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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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wenn ich mir nicht die paar Minuten Zeit dafür nehme, kippe ich am Ende noch vornüber in den Rinnstein. Ich habe das Gefühl, dass ich pro Stunde zwei Tassen brauche, um munter zu bleiben. Ich setze mich an einen der Tische und beobachte durch das Fenster das Treiben in der Stadt, die Passanten und die vorbeifahrenden Autos, und alles wirkt ganz normal, ja, jetzt gerade, in diesem Moment, ist Christchurch so, wie es früher mal war.
    Von Süden her schieben sich langsam Wolken über das Café hinweg und bedecken die Stadt unter sich. Irgendwo hupt jemand, und es werden Gesten und Beschimpfungen ausgetauscht. Ein Jugendlicher mit Kapuzenshirt läuft am Fenster vorbei, und als er bemerkt, wie ich hinausschaue, zieht er in aller Ruhe einen dicken Klumpen Rotz hoch und spuckt ihn in meine Richtung. Die grüne, mit Blut vermengte Spucke landet auf der Scheibe und läuft langsam daran hinunter. Der Junge geht weiter, den Blick wütend vor sich auf den Gehweg gerichtet. Hinter mir im Café beschimpft ein Mann die Kellnerin als Hure und beschwert sich über den zu teuren
Kaffee, bevor er nach draußen stürmt. Christchurch wie es leibt und lebt.
    Ich trinke meinen Kaffee aus und fahre zu Ariel Chancellors Haus. Es befindet sich in einem Viertel, wo ich unter keinen Umständen leben möchte. Die Häuser hier sind einsturzgefährdet und die Gärten bis auf den letzten Grashalm von Bakterien zerfressen. Alle zehn Meter klafft ein Schlagloch in der Straße. Die Gehwege sind rissig und von Baumwurzeln durchbohrt. Ich parke vor Ariels Haus, in der Gewissheit, dass mich dank meines Wagens niemand für einen Cop halten wird, in der Gewissheit, dass es sich nicht lohnt, meinen Wagen zu stehlen. Das Haus ist in einem jämmerlichen Zustand, ein Teil des Daches ist mit einer Plane überdeckt. Ich gehe den Weg entlang zur Tür, wo die Farbe von den Wänden blättert und einen Flockenteppich auf dem Boden der Veranda gebildet hat. Ich klopfe, und es würde mich nicht wundern, wenn meine Hand gleich in der Tür versinkt, weil sie völlig verfault ist und nur noch von Termiten zusammengehalten wird.
    Eine Frau macht auf. In dem hellen Tageslicht kneift sie die Augen zusammen und beschirmt mit der Hand ihr Gesicht. Sie hat eine blasse Haut, und Fieberbläschen zieren ihre Mundwinkel. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich begreife, dass es sich bei ihr um Ariel handelt, denn diese Version hier unterscheidet sich beträchtlich von der auf dem Foto. Sie ist älter und schlanker und sieht aus, als hätte sie sich vor sechs Stunden mit dem Zeug zugedröhnt, von dem die Einstichlöcher an ihrem Arm stammen.
Sie hält sich an einem Glas fest, das zur Hälfte mit einer goldgelben Flüssigkeit und Eiswürfeln gefüllt ist. Sie hat ihr Haar, das nur noch halb so lang wie früher ist und ihr bis zum Kinn reicht, schwarz gefärbt.
    Ich halte meine Marke hoch. »Ariel Chancellor?«
    An ihren Gesichtszügen kann man sehen, dass sie früher, bevor das Leben ihr übel mitgespielt hat, mal eine unglaublich attraktive Frau war.
    Ihre Stimme klingt, als hätte man einen Zigarettenstummel in ihrem Rachen ausgedrückt. »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
    »Ich bin Detective Inspector Theodore Tate«, sage ich, und es tut gut, diese Worte auszusprechen, ohne lügen zu müssen.
    Plötzlich blickt sie mich direkt an. »Sie sehen gar nicht aus wie ein Cop«, sagt sie und schiebt sich die Haare hinters Ohr.
    »Ach nein?«
    »Nein. Cops tragen billige Anzüge. Ihrer ist nicht mal das.«
    »Kennen Sie diesen Mann?«, frage ich und halte ein Foto von Brad Hayward in die Höhe.
    »Nein«, antwortet sie, ohne überhaupt einen Blick darauf zu werfen. Langsam schließt sie die Tür, doch ich strecke meine Hand aus und halte sie davon ab.
    »Wollen Sie nicht doch noch mal darüber nachdenken?«
    »Eigentlich nicht, nein. Scheiße, verlassen Sie jetzt meine Veranda?«

    »Wir haben Ihre Fingerabdrücke in seinem Wagen gefunden.«
    »Wie’s das Schicksal so will, finden Sie meine Fingerabdrücke in ziemlich vielen Autos«, sagt sie. »Hat er behauptet, ich hätte ihn beklaut? Dann hat er gelogen. Männern, die für Sex bezahlen, kann man nicht trauen.«
    »Er war also einer Ihrer Kunden.«
    »Wenn Sie es so nennen wollen, ja.«
    »Er wurde letzte Nacht ermordet.«
    »Und? Soll ich etwa Mitleid mit ihm haben? Glauben Sie, den Typen hätte es einen Scheißdreck interessiert, wenn man mich tot in irgendeiner Gasse gefunden hätte?«
    »Er hatte eine Frau und zwei

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