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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Aufhören!« Das war Herr Pech.
    »Ruhe, verdammt noch mal!« Ich blickte nach oben und sah, wie sich Herr Wiedemann aus der Dachwohnung über uns weit aus einer Luke lehnte und die Fäuste schüttelte. »Sie hirnamputierter Idiot!« Diese Ausdrucksweise hätte man ihm nie zugetraut. Herr Wiedemann, früher Professor für Modedesign und nun pensioniert, war stets auf elegante Weise exzentrisch gekleidet. Heute trug er einen purpurfarbenen Anzug mit weißen Punkte n – und mit passender Fliege. Auch sein Gesicht hatte die Farbe seines Anzugs angenommen, er tobte.
    Aber der Hauser hörte ihn nich t – wegen Let’s Get It Up . Bei Pechs ging Der Ohrwurm von Gottlieb Wendehals los, Herr Kanz antwortete mit Ton Steine Scherben , der Grottenolk mit Creedence Clearwater Revival , und aus der Wohnung von Filiz und Serife dröhnte von null auf hundert türkische Volksmusik. Das war Nervenkrieg.
    Es klingelte bei uns. Kurz darauf hörte ich Frau Hülsenbecks hohe, erregte Stimme. AC / DC lief weiter auf Hochtouren, die anderen drehten nach ihrer jeweiligen akustischen Warnung die Lautstärke wieder herunter. Als ich in den Flur lief, erfuhr ich, dass Frau Hülsenbeck gerade die Polizei gerufen hatte. Während die Erwachsenen versuchten, im Kunstdschungel unseres Berliner Zimmers Platz zu nehmen, zog ich mir die Moonboots an, schnappte meinen Parka und lief aus der Wohnung über den Hof ins Hinterhaus. Dort kauerte ich mich frierend eine halbe Etage oberhalb vom Hauser auf die Treppe. Ich musste nicht lange warten, da kamen schon zwei Polizisten und klingelten beim Hauser, aber der schien nichts zu hören. Erst als einer der Polizisten Sturm klingelte, machte er auf. Offenes Hawaiishirt, Fünftagebart, mürrischer Gesichtsausdruck, eine Pulle in der Hand. Einer der Polizisten redete aufgebracht auf ihn ein. Dann sah ich, wie der betrunkene Hauser dem Polizisten eine Ohrfeige verpasste. Daraufhin packten ihn die Bullen– das sagte Falk imme r – unter den Achseln und zerrten ihn aus der Wohnung. Die Flasche fiel ihm dabei aus der Hand und rollte in schlingernden Bewegungen auf die Treppe zu. Der Hauser grölte laut »Schweine!« und trat gegen die Wände.
    Ich blieb noch eine Weile frierend im Dunkeln sitzen, dann rannte ich über den Hof zu uns ins Vorderhaus. Die ganze Nacht über konnte ich nicht schlafen. Als es dämmerte, malte ich ein Bild vom Hauser in seiner roten Lederjacke und mit rot-schwarzen Flügeln, mit denen er wild über die Hausdächer flog, Let’s Get It Up singend. Ich malte noch drei dicke Ausrufezeichen hinter das Hausersche Let’s Get It Up.
    Don’t let me down , ein Lieblingslied meiner Eltern von den Beatles, lief am nächsten Morgen im Radio, als wir vier frühstückten. Wiebke und Klaus aßen morgens Vollkornmüsli mit Kürbiskernen und Leinsamen (Wiebke) und getoastetes Weißbrot von einem italienischen Feinschmeckerladen, dick mit Erdbeergelee beschmiert (Klaus). Nur das Geknarze aus Falks Kopfhörern war zu hören. Die Kopfhörer waren riesig, Falk sah wie ein exotisches Insekt damit aus. Wiebke schaltete entnervt Falks Walkman ab, was ein »Ey, sag mal, spinnst du?« zur Folge hatte. Klaus stand hektisch auf und begann alte Zeitungen zu stapeln; er hatte immer Angst, um Parteinahme gebeten zu werden. Gute Stimmung.
    Wiebke holte einen Pullover aus ihrem Leinenbeutel, den sie zum Einkaufen verwendete, hervor. Der Pullover war schwarz und hatte noch ein Preisschild dran.
    »Der ist genau deine Größe, Klaus, und schwarz. So einen wolltest du doch haben. Den habe ich von C&A vom Grabbeltisch.«
    Bei dem Wort »Grabbeltisch« zuckte Klaus sichtlich zusammen. Man sah ihm an, wie er physisch unter diesem Wort litt. Es ging gar nicht darum, dass Grabbeltischartikel billig und vielleicht von minderwertiger Qualität sein könnten, nein, schon das Wort an sich bereitete ihm Unbehagen. Ich wusste, dass Klaus diesen Pullover nie anziehen würde. Doch dann fielen mir Erwin und Karl ei n – und mir war klar, dass sie die Lösung für Klaus’ Problem sein würden. Wie gut, dass wir sie hatten!
    Zehn Minuten später trabte ich hinter Isa und Fiona die Joachimstaler Straße entlang. Hinter dem Badeöl-Schneemann sah ich den neuen Apotheker, wie er gerade einer alten Dame eine Manschette zum Blutdruckmessen anlegte.
    Isa knuffte Fiona und mich in die Seite. Auf der Uhlandstraße, wenige Meter vor der Peepshow, notierte sich Herr Pech mit Waldemar an der Leine Falschparker.
    »Selber schmeißt er seinen

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