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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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ihn mit Aldi -Tüten in der Hand, Falk hatte einmal gespottet, er habe das Gefühl, Pechs verbrächten ihr halbes Leben bei Aldi . Von Oktober bis April sah man Herrn Pech oft mit dem Kohleeimer aus dem Keller ins Hinterhaus schlurfen. Und immer mit seinem Hund. Waldemar war sechzehn Jahre alt, also ebenfalls Rentner. Im Winter trug er ein flaschengrünes Wollleibchen, bei Regen einen braunen wurstpellenartigen Überzug aus Plastik.
    Dann hörte ich leis e – es war mir nicht klar, wohe r – die Liedzeile Ich seh den Sternenhimmel, Sternenhimmel, Sternenhimme l – oho. Das war Hubert Kah. Dann wurde die Musik leise. Und beim Hauser ging das Licht aus.
    Als ich am nächsten Tag nach acht Stunden Schule die Wohnungstür hinter mir schloss, stand Falk schon wieder im Schlafanzug in der Tür und rieb sich die Augen. Dann drehte er mit einem Blick zu mir hin gemächlich sein Schild um. Geöffnet . Nur keine Eile. Süßlicher Qualm drang aus seiner Hochbetthöhle. Zwischen den Plattencovern hing ein Poster mit einem schwarzen Quadrat. Malewitsch. Den Namen des Künstlers hatten Klaus und Wiebke uns Kindern über die Eselsbrücke mit dem Gesellschaftsspiel Malefiz beigebracht. Das Spiel hatten wir daraufhin nur noch Malewitsch genannt. Komm, wir gehen Malewitsch spiele n … Falk hielt einen Großteil der Kunst, die unsere Eltern schätzten, für »blödsinnig« oder »absolut belanglos«, aber Malewitsch genoss seine Anerkennung. Einmal hatte er gesagt, das schwarze Quadrat stehe für »alles«. Diese Äußerung hatte ich nicht recht verstanden. Über mein dummes Gesicht hatte sich mein großer Bruder natürlich gefreut. »Das verstehst du noch nich t … aber möglicherweise ist das keine Frage des Alters.«
    »Ich zieh mir was Stullenmäßiges rein«, murmelte Falk jetzt. Dann schlappte der Riese mit Schuhgröße 46 durch unsere Wohnung. Ich schlurfte hinterher. Wiebke saß in der Küche auf einem türkisfarbenen Ball mit zwei Griffen, der gut für die Gesundheit sein sollte. Sie sah merkwürdig aus, wie sie mit kerzengeradem Rücken auf diesem Ball hockte und dabei in einem Buch las. Ich schlich mich heran, gleich würde ich sie von hinten erschrecke n … aber schon hatte Wiebke mich aus einem Augenwinkel gesehen: »Julika, kannst du die Post holen, mach dich mal nützlich.«
    Ich bereute es, in die Küche gegangen zu sein. Dann beschloss ich, erst eine Ahoj-Brause zu trinken, die zwei Minuten konnte die Post ruhig noch warten. Schon riss ich ein kleines grünes Tütchen auf und schüttete den Inhalt in ein Glas. Wiebke bekam spitze Ohren: »Was machst du denn da, ist das eine Falksche Verzögerungstaktik?«
    »Mann! Bin ich hier im KZ oder was?«
    Wiebke drehte sich langsam zu mir um. Diesen Spruch hatte Falk einmal von sich gegeben, als Wiebke und Klaus einen ganzen Sonntag lang aus unberechtigten Gründen, wie er fand, an ihm herumgenörgelt hatten. Angesichts der Reaktion, die dieser Satz damals bei ihnen ausgelöst hatte, hatte ich beschlossen, ihn als eiserne Reserve in meinem Hinterkopf zu behalten, und jetzt ärgerte ich mich über mich selbst, eine so wirkungsvolle Waffe für etwas so Unwichtiges wie eine Brause verpulvert zu haben.
    »Sag mal, Julika, weißt du eigentlich, was ein KZ ist? Mit solchen Ausdrücken ist nicht zu spaßen, wirklich, das ist zynisch!«
    Ich zuckte die Achseln, Wiebke stand von ihrem Sitzball auf, knallte ihr Buch hin (etwas von Maxi Wander) und stürmte aus der Küche. Ich schaute betrübt in meinen Becher. Die Brause hatte gerade aufgehört zu sprudeln, aber ich hatte keine Lust mehr, sie zu trinken. Unschlüssig ging ich in den Flur und langsam die vielen Stufen zu den Briefkästen hinunter.
    Kaum hatte ich die Post aus dem Kasten genommen, stand Frau Hülsenbeck hinter mir. Sie hatte große, graue Augen, die einen immerfort musterten. Es war ihr sehr wichtig, viel über die beste Freundin ihrer Tochter zu wissen. Sie schürzte die Lippen und wollte gerade eine ihrer typischen Ausfragen stellen (Isa und ich hatten uns angewöhnt, von Ausfragen statt von Fragen zu sprechen), da öffnete sich die Haustür, und der Hauser stand mit einer Aldi -Tüte, aus der Bierflaschen, Salzstangen und Chipsletten ragten, vor uns. Frau Hülsenbeck gab ein betont lautes, aufforderndes »Guten Tag!« von sich. Doch der Hauser gab den Gruß nicht zurück, er deutete nur ein schwaches Nicken an. Diese knallrote Lederjacke mit der geballten Faust und dem Schriftzug AC / DC hinten drauf, dazu

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