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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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mit dampfendem Römertopf. »Wir essen jetzt!«
    Ich wusste, dass das inszeniert war, denn wir aßen nie so früh. Wahrscheinlich hatte Wiebke einfach heißes Wasser in den Römertopf geschüttet. In solchen Fällen arbeiteten meine Eltern reibungslos zusammen. Wiebke näherte sich mit schweren Schritten und strengem Blick.
    »Na, dan n … jeh ick mal. Se wissen ja, wo Se mich arreichen könn’.«
    Am frühen Abend lief ich mit Klaus in den Hof, um noch einen Fahrradkorb voll ausrangierter Bücher zu Erwin und Karl zu bringen. Wiebke und Klaus hatten es sich seit Neuestem zum Ziel gesetzt, den beiden ein Bücherregal einzurichten. Wir schlängelten uns zwischen Urbaner Collage , Skupturgarten , auseinandergenommenen Mopeds und herumliegendem Werkzeug über den Hof.
    »Wie findest du das hier?«, fragte ich Klaus und deutete auf ein Puzzlespiel, dessen Teile über Barbie Blues , dem Barbiepuppenfriedhof, einem zentralen Bestandteil der Urbanen Collage , verstreut lagen. Die Teile waren schon ganz aufgeweicht vom Regen und hinterließen gelbbraune Farbpfützen auf den Puppen. Ich schaute mir den Puzzlekasten, der umgedreht daneben lag, genauer an: Die Patagonische Hocheben e – mit Kondor . Ich hätte heulen können vor Wut. Und ich hatte den Olk vorhin noch verteidigt. Aber Klaus war nicht nachtragend. Er nahm meine Hand und flüsterte mir ins Ohr: »Ärgere dich nicht. Wenn Herr Olk so etwas zu schätzen gewusst hätte, wäre Patagonien nicht mehr das, was es für dich ist.«
    Es war die gleiche Logik, wie sie Isa bei Rolf und seiner Bemerkung über das Grips angewandt hatte, dämmerte mir. Ein gut gemeinter Trick.
    Abends sah ich den Hauser mit einer elegant-exzentrisch aussehenden Dame, die eine Tüte von Wiebkes Lieblingsbuchladen Marga Schoeller trug, über den Hof gehen. Sie war bestimmt doppelt so alt wie er. Sie liebte den Hauser nicht wirklic h – da war ich mir sicher. Atombombensicher. Sie kam nur gelegentlich zu ihm. Wenn ihr verehrter Gatte auf Dienstreisen war, wenn sie sich langweilt e … Seit Steffen für mich passé war, nahm der Hauser wieder mehr Raum in meinem Leben ein. Durch mein Minifernglas sah ich, wie sie nach dem Lichtschalter tastete, dann wurde das Zimmer stockdunkel. Die ganze Nacht über ging mir Isas Umzug nicht aus dem Kopf.
    Am frühen Morgen klingelte das Telefon. Dieser Idiot. Mit seinen hässlichen weißblonden Augenbrauen, diesen winzigen Schneidezähnen und bleichen, immer kalten Fingern. Wie er mir zuwider war. Das Telefon klingelte und klingelte. Plötzlich packte mich die Wut, und ich stürmte durch den Flu r – dem werd’ ich ein paar Takte erzählen. »Hallo!«
    Schweigen. Ich stöhnte genervt auf. »Haaaaallo!«
    Das Räuspern, was ich hörte, klang nicht nach Steffen. »Ist dein Papi da?«, fragte eine Männerstimme.
    Ich legte auf und schlurfte zurück, nicht ohne den Sprechenden Waschlappen zu streifen und den Sitzball in Bewegung zu setzen. Dann stellte ich mich ans Fenster. Mein Kopf war schwer, aber ich konnte nicht schlafen. Von Hülsenbecks her hörte ich wie zur Antwort Idea l – die ersten Takte von Ich kann nicht schlafen .
    Ich stöhnte auf, knipste meine Nachttischlampe an und ging zu meinem Globus. Und schon wanderten meine Finger nach Patagonien. Doch seit Falks Bemerkung konnte ich dieses »agonie« nicht mehr vergessen. Mit dem Vergessenwollen war es wie mit dem Einschlafenwollen: Weg. Fort. Aus. Gelöscht. Vergessen. Es ging einfach nicht.

Polonäse ruinöse – Rabattmarkenland
    Heute fing die Schule wieder an. Isa kam nicht mit, da sie zu Hause mit ihrer Mutter am Packen war. Sie tat mir leid, letzte Nacht musste sie kaum geschlafen haben. Fiona und ich liefen an »unserer« Apotheke vorbei, und Herr Adán, den ich in den letzten Wochen nicht gesehen hatte, winkte mir zu. Mir fiel ein, wie er an dem Tag, an dem der Olk Noppenkondome gekauft hatte, zu mir gesagt hatte: »Ich zeige Ihnen etwas ganz Besonderes.« Ich nahm mir vor, ihn zu besuchen, wenn weniger Betrieb in der Apotheke herrschte.
    Aus der Peepshow kamen heute ein amerikanischer Soldat und zwei russische Geschäftsleut e – ihre Sprache klang zumindest wie Russisch für mich. Eben hatten sie noch auf die gleiche nackte Frau geschaut.
    Den ersten Schultag wollte ich zur Stimmungsaufhellung im Rattenloch beenden. Auf der Fasanenstraße wich ich der Tüten-Oma au s – einer verwahrlosten, dicken Frau, die seit Jahren einen alten, quietschenden Einkaufswagen voller blauer Müllsäcke

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