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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Cowboystiefe l … Gebannt schaute ich ihm hinterher. Er schob sich eine lange Lockensträhne aus dem Gesicht, der dicke silberne Ring an seinem rechten Mittelfinger blitzte auf.
    »Na, Julika, möchtest du später mal einen Rockstar heiraten?«
    Die großen Augen der Steppenfliege ruhten auf mir. Ich wurde rot.
    »So langsam gibt es interessantere Dinge als Aufkleber sammeln und den Ü-Club, oder?«
    Der schmale, violett geschminkte Mund verzog sich in Andeutung eines »liebenswürdigen« Lächelns. Ein bisschen erinnerte mich Frau Hülsenbeck an Margaret Thatcher.
    Um nicht mit ihr zusammen nach oben gehen zu müssen, lief ich trotz der Kälte zur Tür hinaus, die Post steckte ich in meinen Parka. Ein Künstlerpaar, das Klaus kannte, kam mir entgegen. Es lupfte seine quietschbunten, paillettenbesetzten Käppchen, guckte ansonsten jedoch genauso griesgrämig wie die Pechs, die jetzt über die Straße kamen. Statt zu grüßen, senkten Pechs ihre Köpfe simultan noch tiefer. Ich lief weiter. Und schon roch ich sie wieder, unsere Apotheke. Meter vor dem Eingang schlug mir ein unverwechselbarer Geruch von Körperölen und medizinischen Salben, von Duschbädern und Hustensaft entgegen. Dann sah ich den äußerst akkurat gekleideten neuen Apotheker, wie er Kunden bediente oder auf die Straße äugte. Wie dunkel seine Augen waren. Woher er wohl kam? Vielleicht würde ich ihn eines Tages danach fragen.
    Als ich schließlich mit der Post wieder in der Küche stand, saß Falk vor einem Teller mit ein paar abgenagten Wurstpellen, wippte mit den Füßen und starrte auf ein Plattencover. Ich hätte schreien können, er hätte mich nicht gehört: Kopfhörer. Ich nahm mir eine Fassbrause und Scheiblettenkäse aus dem Kühlschrank. Schon hörte ich Wiebkes Schritte. Musste Falk ausgerechnet auf ihrem geliebten Sitzball sitzen? Und dann auch noch mit Kopfhörern, was Wiebke am Küchentisch als Gesprächsablehnung auffasste. Wiebke steuerte mit rotem Kopf auf den Tisch zu und riss Falk die Kopfhörer vom Schädel. »Sei nicht so asozial mit dieser ewigen Musikhörerei, das wird ja zur Sucht!«
    Falk ignorierte sie und untersuchte seine Kopfhörer auf mögliche Schäden.
    »Runter von meinem Ball!«
    Falk rülpste. Wiebke warf ihm einen warnenden Blick zu. Falk rülpste noch einmal, lauter. Wiebke schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Falk zog den mit seiner chronischen Nasennebenhöhlenentzündung einhergehenden Rotz geräuschvoll hoch.
    »Hau ab«, sagte Wiebke.
    Falk stand gemächlich auf, lud ohne Hast einen Toast auf seinen Teller, dann verzog er sich.
    »Ich finde, er raucht ein bisschen viel in letzter Zeit«, murmelte Wiebke, während wir beide Falks sich entfernenden Schritten lauschten. Die Holzdielen knarrten, als wären sie lebendige Wesen. Falks schwere Schritte weckten alle Bodengeister auf; die vielen, die hier schon gelebt hatten. Falk war tatsächlich dauernd am Drehen.
    Hinter Wiebke flackerte vom Hof her das Licht der Pechschen Weihnachtsalarmanlage. Ewiges Licht. Dann begann schon wieder die Polonäse Blankenese. Wiebke und ich sahen uns an und verdrehten die Augen. Dann legte sie entschuldigend ihre Hand auf meinen Arm und stand auf, um sich in ihr Arbeitszimmer zu verkriechen. Sie übersetzte Kinder- und Jugendbücher aus dem Niederländischen, Dänischen und Norwegischen. Man könnte denken, dass dies eine schöne Tätigkeit war, zumal sie zu Hause arbeiten konnte. Meistens gefielen ihr jedoch die Illustrationen nicht, und sie schimpfte, dass die Mädchen alle so brav aussähen. »Blonde Zöpfe! Wann hört das bloß au f … können die nicht mal Mädchen mit kurzen und Jungen mit langen Haaren zeichnen?«
    Vielleicht hatte Wiebke ja Recht, hatten Falk und ich überlegt, aber es schien uns übertrieben, deswegen dauernd in Rage zu geraten. Es gab kein Kinderbuch, an dem Wiebke nicht irgendetwas auszusetzen hatte. Immerhin hatten Falk und ich durch Wiebkes Tätigkeit mehr Bücher gehabt als andere Kinder. Es gefiel uns gut, von ihr wie kleine Erwachsene befragt zu werden, welche Bücher uns gefielen und warum. Diese »Sitzungen« mit Wiebke hatten wir immer sehr genossen. Aufmerksam hörte sie uns zu, wenn wir zu erklären suchten, warum Theo auf dem roten Wagen lieber eine Katze statt einen Hund haben oder warum die Kleine Hexe mal mit Spinnen reden sollte. Wiebkes Blick hing an mir, als ich einmal eine halbe Stunde lang überlegte, warum ich ein Krokodil in einem Teich in der Großstadt gut fände, obwohl

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