Haus des Todes
was?«
»Gerade eben.«
»Ist er immer noch da?«
»Nein. Er ist wieder gefahren.«
»Du hast ihn laufen lassen?«
Ich erzähle ihm, was passiert ist. Dafür brauche ich drei der dreißig Minuten, die Cole mir gegeben hat. In diesen drei Minuten komme ich an zwei brennenden Autos vorbei, und an Schaulustigen, die einer Prügelei beiwohnen, sowie an einem lilafarbenen Wagen, der im Schleichtempo ebenfalls auf der falschen Seite fährt. Er hat zwei platte Reifen, und dort, wo sich die Gummifetzen von den Felgen lösen und gegen die Neonlichter unten schlagen, sprühen Funken.
Als ich zu Ende erzählt habe, sagt Schroder keinen Ton, aber ich kann hören, wie er seine Packung Wake-Es aufschnippt, und einen Moment später kaut er auf einer Tablette herum.
»Und?«
»Also, du solltest Detective Kent anrufen, oder direkt Stevens. Natürlich kannst du sie nicht töten«, sagt er. »Wann ist er weggefahren?«
»Vor achtzehn Minuten«, sage ich, »mir ist schon klar, dass ich das nicht tun kann.«
»Wenn dir das klar wäre, hättest du mich vor achtzehn Minuten angerufen.«
»Hör zu, Carl, ich weiß auch nicht, warum ich mich nicht gemeldet habe, okay? Aber darum geht es nicht – sondern darum, was jetzt zu tun ist.«
»Du kannst sie nicht umbringen.«
»Ich weiß, das hast du bereits gesagt, und ich hab dir erklärt, dass mir das klar ist.«
»Wir müssen irgendwas inszenieren. Was anderes
können wir nicht tun. Wir müssen Cole weismachen, dass wir sie getötet haben.«
»Darauf wird er nicht reinfallen. Wenn er mich anruft, wird er einen Beweis sehen wollen. Und dann wird er von mir etwas verlangen, was wir nicht inszenieren können.«
»Scheiße, Theo! Du hättest mich sofort anrufen sollen.«
»Ich weiß. Tut mir leid.«
»Also, du kannst sie nicht töten.«
»Mein Gott, Carl, hör auf, so zu tun, als würde ich das in Betracht ziehen!«
»Okay, okay, tut mir leid, aber du kannst das nicht tun.«
»Aber wenn ich es nicht tue, wird er Katy töten. Als er ihr den Finger abgeschnitten hat – scheiße, ich dachte, das gibt’s doch gar nicht.«
»Siehst du, du ziehst es doch in Betracht.«
»Sag mir, was ich tun soll.«
»Wo bist du jetzt gerade?«
»Ungefähr zwei Minuten von ihrem Haus entfernt.«
»Okay. Ich sitze jetzt in meinem Wagen. Ich bin unterwegs.«
»Das sagt mir aber immer noch nicht, was ich tun soll.«
»Ich weiß es doch auch nicht. Scheiße, wir brauchen mehr Zeit.«
»Ich sollte jedenfalls zu ihr fahren, oder? Selbst wenn wir irgendwas inszenieren, muss ich zu ihr.«
»Okay. Hör zu, ich verständige die Beamten vor Ort und sage ihnen, dass du unterwegs bist. Ich bin in zehn Minuten da.«
»Sie werden nicht auf dich hören, schon vergessen?«
»Lass das meine Sorge sein. Verdammt, Theo, du hättest früher anrufen sollen! Ich meld mich«, sagt er und legt auf.
Mrs. Whitby wohnt in einem Viertel mit hübschen Häusern, hübschen Autos – es ist keine wirklich teure Gegend, aber alles ist ordentlich und gepflegt. In einer ähnlichen Gegend wohnen auch meine Eltern, dort, wo ich aufgewachsen bin. Hier ist niemand reich und niemand arm, hier wohnen ganz normale Familien, gefangen in den Mühlen des Alltags, einige mehr, andere weniger erfolgreich, eine durchschnittliche Gegend. Es sind keine Streifenwagen zu sehen, denn das Haus dient immer noch als Köder. Allerdings ist es sinnlos, so zu tun, als wäre keine Polizei vor Ort – Cole weiß, dass Mrs. Whitby bewacht wird.
Ich parke in der Auffahrt. Ich habe noch acht Minuten. In acht Minuten kann man eine Menge tun, oder auch nicht. Ich klopfe an die Haustür. Und ein Officer öffnet und lässt mich herein.
»Sie ist im Schlafzimmer«, sagt er.
»Ich muss mit ihr reden.«
»Detective Schroder hat gesagt, wir dürften Sie nicht mit ihr allein lassen.«
»Detective Schroder ist suspendiert«, erkläre ich.
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass er uns angewiesen hat, Sie nicht mit ihr allein zu lassen.«
»Okay.«
»Sie ist betrunken«, sagt er.
»Okay.«
»Voll bis oben hin«, sagt er.
»Hab kapiert«, sage ich.
»Ich glaub nicht«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Da lang«, sagt er und führt mich den Flur hinunter, denselben Flur, durch den James Whitby gegangen ist, bevor er von seiner Mutter misshandelt wurde und bevor er dann Tabitha Jenkins misshandelte. Wir gehen am Partner des Officers vorbei, der im Wohnzimmer mit seinem Handy telefoniert. An den Wänden hängen weder Gemälde noch
Weitere Kostenlose Bücher