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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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fünf, sechs Wochen helfen, seine Frau zu finden«, sagt er. »Sie
ist vor fünfzehn Jahren gestorben, und er meinte, dass er noch nie an ihrem Grab gewesen sei. Es war merkwürdig. Sehr … merkwürdig.«
    »Vor fünfzehn Jahren?«
    »Ja.«
    »Nicht neunzehn?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Kann schon sein. Mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut wie früher, aber ich meine, er hätte fünfzehn gesagt. Dort war auch ein Kind begraben. Seine Tochter. Er hat sie zwar nicht erwähnt, aber ich habe ihr Grab gesehen.«
    »Mein Gott«, sage ich und dann: »Entschuldigung  – ist mir nur so rausgerutscht.«
    Jacob nickt. »Sie sind kurz nacheinander gestorben. Erst die Tochter, dann die Ehefrau. Daran kann ich mich noch erinnern. Wann genau das war, weiß ich allerdings nicht mehr. Vielleicht lag eine Woche dazwischen.«
    »Wissen Sie ihre Namen noch?«
    Er verzieht das Gesicht, während er krampfhaft versucht, sich zu erinnern. »Leider nicht. Tut mir wirklich leid.«
    »Aber Sie haben ihm geholfen, seine Frau zu finden. Sie haben ihre Gräber gesehen. Können Sie mich zu ihnen führen?«
    »Ja, natürlich.«
    Ich folge ihm durch den Hintereingang der Kirche auf den Friedhof. Abgesehen von den Toten ist das Gelände menschenleer. Noch mehr als gestern ähneln die Bäume den Leichen unter der Erde, leblose Skelette. Wir gehen
auf einem Weg, der sich zwischen ein paar großen Eichen hindurchwindet, bis er schließlich auf die erste Grabreihe trifft. Wir gehen weiter. Und ich komme ins Schwitzen. Die letzten Insekten des Sommers beißen mich in die Arme, um ihre winzigen Körper mit so viel Blut aufzufüllen, dass sie damit durch den Winter kommen. Die Wolkendecke über uns lockert sich auf, und vielleicht kommt die Sonne heute ja doch noch heraus.
    »Ich habe gehört, dass Ihre Tochter ebenfalls hier draußen liegt«, sagt Vater Jacob.
    Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll, also gehe ich stumm weiter.
    »Es gibt nichts Schlimmeres, als ein Kind zu verlieren«, sagt er.
    »Wenn wir uns nicht beeilen, verliert ein Vater vielleicht seine drei Töchter«, sage ich, und wir verfallen in einen zügigen Trab, Reihe um Reihe an den Toten unter uns vorbei, und als wir zwei Minuten später die Gräber erreichen, bin ich außer Atem, und die Rückseite meines Hemdes ist durchgeschwitzt. Jacob, der mindestens zwanzig Jahre älter ist als ich, schnauft nicht annähernd so heftig.
    »Da sind sie«, sagt er und bleibt vor zwei Gräbern stehen, die aussehen wie alle anderen.
    »Mein Gott«, sage ich.
    »Theo«, sagt der Priester und wirft mir einen bösen Blick zu.
    Es stehen keine Blumen darauf, und das Gras um die Grabsteine herum müsste mal gestutzt werden. Ich lese
die Inschriften. Neben den Gräbern befindet sich eine leere Stelle, vielleicht ist sie für den Ehemann und Vater reserviert.
    Für Caleb Cole.
    Plötzlich passt alles zusammen.
    Das viele Blut vor fünfzehn Jahren …
    Ich fange an zu rennen.
    »Wer sind diese Leute?«, ruft Vater Jacob.
    Ich antworte nicht, denn er ist bereits zehn Meter hinter mir, und mit jeder Sekunde wird der Abstand größer, und während ich über den Friedhof zurücklaufe, trampeln meine Füße über die Begrenzungen der Gräber hinweg. Ich zücke mein Handy, um Schroder anzurufen, doch bevor ich überhaupt wählen kann, klingelt es bereits. Es ist Schroder.
    »Ich hab was«, sagt er aufgeregt.
    »Ich auch«, sage ich. »Caleb Cole.« Und plötzlich stürmt alles in sämtlichen Einzelheiten wieder auf mich ein. Ich erinnere mich wieder, wie ich im Schnee stand, die Füße zu Eisklumpen gefroren. Schroder und Landry waren ebenfalls da, und ausgestreckt auf dem Betonboden im Innern des Gebäudes lag ein kleines Mädchen, leblos und blutverschmiert. Ich kann es jetzt so deutlich vor mir sehen, dass mir erneut das Blut in den Adern gefriert. Es gibt gute Orte zum Sterben und schlechte, und ein schlechterer Ort als der Schlachthof ist kaum vorstellbar. Ich weiß noch, dass wir Angst hatten, keinen Schuldspruch zu bekommen, weil der Verdächtige von einem Detective mit einem Telefonbuch geschlagen worden war.
    »Ich weiß«, sagt Schroder.
    »Was?«
    »Die neunzehn Stichwunden. Ich hab gerade mit der Gerichtsmedizinerin gesprochen. Sie hat einen Test durchgeführt. Ich meine, Scheiße, wir hätten daran denken müssen, oder? Aber außer ihr hat keiner daran gedacht. Wir haben versucht, eine Verbindung zur Vergangenheit herzustellen, richtig? Also hat sie nach anderen Opfern gesucht, die mit

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