Haus des Todes
Handschellen um die Handgelenke. Auf dem Dach des Wagens liegt eine teure Kamera, die infolge eines Sturzes auf einer Seite verkratzt und eingedrückt ist.
Das einstöckige Haus hat vier Schlafzimmer und einen winzigen Vorgarten. Im Innern riecht es nach Abendessen. Es sind bereits ein paar andere Detectives da, darunter Detective Kent; sie spricht mit einem der Nachbarn. Sie nickt uns freundlich zu, während wir an ihr vorbeigehen. Der ganze Garagenboden und die Seite des Autos sind voller Blut. Brad ist hintenübergefallen und am Blech heruntergerutscht. Auf dem Beton sind Handabdrücke und verschmierte Blutspuren zu sehen. Offensichtlich wollte Brad sich weiterschleppen, bevor sein Körper ihn im Stich gelassen hat. Der Mörder hat die Garagentür aufgelassen, aber keiner hat den armen Brad bemerkt, während er hier lag und darauf wartete, dass ihm seine Frau zu Hilfe kam, oder einer der Nachbarn. Tja, jetzt sind die Nachbarn hier – in Scharen. Sie stehen vor ihren Häusern und gaffen, fasziniert vom Schauspiel des Todes, gebannt von der Tragödie, die sich vor ihren Augen abspielt. Unfähig, den Blick abzuwenden. Das ganze Blut bedeutet, dass die Ärzte nicht mehr viel tun konnten.
Ich steige über das Blut und gehe durch die Tür in der Garage in den Flur. Im Haus ist es fünf Grad wärmer als draußen. Eine Klimaanlage bläst warme Luft ins Wohnzimmer. Sie läuft auf Hochtouren, um gegen die kalte Luft anzukommen, die durch die offene Tür hereinströmt. Auf einem Großbildfernseher läuft die Liveberichterstattung. Der Ton ist ausgeschaltet, und es ist eine Reporterin am Tatort zu sehen; im Hintergrund kann ich meinen Wagen erkennen. Vielleicht hat einer der Zuschauer so viel Mitleid, dass er mir ein neueres, funktionstüchtigeres Modell schenkt. Mein Wagen wird in HD ausgestrahlt, die Reporterin ebenfalls und mit ihr jede Falte und Furche in ihrem Gesicht. Durch die Kamera wirkt die Reporterin fünf Kilo schwerer und mein Wagen zwanzig Jahre älter.
Eins der Schlafzimmer wurde in ein Arbeitszimmer umgewandelt. An der Wand hängen Familienfotos mit unterschiedlichen Abstufungen des Glücks auf den Gesichtern der Personen. Außerdem ein gerahmtes Filmplakat aus den 1950ern mit einem Außerirdischen, der eine Frau in den Armen hält; im Hintergrund sind lauter Panzer zu sehen sowie Soldaten in einer Pose, wie sie für die damaligen B-Movies typisch war, als Panzer nie zur Lösung eines Problems beitrugen, sondern alles nur noch schlimmer machten. Ich schätze, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich schalte den Computer ein, und während er hochfährt, durchsuche ich die Schubladen und den Schreibtisch und lege die Gegenstände auf den Tisch. Ein Adressbuch, Ordner mit Arbeitsunterlagen, eine Liste
mit Bankkonten und Social-Network-Seiten, neben denen die Passwörter stehen. Inzwischen ist der Computer hochgefahren, und ich sehe die Ordner und Bankkonten durch und sämtliche Webseiten, die die Familie aufgerufen hat, ohne jedoch auf irgendetwas Brauchbares zu stoßen. Sollte Brad eine Affäre gehabt haben, finden sich hier keinerlei Hinweise auf Hotelrechnungen oder Blumenkäufe. Die Namen aus dem Adressbuch und die Einkaufsquittungen werden wir mit sämtlichen Indizien von den ersten beiden Tatorten abgleichen.
Ich gehe zurück in die Garage. Brads Schlüssel stecken immer noch im Zündschloss. Der Wagen ist um einiges hübscher als meiner, und ich frage mich, ob seine Frau etwas dagegen hätte, wenn ich ihn mir leihe, immerhin würde ich ihn bei der Suche nach dem Mörder ihres Mannes benutzen. Aber wenn ich sie fragen würde, läge bald wohl ein Toter mehr in der Leichenhalle. Ich öffne die Tür, und im selben Augenblick steigt mir der Duft eines Parfums in die Nase. Es ist ein intensiver Geruch, und auf dem Beifahrersitz ist er noch intensiver. Am Stoff der Kopfstütze hängen ein paar dunkelblonde Haare, die etwa doppelt so lang sind wie die seiner Frau, außerdem hat sie eine andere Haarfarbe. Ich durchsuche das Handschuhfach und den Kofferraum und schaue unter den Sitzen nach. Hier liegen jede Menge Tankstellenquittungen herum, zwei leere Getränkeflaschen, ein Paar Socken und mehrere Schokoriegelverpackungen. Ich schließe die Wagentüren und gehe ins Schlafzimmer. Dort inspiziere ich die Kosmetika
seiner Frau, schnuppere an ihren Parfums. Keines riecht wie das im Wagen.
»Suchst du nach einem neuen Duft?«, fragt Schroder mit seinem Telefon in der Hand.
»Ist es etwa verboten, als
Weitere Kostenlose Bücher