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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Stunden sitzen, Klaus’ und Falks ewiges Qualmen ertrage n – es reichte.
    Nun stapften wir mit unserem ganzen Gepäck auf unser Haus zu. Klaus jammerte über seinen schweren Koffer. Selber schuld. Musste man seine halbe Bibliothek mit in den Urlaub nehmen? Ich kickte eine Dose über die Straße. Das Erste, was ich machte, zurück in Berlin. Leider war ich etwas aus der Übung. Eine Dose knallte an Klaus’ Beine. Wären es doch Wiebkes gewesen, sie hätte es wahrscheinlich nicht mal gemerkt! Klaus fuhr gereizt herum, gestikulierte wild, verdrehte die Augen. Schien wieder Urlaub nötig zu haben. Kaum waren wir in der Wohnung angelangt, zerstreuten wir vier uns in alle Himmelsrichtungen, Wiebke verschwand auf einem der eingezogenen Böden, wahrscheinlich dem mit ihrem geliebten Himmelhochbett, Klaus auf einem der beiden Balkons, Falk drehte sofort Geschlossen nach vorn, dann dröhnte auch schon Die faulen Hunde von Tijuana von Die Haut los.
    Ich verschwand gleich in meinem Zimmer hinter der Gardine. Der Hauser war aufs Dach gestiegen, wo der Grottenolk mit Herrn Söylesin und Frau Koderitz um den Grill herum saß. Von irgendwoher schepperte Come on Eileen über die Höfe. Im Hintergrund konnte ich Herrn Kanz in seinem Bereich des Dachgärtchens sehen. Auf dem Dach verstanden sich Herr Olk und Herr Kanz besser als sonst, das gemeinsame Kiffen schien zu verbinden. Falk ging meist nach oben, wenn sonst keiner da wa r – vermutlich, um die »menschliche Scheiße« auszublenden.
    Wie gern würde ich da oben allein mit dem Hauser sitzen und über die Hausdächer schauen, über unseren dunklen Hof, meinen Schulweg, die Apotheke, Herrn Adán, die Peepshow, Klaus, die Polizeikanze l … bis nach Feuerland. Lange starrte ich im Dunkeln auf den glühenden Joint des Hausers.

Europa-Flussgedicht – Präludium
    In der Bretagne und in Paderborn hatte ich oft an Steffen gedacht und mich gefragt, ob ich ihn vielleicht vermisste. Am nächsten Tag rief ich ihn an. »Hi, bin wieder im Lande.«
    »Wann bist du denn gekommen?«
    »Gestern.« Und dann erzählte ich Steffen im Detail von meinem langweiligen Urlaub, und er hörte sich alles mit Engelsgeduld an. Sogar Edgars Rasenmähervideo erwähnte ich.
    Steffen war mit seiner Mutter für eine Woche in Göttingen oder Göppinge n – ich hatte keine Ahnung, wo welche Stadt la g –, einen Ex-Freund der Mutter besuchen. Das war wohl auch anstrengend gewesen. Am Ende war die Situation zwischen Mutter und Ex genauso ungeklärt wie am Anfang, und Göttingen oder Göppingen war auch nicht so spannend für Steffen gewesen.
    Wir verabredeten uns gleich für den Abend.
    Ich überlegte lange, was ich anziehen sollte, als ich vorm Spiegel stand. Bei unserem Quasimodo -Abend hatte ich ein blaues Männerhemd und die weinrote Weste getragen, und nachher hatte Steffen mich umarmt. Heute zog ich ein weißes Männerhemd und die weinrote Weste an, dazu abgewetzte Jeans. Ich ging zu Fuß zum Volkspark Wilmersdorf, in der Straße südlich vom Park wohnten Steffen und seine Mutter. Als ich vor dem Haus stand, setzte ich mich noch fünf Minuten auf die Stufen, um nicht überpünktlich zu sein. Wie es wohl sein würde, Steffen gleich gegenüberzustehen? Wir hatten uns einen Monat lang nicht gesehen.
    Ich klingelte. Steffen kam mir auf der Treppe entgegengelaufen; er umarmte mich, und mein Kopf lag an seiner Brust. Ich hatte vergessen, wie groß er war. Beim Betreten der Wohnung stolperte ich über die Fußmatte und wäre beinahe hingefallen. Doch kaum waren wir in der Wohnung, fiel Steffen sein Schlüsselbund aus der Hand in eine neben der Tür stehende Mülltüte. Mit hochrotem Kopf pflückte er es aus dem Unrat heraus und wischte es mit einem Taschentuch ab. Seine Mutter war wieder zu ihrem Ex-Freund gefahren, erläuterte Steffen mir. »Nicht, dass sie gleich in der Tür steht, weil sie es sich schon auf der Fahrt anders überlegt hat«, seufzte er. Hinter ihm hechelte Trotzki.
    Wir redeten ununterbrochen, standen dabei aber die ganze Zeit im Flur herum. Schließlich ließ Steffen in unser Gespräch einfließen, er habe Forelle besorgt, ob ich mich von ihm bekochen lassen woll e … Natürlich bot ich ihm meine Hilfe an, und so schnitten wir fünf Minuten später eifrig mit tränenden Augen Zwiebeln. Steffen hatte sich sogar eine Schürze umgebunden, ein hässliches, mit Brandflecken versehenes Ding, auf dem großflächig Obst- und Gemüsebilder aufgedruckt waren. Von seiner Fünfzigerjahre-Anzughose und

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