Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
Vom Netzwerk:
Kinder.«
    »Ohne ihn sind sie besser dran.« Sie nimmt die Hand von der Tür wie zum Eingeständnis, dass sie mit mir reden sollte. Sie greift in ihre Tasche und holt eine Packung Zigaretten hervor.
    »Da irren Sie sich«, sage ich.
    »Ach ja? Haben Sie eine Kristallkugel? Vielleicht war er ein schlechter Vater, ein Säufer, der seine Kinder geschlagen hat.«
    »Ich bitte Sie. Er wurde vor den Augen seiner Kinder umgebracht«, erkläre ich, was der Wahrheit nahe genug kommt.
    Sie steckt sich eine Zigarette an und hält mir die Packung hin, aber ich schüttle den Kopf. »Ohne ihn sind sie besser dran«, sagt sie. »Sie wissen es nur noch nicht.«
    »Vielleicht haben Sie recht«, sage ich, obwohl ich das bezweifle.

    »Sicher hab ich recht. Ich bin gut darin, die Gefühle der Männer zu lesen, Detective, das ist mein Job.«
    »Helfen Sie der Familie, Gewissheit zu bekommen, und reden Sie mit mir.«
    Sie schaut in den Himmel und zwinkert in das grelle Licht. Für etwa fünf Sekunden starrt sie nach oben, als würde irgendwo dort die Antwort stehen. »Es wird bald regnen«, sagt sie. »Wenn es regnet, laufen die Geschäfte schlecht.« Sie schaut erneut zu mir. »Fünfzig Mäuse«, sagt sie. »Für fünfzig Mäuse rede ich mit Ihnen.«
    »Ich habe keine fünfzig Mäuse«, sage ich, und mir fällt wieder der Typ mit dem Baseballschläger gestern Morgen im Motel ein.
    Sie betrachtet meinen Wagen. »Ja, sieht ganz so aus«, sagt sie.
    »Aber wenn Sie wollen, kann ich Sie verhaften und ein paar Stunden in eine Zelle sperren, bis Sie wieder nüchtern sind. Das ist gratis.«
    »Ich glaub’s Ihnen«, sagt sie und nippt an ihrem Drink. »Schön, dann können Sie genauso gut auch reinkommen.« Sie klappert mit dem Eis in ihrem Glas und hält es in die Höhe. »Wollen Sie einen Drink?«
    »Ist noch zu früh.«
    »Das ist nicht der Grund, das weiß ich«, sagt sie und grinst mich an. »Schon vergessen, was ich Ihnen gesagt habe, über die Gefühle der Männer? Ich kann es in Ihren Augen sehen. Sie kämpfen mit einem inneren Dämon.«
    »Vielleicht ist es für Sie auch noch zu früh«, sage ich.
    Sie zuckt mit den Achseln. »Irgendwo ist immer gerade Happy Hour«, sagt sie, und ich frage mich, wann sie das letzte Mal wirklich glücklich gewesen ist.

Kapitel 21
    Caleb Cole kann sich kaum bewegen. Wenn er seine Arme hebt, tut sein Brustkorb weh, und die Gelenke in Ellbogen und Schultern brennen wie die Hölle. Er massiert sich den Nacken, bohrt seine Finger hinein, damit er sich umschauen kann. Vielleicht wäre es besser gewesen, im Wagen zu schlafen, aber er wollte Stanton nicht allein lassen, für den Fall, dass er irgendwas versucht. Er hat jetzt  – er wirft einen Blick auf seine Uhr  –, scheiße, neunzig Minuten geschlafen. Er kann nicht glauben, dass es nicht länger war. Neunzig Minuten, und das Baby schreit schon wieder. Irgendwie hat die Kleine es geschafft, sich das Klebeband vom Mund zu reißen, sodass es jetzt von ihrem Kinn baumelt.
    Es ist kalt. Die Temperaturen im Schlachthof klettern höchstens dann über zehn Grad, wenn er in Flammen steht. Er hasst diesen Ort. Er muss bis heute Abend warten, um zu beenden, was er schon gestern Nacht beenden wollte, aber er bringt es nicht fertig, den ganzen Tag hierzubleiben.
    Er stemmt die Hände in die Hüften und streckt seinen Rücken. Die ersten paar Schritte muss er humpeln, bis das Gefühl in seine Beine zurückkehrt. Eigentlich sollte jetzt alles vorbei sein.

    »Sei still«, sagt er zu Octavia, doch sie denkt nicht daran zu gehorchen  – stattdessen schreit sie noch lauter. Er macht sie von dem Sitz los, nimmt sie hoch und hält sie von sich fort. Vielleicht sollte er sie schütteln. Das müsste klappen. Aber warum zum Henker schlafen die beiden anderen Kinder immer noch? Vermutlich sind sie an den Lärm gewöhnt, so wie Leute, die in der Nähe eines Flughafens wohnen. Er bewegt Octavia ein wenig hoch und runter und zieht den Rest des Klebebandes von ihrem Mund, worauf sie sich etwas beruhigt. Doch er ist immer noch genervt.
    »Hast du Hunger?«
    Sie hört auf zu schreien und bekommt einen Schluckauf, starrt ihn mit ausdrucklosem Gesicht an und nickt. »Ja«, sagt sie, indem sie das J in die Länge zieht und dann das a wie eine Gewehrsalve herausschleudert, sodass es klingt wie Jjjjjjjjjja.
    »Ich hol dir was zu essen.«
    »Jjjjjjjja.«
    »Du redest nicht viel, was?«
    »Jjjjjjjja.«
    »Kennst du auch noch andere Wörter?«
    »Katze«, sagt sie.
    »Katze«,

Weitere Kostenlose Bücher