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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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kleiner Hof war der letzte nach Norden.
Dahinter ging die asphaltierte Straße in einen gekiesten Feldweg über, der auf
beiden Seiten von Mais-und Getreideäckern gesäumt war. Der Mais war noch nicht
ganz mannshoch.
    Hecht fuhr zunächst langsam an dem Hof vorbei, damit sie sich einen
Eindruck verschaffen konnten.
    Das Anwesen war in L-Form gebaut. Zur Straße hin stand das einstöckige
Haus. Abgewohnt, mit dunkelgrünen Fensterläden, die müde in den Angeln hingen,
einem grau verwitterten Steindach, auf dem sich Moos in dicken Polstern
angesiedelt hatte. Die doppelflüglige Haustür aus massivem dunkelbraunen
Eichenholz erreichte man über drei ausgetretene Steinstufen.
    Die Verlängerung des Hauses bildete der ehemalige Stall mit schlichten
blutrot gestrichenen Holztüren. Im rechten Winkel schloss sich eine geduckte
Fachwerkscheune an, mit zwei ebenfalls roten Toren. Gegenüber dem Haus lag ein
verwilderter Bauerngarten mit einem windschiefen, löchrigen Holzzaun. Ein Auto
rostete in einer Ecke des Gartens vor sich hin. Im Hof selbst waren drei
ungepflegte Autos geparkt – ein gutes Zeichen. In der Mitte des
geschotterten Hofes befand sich eine Feuerstelle mit zwei verwitterten
Bierbänken und einem eisernen Dreifuß, an dem sich die Bewohner an
Sommerabenden wohl einen Grillrost montieren konnten. Hinter dem Hof mündete
ein schmaler Wiesenstreifen mit ein paar knorrigen Obstbäumen in einen
Maisacker.
    »Na, dann nehmen wir uns diesen Bachmeier mal zur Brust.« Hecht
wendete den Dienstwagen und fuhr so schwungvoll in den Hof, dass der Kies
spritzte. Die Kommissare stiegen aus und warteten einen Moment.
    Nach kurzer Zeit ging die Haustür auf, und ein verschlafen wirkender
junger Mann in T-Shirt und gestreiften Boxershorts schaute fragend heraus.
Obwohl es bereits kurz vor Mittag war, hatte der Bursche anscheinend gerade
erst den Weg aus dem Bett gefunden. Er war etwa zwanzig Jahre alt. Zu jung, um
selbst der Hausherr zu sein.
    »Hallo. Was gibt’s?«, fragte er. »Wollen Sie zu uns?«
    »Wir hätten gerne den Herrn Bachmeier gesprochen«, sagte Morgenstern.
    »Den Andi?«, fragte der Shorts-Träger. »Der füttert gerade seine
Tiere. Moment. Ich hole ihn.« Er schlurfte ins Haus zurück.
    »Schwein gehabt, er ist da. Aber ich hätte nicht gedacht, dass hier
Landwirtschaft betrieben wird.«
    »Abwarten«, meinte Hecht.
    Nach zwei langen Minuten wurde die Haustür erneut geöffnet. Dieses
Mal von einem Mann Ende zwanzig in Jeans und knöchelhohen Turnschuhen, mit
schmalem Gesicht und langen braunen, lockigen Haaren. Er musterte Hecht und
Morgenstern lange, fixierte dann ihren Wagen und sagte schließlich:
    »Sie sind von der Polizei und wollen die Raphaela sprechen, stimmt’s?
Sie hat mir schon von Ihnen erzählt. Aber sie ist nicht da. Sie ist vor einer
halben Stunde weggefahren.«
    »Nein, Herr Bachmeier«, sagte Morgenstern bestimmt. »Wir wollen uns
ganz speziell mit Ihnen unterhalten.«
    »Mit mir? Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie von mir wollen. Es
sei denn, Sie möchten olle Kamellen aufwärmen.«
    »Genau das wollen wir«, sagte Hecht. »Können wir ins Haus kommen? Da
lässt es sich bestimmt besser plaudern.«
    Bachmeier zögerte kurz. »Wenn es unbedingt sein muss, dann kommen
Sie halt rein. Wir haben nichts zu verbergen.«
    »Dann ist ja gut«, sagte Morgenstern.
    Sie folgten Bachmeier durch einen kühlen, dunklen Flur in eine
niedrige Stube mit vier kleinen Fenstern. In zweien standen gläserne Kästen,
ausgelegt mit alten Zeitungen. Leere Aquarien, schien es Morgenstern.
    Ein quadratischer Tisch mit umlaufender dunkelgrüner Eckbank bildete
das Zentrum des Raumes, der Tisch war übersät mit Büchern und Papierstapeln,
ein Laptop lief. An einer Seite des Zimmers stand ein Kachelofen, den eine
mattschwarz glänzende Platte aus Gusseisen zierte. Das Relief eines Pfeife
schmauchenden Bauern mit Pferd und Pflug war darauf zu sehen. Im ganzen Raum
roch es erbärmlich nach kaltem Rauch.
    Bachmeier wies ihnen die Eckbank zu. Er selbst nahm auf einer schmalen,
schlichten Holzbank ohne Lehne Platz und klappte beiläufig den Laptop zu. »Ich
schreibe gerade an meiner Dissertation«, sagte er zur Erklärung. »Ich liege in
den letzten Zügen.«
    »Schön für Sie«, sagte Hecht. »Worum geht es denn?«
    Morgenstern kannte die Antwort bereits, hielt sich aber zurück.
    »Hylotrupes bajulus und die Möglichkeiten seiner Bekämpfung«, sagte
Bachmeier. »Also in Wirklichkeit ist der Titel ein bisschen

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