Person, die das Richtige getan hat.«
»Du kannst nicht hierbleiben, Caleb«, sagt sie. »Ja, und ich hätte damals
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